MaSTERTALK ReAL ESTATE - Der Blog

 „Science & Technology – Wie man ein Innovationsquartier startet?“ (29. Oktober 2024)

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Innovationsquartier Marienpark: Ein neues Modell für den High-Tech-Sektor 

 

Heidelberg, 29. Oktober 2024. Wie konzipiert man ein Innovationsquartier, das den Herausforderungen moderner High-Tech- und Life-Science-Unternehmen gerecht wird? Dieser Frage ging der Mastertalk #35 nach, moderiert von Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, und Sven Wingerter, geschäftsführender Gesellschafter des Berliner Workplace-Spezialisten EUROCRES Consulting GmbH. Im Fokus standen die Erfolgsfaktoren für einen Gewerbepark, der sich an Life-Science- und Technologieunternehmen richtet. Hierzu stellten Wolfgang Hohlfeld, Head of Business Development and Operations, und HYBRICK-Managing Director Moritz Kränkl das innovationsquartier Marienpark zusammen mit dem Life-Science-Projekt „HYBRICK“ vor. Alexander Nuyken, Head of Life Sciences Markets bei JLL, beleuchtete die Marktseite des Themas. 

 

Professor Thomas Glatte übergab sogleich an Wolfgang Hohlfeld von HYBRICK, der die Grundpfeiler für erfolgreiche Innovationsquartiere skizzierte. Am Beispiel des Berliner Marienparks, einer Quartiersentwicklung der Investa Real Estate, identifizierte Hohlfeld drei entscheidende Faktoren:


1. Location: Die Lage spielt eine zentrale Rolle. Ein Innovationsquartier sollte gut erreichbar und stadtnah sein, um Mitarbeiter und Unternehmen gleichermaßen anzuziehen. Der Marienpark im Süden Berlins, zwischen Innenstadt und Flughafen BER gelegen, erfülle diese Kriterien. Zudem müsse die Atmosphäre stimmen – alte Backsteinbauten, der historische Charme des ehemaligen Gaswerks und insgesamt 300.000 Quadratmeter Fläche bieten hier das perfekte Umfeld für stark wachsende Technologieunternehmen.


2. Netzwerke und Community: Erfolgreiche Innovationszentren brauchen Zugang zu Wissen und Kooperationen. Im Marienpark ermöglichen Vereine wie der KI-Park mit mehr als 200 namhaften Mitgliedern den Austausch mit führenden Firmen und Nachwuchstalenten. „Die sorgfältige Auswahl der ansässigen Unternehmen schafft eine kuratierte Community, die durch Interaktionen und Wissensaustausch wächst. Wir können damit eine Konzentration an Knowhow erreichen“, so Hohlfeld. Aus den Vereinen heraus – die beispielsweise Veranstaltungen im Marienpark abhalten – gebe es auch einen stetigen Zufluss an Mietinteressenten; auch, weil sie wissen, dass sie dort von eben diesen Netzwerkeffekten profitieren.


3. Infrastruktur und Lebensqualität: Ein Innovationsquartier muss Mitarbeitern attraktive Freizeit- und Versorgungsmöglichkeiten bieten. Der Marienpark setzt auf eine breite Infrastruktur mit Kindergärten, Einkaufsmöglichkeiten, Creative Spaces, einer Brauerei und einem Restaurant, die sowohl für die berufliche als auch für die private Nutzung zur Verfügung stehen.

 

Historischer Kern und modernste Laborbauten


Moritz Kränkl von HYBRICK erläuterte daraufhin die strategische Ausrichtung des Gewerbeparks: „Am Anfang haben wir uns bei Investa die Frage gestellt: ‚Mit welchem Produkt wollen wir auf den Markt?‘“ Schnell wurde klar, dass es kein reiner Bürostandort werden solle und es aussichtsreicher sei, sich breiter aufzustellen: „So sind wir bei Life Sciences und technologieorientierte Branchen wie Deep Tech und Biotech gelandet.“ 

Solche Unternehmen fänden keine spezifischen Gewerbeflächen vor. Bestandsobjekte seien nur bedingt geeignet. Der Neubau Hybrick Berlin als zentraler Baustein des Innovationsquartiers im Marienpark wurde somit für wissensintensive Industrien konzipiert, die spezielle Anforderungen an Immobilien haben. Hierzu gehörten laut Kränkl:


  • Flexibilität und Spezialisierung: Deep Tech-Unternehmen investieren aufgrund des Bedarfs an spezialisierten Lösungen bis zu 20 Prozent ihrer Betriebskosten in Immobilie und Infrastruktur. Hybrick Berlin bietet deshalb maßgeschneiderte Labor- und Büroräume mit hohen Decken, hohen Traglasten, Lastenaufzügen und besondere Raumkonfigurationen, die den hohen technischen Anforderungen dieser Unternehmen gerecht werden. Auch flexible Raumvorhaltungen gehörten dazu. „Hier muss man den Bedarf der Mieter im Voraus antizipieren, um Timelines halten zu können“, so Kränkl.


  • Nachhaltigkeit und Energieeffizienz: Neben speziellen technischen Anforderungen wie Laborgasen und explosionsgeschützter Abluft setzt Hybrick Berlin auf nachhaltige Energiequellen. Abwärme aus Rechenzentren im Quartier – Die Firma Data2Heat wurde als Joint-Venture der GASAG und Investa Real Estate gegründet – wird für die Heizung und Warmwasser genutzt, was Energiekosten und CO₂-Fußabdruck reduziert.


  • Wachstumsmöglichkeiten: Ein wesentliches Element von Hybrick Berlin ebenso wie dem Innovationsquartier Marienpark sei, dass ansässige Unternehmen rasch und flexibel auf großes und schnelles Wachstum reagieren können.

 

Marktsicht: Life Science als Treiber des Gewerbeimmobilienmarkts


Alexander Nuyken von JLL beleuchtete die Marktseite und die Bedeutung der Assetklasse „Life Science“. Laut Nuyken ist Life Science – obwohl als Branche schon mehr als 100 Jahre alt – erst jetzt für Immobilieninvestoren ein relevanter Markt geworden. Grund dafür ist die Abkehr von dem alten Model nach dem Life Science Unternehmen ihre Infrastruktur im Eigentum gehalten haben und von Planung bis Betrieb alles selbst gemacht haben. Als wichtige branchenspezifische Faktoren für diese Veränderung machte er aus:


  • Innovationsdruck und Patentablauf: Der Verlust von Patentschutz im Umfang von 300 Milliarden US-Dollar in den kommenden Jahren zwingt Life-Science-Unternehmen dazu, kontinuierlich Innovationen hervorzubringen. Da große Unternehmen zunehmend outsourcen, entstehen neue Geschäftsmodelle, die in großem Stil auf externe Innovationen setzen – die dahinterstehenden Firmen sind dann die Mieter für Objekte wie Hybrick Berlin. „Hier hat sich die gesamte Branche, die früher sehr konservativ war, deutlich verändert. Der Innovationsdruck sorgt für mehr Auslagerungen, was Unternehmen agiler macht“, erläuterte Nuyken.


  • Standortfaktoren und Kapitalzugang: Kapitalgeber und Investoren achten verstärkt auf Standortqualität und den Zugang zu Talenten, die urban angebundene Standorte wie Berlin besonders attraktiv machen. Gerade das Finden von Mitarbeitern, die immer mehr Wert auf Lebensqualität legen, sei ein Schlüsselfaktor.

 

Gute Nachbarschaft


Co-Moderator und Workplace-Spezialist Sven Wingerter richtete an Moritz Kränkl die Frage, ob sich aus den erläuterten Marktentwicklungen auch wieder Chancen für die schwächelnde Bürosparte ergeben? Dieser bejahte vehement: „Ein Labor kommt nie allein, wird nie 100-prozentig sein, sondern oft im Mix 70 Prozent Labor / 30 Prozent Büro oder sogar ‚30/70‘, abhängig von der Nutzergruppe. Labore sind wichtig, doch am Schreibtisch muss alles ausgelesen und die Studie formuliert werden“, beschrieb er plastisch. Auch der Bereich Regulatorik brauche viel Büroflächen.


Glatte, 25 Jahre lang im Immobilienbereich eines Chemie-Riesen tätig, zuletzt als Chef der Sparte, sah mit Freude die Veränderungen bei der Assetklasse: „Was hat dazu geführt, dass sich der Blick von Investoren so geändert hat?“, fragte er Nuyken. Dieser ordnete ein: „Kernfrage bei der Finanzierung und der angestrebten Verwertung ist immer die Drittverwendungsfähigkeit. Wir reden schließlich von Spezialimmobilien.“ Hier habe es durch das Ökosystem von Konzernen, auslagerten Dienstleistern und aufstrebenden Startups einen fundamentalen Shift gegeben, wie solche Immobilien nun auch von anderen Life Science-Unternehmen genutzt werden können. „Das Ideal ist: Einer geht raus, zehn andere wollen rein. So entsteht dann eine ökonomisch tragfähige Lösung, welche die Frage nach der Drittverwendungsfähigkeit beantwortet“, berichtete er.


Dies brachte Wingerter zu der Frage, wie die Nachbarschaft in das Projekt eingebunden wurde. Kränkl erklärte, dass der Marienpark von Anfang an die bestehenden Unternehmen in der Umgebung und die Wohnbevölkerung in die Planung miteinbezogen habe. Und ganz wichtig: Die Brauerei „DogTap Berlin“ im Marienpark mit angeschlossenem Restaurant diene nicht nur den ansässigen Firmen, sondern auch der Nachbarschaft und weit darüber hinaus. Sie schafft so eine Frequenz im Quartier, die das Gewerbegebiet lebendiger macht.

 

Shared Labs als Erfolgsmodell für Wachstum und Innovation


Nuyken griff die beschriebene Idee von Shared Labs auf, die sich als „Coworking für die Life-Science-Branche“ etabliert haben. Startups und junge Unternehmen können hier mit wenigen Arbeitsplätzen einsteigen und je nach Finanzierungsphase wachsen. Für Investoren und Betreiber dieser Shared Labs zahle sich dieses Konzept aus – wie auch für Firmen, die Mitarbeiter suchen, wie Nuyken fortfuhr: „Wenn es eine neue Finanzierungsrunde gibt, startet am nächsten Tag das Headhunting. Den gestiegenen Platzbedarf können die Unternehmen dann über Shared Labs flexibel abbilden.“ Es passiere aber auch, dass „Firmen, die erst drei, vier Desks haben, sich nach einem erfolgreichen Funding eine eigene Etage mieten.“

 

Das Marienpark / HYBRICK-Konzept als skalierbares Modell


In der Abschlussrunde ging es um die Skalierbarkeit der Konzepte Innovationsquartier Marienpark und High-Tech-Immobilie Hybrick Berlin. Hohlfeld unterstrich, dass Investa das Konzept ausdehnen möchte. „Wir stellen uns das wie Legobausteine vor, bei dem Standorte flexibel konfiguriert werden können, um den speziellen Bedürfnissen der Branche zu entsprechen.“ Nuyken ergänzte, dass alte Industrieparks, die noch eingezäunt und verschlossen sind, nicht mehr den Bedarf der heutigen Life-Science-Industrie adressieren. Unternehmen suchen nun nach offenen, urbanen Campus-Formaten, die die Zusammenarbeit und Innovation vorantreiben.


Fazit: Der Mastertalk #35 verdeutlichte die strategischen Überlegungen und den Wandel in der Life-Science-Branche, die heute nicht nur flexible und spezialisierte Flächen benötigt, sondern auch auf den Austausch innerhalb urbaner Quartiere setzt. Projekte wie Hybrick Berlin im Marienpark zeigen, wie wichtig die Kombination aus Lage, Community und maßgeschneiderter Infrastruktur ist, um Innovationen zu fördern. Professor Glatte freute sich über eine „Branche in der Transformation“ und beendete die Diskussion mit dem Ausblick auf Data2Heat als potenzielles Thema eines künftigen Mastertalks – ein weiteres innovatives Konzept, das für nachhaltige und energieeffiziente Lösungen im Gewerbebau steht.

 

Der nächste Mastertalk Real Estate findet wieder Anfang 2025 statt.

  

 

KI - aber wie? Wie Künstliche Intelligenz die Immobilienwirtschaft verändern wird (25. Juni 2024)

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Ein Viertel der Büroflächen fällt weg

 

Heidelberg, 25. Juni 2024. Künstliche Intelligenz ist schon lange ein großes Technologiethema und spätestens mit dem Aufkommen von Chat GPT auch einer breiten Öffentlichkeit geläufig. Sie wird unsere Arbeit wandeln, auch in der Immobilienwirtschaft. Doch in welchem Maße? Welche Hoffnungen sind mit KI verbunden – und welche Ängste? 


Um hier mehr zu erfahren, hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, für den aktuellen Mastertalk #34 „KI – aber wie? Wie Künstliche Intelligenz die Immobilienwirtschaft verändern wird“ zwei bekannte Gesichter eingeladen, die uns bereits das vierte Mal die Ehre geben“: die beiden Geschäftsführerinnen des Competence Center Process Management Real Estate (CCPMRE):


  • Prof. Dr. Marion Peyinghaus, Geschäftsführerin Competence Center Process Management Real Estate GmbH (CCPMRE) und Professorin für Immobilien Management und Projektentwicklung an der hochschule 21, Buxtehude
  • Prof. Dr.-Ing. Regina Zeitner, ebenfalls Geschäftsführerin des CCPMRE und Professorin für Facility Management an der HTW Berlin 
  • Die Moderation übernahm Dr. Christian Schlicht, langjähriger Präsident CNG, Studiengangsleiter für Nachhaltige Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und KI-Spezialist.

 

Jedes Jahr analysieren Peyinghaus und Zeitner im PMRE-Monitor ein neues Thema. „Ihre Beiträge stellen jedes Mal einen großen Gewinn dar“, so Glatte. Erkenntnisse zu den Folgen des Klimawandels auf die Immobilienwirtschaft präsentierten sie Ende 2021 im Mastertalk #17. Im Juli 2022 stand die nachhaltige Führung im digitalen Zeitalter im Mittelpunkt, im Mai 2023 die Studie „Social Real Estate: The Attraction of Social Action“. Heute nun dreht sich alles um Künstliche Intelligenz. Einen Einblick in die aktuelle Studie gab Peyinghaus. Der rote Faden: „Was werden wir mit Künstlicher Intelligenz machen und was macht Künstliche Intelligenz mit uns? Wo lässt sich Künstliche Intelligenz überhaupt in der Immobilienwirtschaft nutzen, wo kann sie einen Beitrag zur Digitalen Transformation leisten.“ Hierzu hatten die beiden Führungskräfte und Vertreter der Gen Z, Mieter und Mitarbeiter der Immobilienwirtschaft befragt.


Die Kernergebnisse – und deren Auswirkungen – fasste Peyinghaus zusammen: 71 Prozent der täglichen Tätigkeiten haben nach Ansicht der Befragten das Potenzial zur KI-Unterstützung, das sind rechnerisch 28,5 Stunden pro Woche. Mögliche Folge: Jeder fünfte Arbeitsplatz in der Immobilienwirtschaft ist durch KI gefährdet. Gesamtwirtschaftlich betrachtet würde KI so jedes vierte Bürogebäude überflüssig machen. Dabei stehen wir erst am Anfang. Nur bei 6 Prozent der Unternehmen ist KI im Regeleinsatz. Möglicher Grund für den bislang schleppenden Einsatz: KI erfordert einen enormen Investitionsbedarf. KI-Pioniere können allerdings bereits von reduzierten Personalkosten von 16 Prozent berichten.

 

Keine KI auf der Baustelle


Peyinghaus betonte, dass KI keine „eigenständige Intelligenz darstellt, sondern auf maschinellem Lernen basiert.“ Diese müsse trainiert werden, mit Daten, Regeln und Belohnungen. Daraus entstünden dann Anwendungsfelder. Die Wesentlichen davon seien: Datenanalyse & -optimierung, Texterkennung & -erstellung (etwa Mietverträge oder Übersetzungen) sowie Prozessautomatisierung. Doch welche konkreten Immobilienprozesse innerhalb der Wertschöpfungskette kann KI unterstützen? Hier erreichten Dokumentenmanagement, Datenmanagement, Reporting, Mahnwesen und Portfolioanalyse / -controlling die Top 5. Wenig Anwendungspotenzial sehen die Befragten in den handfesten Sparten, die man mit der Immobilienwirtschaft assoziiert: Objektreinigung, Rückbau/ Abriss, Baumaßnahmen und Roh-/Ausbau. Einen Kontrapunkt dazu setzte Peyinghaus, als sie das Beispiel zeigte, bei dem eine KI Abfall sortiert – eine Anwendungsmöglichkeit für die Entsorgung von Materialien.

Was uns zu den Mitarbeitern bringt: Ein Viertel der Studienteilnehmer fürchtet sich vor Risiken, lehnen die KI ab oder fühlen sich ohnmächtig, Kein Wunder, angesichts des eingangs zitierten Einsparpotenzials. Dabei sind die möglichen Folgen – auch vor dem Hintergrund der skizzierten Anwendungsfelder – für die einzelnen Berufsgruppen höchst verschieden: Buchhalter, Immobilienbewerter und Makler müssten demnach am meisten um ihre Jobs bangen – Leute auf den Baustellen, wie Projektmanager, Projektentwickler und Baufachkräfte, weniger. 

 

Wachsen, ohne zu wachsen.

Positiv gesehen könnte die Einsparpotenziale durch KI aber auch den Fachkräftemangel lösen: „Wenn nur zwei Stunden pro Woche eingespart werden, könnte dies den altersbedingten Verlust kompensieren“, so Peyinghaus, die hierzu einen Studienteilnehmer zitierte: „Wir können wachsen, ohne zu wachsen.“

Aus der Bestandsaufnahme in puncto Tätigkeiten und Berufe ergebe sich gleichzeitig ein klarer Auftrag an die Unternehmen und Führungskräfte: Sie müssen die Mitarbeiter mitnehmen und motivieren und vor allem KI-Skeptikern, die Furcht vor Arbeitsplatzverlust und einer unkontrollierbaren KI haben, eben diese die Ängste nehmen. Dagegen sorgen sich KI-Experimentierer eher um Fehlinvestitionen und der Abhängigkeit von Anbietern Künstlicher Intelligenz, während KI-Pioniere vor allem Fehlentscheidungen befürchten. An dieser Stelle erinnerte Peyinghaus daran, dass KI Schwachstellen hat und Fehler macht: „Sie ist eine Blackbox – und daraus können Fehlinvestitionen entstehen, auch durch Fehlinterpretationen.“

 

Die digitale Transformation

KI soll allerdings auch eine grundsätzliche Säule bei der digitalen Transformation bilden. Hier brachte Peyinghaus das Digital Change Management–Modell (DCM) ins Spiel – mit vorerst ernüchternden Ergebnissen: 10 Prozent der Unternehmen lehnen KI ab, 45 Prozent befinden sich noch am Start. Wie erwähnt haben erst 6 Prozent der Unternehmen KI konkret im Einsatz. Dies dürfte nicht zuletzt auch an den gewaltigen Investitionen von 5,7 Prozent des Umsatzes liegen, eine „stolze Summe.“ Jedoch: „Wie jede Technologie bekommen wir sie nicht umsonst“, betonte die Autorin. So wie ein modernes Auto eine moderne Straße brauche, müsse auch in die KI-Infrastruktur investiert werden: in Daten und Anwendungen, besonders aber in die Organisation. Hinzu komme eine notwendige „gnadenlose Standardisierung“; etwas, wofür die Immobilienwirtschaft nicht bekannt sei.


Wie steht nun aber die Gen Z zu dem Thema? Zunächst ist ihr Erfahrungsschatz in puncto KI deutlich höher als beim Rest der Befragten. Gleichzeitig haben sie wesentlich mehr Angst vor KI – und zwar um den Faktor 3,5. Hier komme es darauf an, entsprechend zu motivieren. Schließlich biete KI Jobalternativen, neue handwerkliche Fähigkeiten und finanzielle Vorteile

 

Büromarkt stürzt ab

Abschließend warf Peyinghaus ein Schlaglicht auf die Immobilienmärkte – und hier verdunkelt sich der Himmel über Büros merklich. Wenn Künstliche Intelligenz weiträumig Büromitarbeiter einspart – der PMRE-Monitor geht von 22 Prozent aus, Goldman Sachs von 18 Prozent –, werden zwangsläufig auch weniger Arbeitsflächen für sie benötigt: Bei Büros ist demnach mit 26 Prozent weniger Flächenbedarf zu rechnen, beim Handel sieht es nahezu ähnlich aus. Betreiber von Hotels und Gesundheitsimmobilien haben weniger zu befürchten. Über alle Assetklassen hinweg veranschlagt sie das Minus bei 17 Prozent. 


Die Dimensionen sind dabei gewaltig: Angesichts eines Büroflächenbestands von 382 Millionen Quadratmetern in Deutschland würden knapp 100 Millionen Quadratmeter wegfallen. Allein in den Top7-Städten wären dies 25 Millionen Quadratmeter – mehr als Berlin allein zu bieten hat. An dieser Stelle erinnerte Glatte an einen Mastertalk-Protagonisten. Sven Wingerter vom Workplace-Spezialisten Eurocres hatte eine ähnliche Größenordnung zu Beginn der Corona-Pandemie vorausgesagt: Die flächendeckende mobile Arbeit würde die rechnerische Bürofläche von ganz Bayern vernichten. Hier sah Peyinghaus nur einen Hoffnungsschimmer für Spezialimmobilien: „Die digitale Transformation wird für einen drastisch höheren Bedarf an Rechenzentren sorgen“, beendete sie ihre Ausführungen.

 

Warum scheitern so viele KI-Projekte?


Moderator Christian Schlicht leitete sogleich die Diskussionsrunde ein: „Acht von zehn KI-Projekten scheitern, 7 von 10 erreichen nicht das Ziel bei digitaler Transformation. Woran liegt das?“ Peyinghaus unterstrich, dass „KI nicht nach dem Plug-and-Play-Prinzip funktioniere. KI steht am Anfang und Scheitern gehört dazu. Wir müssen erst einmal Erfahrungen gewinnen, um Projekte erfolgreich zu Ende zu bringen.“ Wichtig seien eine hohe Datenqualität und standardisierte Prozesse – und die entsprechenden Budgets müssen bereitstehen.


Thomas Glatte, Studiendekan seines Fachbereichs, sprach direkt seine Professorenkollegen an: „Wir haben es beruflich mit jungen Leuten zu tun. Die Haltung der Gen Z zu KI erschüttert mich. Ich hätte gedacht, dass sie viel mehr Chancen sehen. Schließlich seien sie digitalaffin.“ Zudem werde Chat GPT kräftig beim Schummeln genutzt, wie er als Vorsitzender der Prüfungskommission immer wieder festgestellt habe. „Meine Welt steht auf dem Kopf!“ Hier machte Peyinghaus deutlich, wie stark sich die Einstellungen der Gen Z zu Kultur, Karriere- und persönlicher Entwicklung gegenüber älteren Generationen unterschieden. Sie legten auch mehr Wert auf eine gesunde Work-Life-Balance und haben mehr Angst vor dem Verwischen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. 


Schlicht zeigte sich als „KI-Verfechter“ begeistert von all den Möglichkeiten und Potenzialen. Große Hoffnung setzte er darauf, dass künftig bei Eigentümerwechseln besser dokumentiert sei, was in einem Gebäude drin sei – wie „heute schon bei jedem Joghurt.“


Angesichts von König Fußball – die letzten Gruppenspiele der EM-Vorrunde begannen nur wenige Minuten später – läutete Glatte eine frühe Schlussrunde ein: „Wo nutzt Ihr aktuell KI und wo in der Zukunft?“ Hierzu Schlicht: „Ich nutze sie, um meinen Studenten Fragen zu stellen. Das ist viel effizienter. Dabei kommen jeden Tag neue Features und Plugins auf den Markt. Hier muss ich mir erst einmal einen Überblick verschaffen, um überhaupt darauf zurückgreifen zu können. Peyinghaus nutzt KI viel im Alltag und sah „KI als Sparingspartner. Sie wird uns unterstützen, auch Quereinsteiger zu akquirieren.“ Gleichzeitig werde Fachkompetenz umso wichtiger, da den KI-Anwendungen Fehler unterlaufen oder sie nicht richtig priorisieren. Ihr Wunsch: KI soll mehr bei der Mobilitätswende helfen.“

Mit diesen Worten war überpünktlich Schluss. Glatte wünschte allen einen „schönen Fußballabend und eine tolle Sommerpause.“

 

Der nächste Mastertalk Real Estate findet wieder im Oktober statt.

  

 

Immobilienwirtschaft im Wandel – Transformationsprozesse auf dem Prüfstand (23. April 2024)

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Die Jubiläumsausgabe: „Warum machen die das?“

 

Heidelberg, 23. April 2024. „Heute haben wir uns entschieden, in unserem Mastertalk selbst etwas zu erzählen“, sagte Prof. Dr. Thomas Glatte zum Auftakt der Gesprächsrunde – und dafür gabe es auch einen gewichtigen Anlass. Vor genau vier Jahren haben er und seine Mitstreiter – Sven Wingerter, Martina Williams, Pia Glatte-Bast, Anke Gerlach und Peter Prischl – den Mastertalk initiiert. Es war das Frühjahr 2020, der Beginn der Corona-Pandemie mit seinen Einschränkungen des öffentlichen Lebens, wovon schließlich auch persönliche Treffen und Branchenveranstaltungen betroffen waren. Also rief das Team kurzerhand das Online-Format „Mastertalk“ ins Leben – eine Erfolgsgeschichte in der heute nun 33. Ausgabe. 


Zum Jubiläum möchten die Protagonisten selbst „auf die Bühne“. Allerdings nicht zum reinen Feiern. Vielmehr diskutieren drei der "Mastertalk-Macher" am praktischen Beispiel Transformationsprozesse der Immobilienwirtschaft sowie deren Erfolge und Misserfolge. 


  • Martina Williams, Head of JLL Work Dynamics DACH & CEE and EMEA Consulting Lead und ausgewiesene Outsourcing-Expertin. 
  • Prof. Dr. Thomas Glatte, Vorstandsvorsitzender der Immobiliengruppe Rhein-Neckar
  • Moderiert von Pia Glatte Bast, Kommunikationstrainerin pgb training.

 

Zu Beginn der Diskussion erläuterte Moderatorin Pia Glatte-Bast zunächst den Begriff der „Transformation“, bezogen auf die Branche: Er bedeute einen „Prozess der Veränderung oder Umwandlung von Immobilien, Immobilienprojekten und Organisationen, um sie an neue Anforderungen, Marktbedingungen oder Nutzungsarten anzupassen.“ Um dies zu verdeutlichen, skizzierte sie wesentliche Megatrends, die den Wandel der Branche prägen: 

  • Digitalisierung: Damit sind nicht nur neue Arbeitsabläufe gemeint, sondern auch Technologien, die direkt Immobilien betreffen, wie Smarthome, Gebäude aus dem 3-Drucker oder virtuelle Besichtigungen.
  • Veränderung der Arbeitswelt – und zwar nicht nur, wie wir, sondern auch wo wir arbeiten:  im klassischen Büro, von zuhause aus, dem Coworkingspace oder von unterwegs. 
  • Soziodemografischer Wandel: Unsere alternde Gesellschaft hat einen anderen Bedarf an Wohnen und Leben, genauso wie auch Millennials. Zudem verschwimme die Grenze zwischen Arbeiten und Privatleben stetig – ein Trend, den die Immobilienwirtschaft ebenfalls aufgreifen müsse.
  • Urbanisierung: Immer mehr Menschen leben in Städten oder zieht es dorthin. Dies bedeutet kürzere Strecken auf dem Weg zur Arbeit, aber auch eine stärkere Verdichtung.
  • Wirtschaftliche Entwicklung, die von unzähligen Faktoren bestimmt wird, seien es die Höhe der Zinsen oder der EU-Binnenmarkt.
  • Globalisierung, das heißt weltweite Kapitalströme oder die Abhängigkeit von Lieferketten bei gleichzeitiger Reduzierung von Lagerbeständen.
  • Harter Wettbewerb, der direkt mit der Globalisierung zusammenhängt beziehungsweise von dieser verursacht wird.
  • Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein: Immer lauter werden die Stimmen, die nach Green Building oder der Wiederverwertung von Baumaterialien rufen, nach Umwandlungen und Umnutzungen von Gebäuden.

 

Mitreden und mitgestalten


Gleichzeitig zeigen diese Aspekte, warum die Transformation notwendig ist, so Glatte-Bast. Schließlich ändern sich dadurch die Marktbedingungen, während die Unternehmen versuchen, wettbewerbs- und zukunftsfähig zu bleiben.

Zudem sei es wichtig, dass im Mittelpunkt einer Transformation die Menschen stehen müssen. „Was braucht es also von den Unternehmen, damit es gelingt?“, fragte sie – und gab die Antwort selbst: „Unternehmen brauchen eine klare Vision und Strategie.“ Und da die Visionen weit in der Zukunft liegen, müssen sie auch klar und transparent kommuniziert werden. So lande man schnell beim Thema „Wahrnehmung“: Denn das Management oder Führungskräfte nehmen Veränderungen anders wahr, als die betroffenen Mitarbeiter – und diese wiederum seien auch keine homogene Masse. Mögliche Reaktionen könnten – je nachdem – Ängste und Widerstände sein, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen müssen.


Ein weiteres zentrales Thema für eine Transformation sei die Kultur. Das Management müsse hier Vorbild sein und ebenfalls die Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigen: Sicherheit müsse vermittelt werden. Die Angestellten in Transformationsprozessen wollen mitreden und mitgestalten. Sie seien dann motivierter. Auch sollte man allen Führungskräften und Mitarbeitern Trainings zukommen zu lassen, um sie für die kommenden Aufgaben zu befähigen. Dies führe im Idealfall dazu, dass alle die Sinnhaftigkeit der Veränderungen verstehen. Nicht zuletzt sei der Faktor „Zeit“ mitentscheidend – ein Aspekt, auf den die Redner noch eingehen werden. „Denn eine tiefgreifende Umorganisation, ein Wandel im Mindset, geht nicht von heute auf morgen.“ Einerseits brauche all dies eine gewisse Zeit. Gleichzeitig müsse eine Transformation wegen des Wettbewerbs schnell ablaufen, schloss Glatte-Bast ihre Einführung und leitete zu Martina Williams von JLL über.

 

Ein DAX-30-Konzern lagert aus


Williams, seit gut 25 Jahren im Corporate Real Estate Management tätig, berichtet von einem Outsourcing-Beispiel eines früheren DAX-30-, jetzt DAX-40-Konzerns. Dort wurde mit Hilfe von JLL das Immobilienmanagement ausgelagert, darunter Mietvertragsverwaltung, Portfolio- und Transaktionsmanagement sowie die Verwaltung aller 1.000 Liegenschaften, zu denen ein Filialnetzwerk, große Bürostandorte und Sonderstandorte zählten.


Zunächst ging sie auf die grundsätzliche Motivation hinter solchen Auslagerungen ein: „Oft ist der Triggerpunkt, dass die Unternehmen Transformationszwänge haben. Sie sagen sich, ‚wir kommen mit Bordmitteln nicht mehr weiter und wir wollen einen Quantensprung machen‘. Häufig möchten sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Immobilien sind es nicht.“ Dabei sei das Timing bedeutsam. Einerseits müsse man gut vorbereitet sein und rechtzeitig die Reorganisation kommunizieren – in Deutschland und anderswo auch wegen der Mitbestimmung wichtig. Ebenso müsse man zentral die Frage beantworten: „Warum tun wir das?“ Hier müsse man auch auf etwaige Ängste eingehen, etwa in Einzelgesprächen oder mit dem Betriebsrat. „Die eigentliche Transition sollte man aber beschleunigt durchlaufen, um rasch wieder in ruhiges Fahrwasser zu gelangen.“

 

Gefahr der kognitiven Dissonanz


Hierzu ergänzte Glatt-Bast: „Psychologisch gesehen, bringen uns Veränderungen in kognitive Dissonanz. Daher müssen wir Gas geben, damit wir da schnell durch sind.“ Daraufhin leitete sie zu Prof. Thomas Glatte über, der das Beispiel einer grundlegenden Umorganisation im Jahr 2020 beschrieb. Die Kernbotschaft der Konzernführung an die weltweite Immobiliensparte war dabei: „Ihr wechselt in Shared Service-Organisationen.“ Erste Reaktion der Betroffenen: „Das war für eine strategisch geprägte und zentrale Organisation erstmal eine Überraschung, ja ein Schock.“ Schließlich wurde man abgewickelt, dezentralisiert und in die einzelnen Geschäftsbereiche überführt. Daneben wurden Zentralbereiche in die drei internationalen Hubs Kuala Lumpur, Berlin und Montevideo gepackt. Klar war: in der Zentrale werden viele Leute ihre Aufgabe verlieren. 


Ab dem 2. Quartal 2021 sollte die Umsetzung starten. Ein heikler Aspekt: Diejenigen, die ihre Jobs verloren, mussten ihre Nachfolger einarbeiten. Eine menschliche wie psychische Herausforderung. Dieser Transfer habe ein Jahr gedauert: Neue Leute – jünger und damit kostengünstiger – wurden eingestellt und aufgebaut. Umgekehrt gingen andere von Bord. Das Wesentliche war am Ende des zweiten Quartals 2022 umgesetzt, worauf es eine gewisse Stabilisierungsphase bis Ende 2022 gab. Alles in allem dauerte der Prozess zwei Jahre mit einem Ein-Jahreskern des „harten Umsetzens“ und einem halben Jahr des Stabilisierens. 

 

Bloß nicht destruktiv werden


Was seien die vorrangigen Ziele der Umorganisation gewesen, fragte Moderatorin Glatte-Bast. Hierzu Prof. Glatte: „Es war der klare Auftrag, dass ein neues Wertgefüge entsteht. Man wünschte sich eine Mindsetänderung, einen personellen Wechsel und schlichtweg kostengünstigeres Personal an den Vorort-Standorten.“ Wenig überraschend betonte er, dass in diesem Zuge der Motivationslevel bei den „Abgängern“ bei nahe null lag. Hier war es eine drängende Führungsaufgabe, zu verhindern, dass daraus die nächste Steigerungsform erwuchs: nämlich destruktives Verhalten.


Die folgende Frage ging an Williams, und zwar zu den größten Herausforderungen einer Transformation. Für sie dreht sich alles um das zentrale Thema: „Warum machen die das?“ Eine Antwort darauf hänge zu allererst auch vom Geschäftsmodell ab. Für viele Unternehmen bestehe die Chance einer Auslagerung darin, sich so Expertise ins Unternehmen zu holen. Es komme zu einer Professionalisierung und/ oder besserem Zugang zu moderner Technologie durch die jeweiligen Partner. Zudem schaffe man sich Flexibilität, gerade bei größeren z.B. globalen Outsourcing-Transaktionen, und natürlich sei auch Kostensenkung ein großes Thema. 


Risiken entstehen wiederum dann, „wenn ein Unternehmen intern nicht den Businesscase gerechnet hat oder sich die Verantwortlichen nicht das Mandat aus dem Vorstand haben geben lassen, die Transformation umzusetzen. Man brauche also einen Auftrag und vor allem eine Vision, idealerweise mit einer konkreten Strategie und klaren Zielen. Überdies sei ein strikter Zeitplan wichtig mit den bereits angesprochenen zwei Geschwindigkeiten: solide Vorbereitung und Einbindung aller – und rasche Umsetzung.


Daneben sei – gerade bei einem Mitarbeiterübergang/-transfer - das Onboarding der Mitarbeiter beim Dienstleister entscheidend. Hierfür würde bei JLL ein spezielles HR-Team bereitstehen, das auch Karrierewege aufzeige. Schließlich seien die neuen Kollegen nun Teil des Unternehmens und man wolle sie unbedingt halten. Zur vertraglichen Gestaltung sagte Williams, dass man den besten Erfolg mit einem „Vested Vertrag“ erziele, da man eine partnerschaftliche Basis schafft. Hierin werden gemeinsame Werte zwischen Unternehmen und Dienstleister festgeschrieben, insgesamt ein „Win-Win-Output-orientiertes Modell.“

 

Umorganisation: Viele Mitarbeiter gehen rasch von Bord.


Die Mitarbeiterbindung war bei der von Prof. Glatte geschilderten Reorganisation eine besondere Herausforderung. Denn ein gewisser Teil der Kollegen sollte gerade gehen – aber nicht zu früh. „Die Leute lange genug zusammenhalten, um den Transfer zu gewährleisten, ist eine wichtige Führungsaufgabe.“ Schließlich müsse man den Wissenstransfer sicher. Kein leichtes Unterfangen, denn: „Diejenigen, die das Unternehmen verlassen, müssen Wissen ausschütten, obwohl sie gehen.“ 

Dies bestätigte Glatte-Bast: „Bei Veränderungsprozessen und Outsourcing geht Erfahrungswissen durch die Tür hinaus, da es sich nicht dokumentieren lässt.“ Dies sei ein großes Risiko für die Unternehmen. Dazu meinte Prof. Glatte: Hier gebe es zwei Dimensionen. Der operativer Teil in Konzernen sei unkritisch, da alles festgeschrieben ist. Dies sei auch bei seinem Großprojekt gut gelaufen. Wenn aber die komplette Bestandsorganisation abgewickelt wird und nur wenige bleiben, ist das in puncto Erfahrungswissen „eine Katastrophe“. „Dieser Wissensabfluss lässt sich durch ein Outsourcing-Ansatz mit Mitarbeiter-Transfer vermeiden“, so Williams.

  

Cash is King. Der Weg zum Turnaround - Trendprognosen der führenden Immobilienanalysten für 2024 (27. Februar 2024)

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„Nur an oder aus“ 

Heidelberg, 27. Februar 2024. 2023 war für den Immobilienmarkt eine einzige Talwanderung und ein Jahr des Abwartens. Die Transaktionen lagen auf einem Rekordtief. Käufer und Verkäufer fanden oft nicht zusammen. Wie geht es nun in diesem Jahr weiter? Wann kommt die Kehrtwende? Diese und andere Fragen stellte sich der Mastertalk Real Estate #32. Unter dem Titel „Cash is King. Der Weg zum Turnaround – Trendprognosen der führenden Immobilienanalysten für 2024“ hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, besagte Immobilienanalysten versammelt: 

  • Sven Carstensen, Vorstand Bulwiengesa AG
  • Matthias Herzog, Director Structured Finance Ratings S&P Global Ratings
  • Andreas Kühne, Sprecher Geschäftsführung Bauakademie Unternehmensgruppe.
  • Die Co-Moderation übernahm dieses Mal Sven Wingerter, Geschäftsführer beim Workplace-Spezialisten Eurocres.

 

Transaktionen: stabil auf niedrigerem Niveau


Matthias Herzog, Director Structured Finance Ratings bei S&P Global Ratings, verschaffte den Teilnehmern einen Überblick zu gewerblichen Immobilien. In Europa sei der Markt massiv zurückgegangen, 2023 betrug das CMBS-Transaktionsvolumen weniger als eine Milliarde Euro – ein Sechs-Jahres-Tief. Diese Commercial Mortgage Backed Securities sind Wertpapiere, die durch gewerbliche Hypothekendarlehen besichert sind. Nun gebe es wieder mehr Nachfrage, und so habe die Zahl der Verkäufe/ Einkäufe zugenommen – indes in wesentlich geringerem Umfang als bis 2021. Denn nach wie vor gebe es eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren: bei Zinshöhe, Cashflows, Leerständen, Mieten und Nebenkosten.


Insgesamt sei der Markt zwar gesund. Es liegen Welten zwischen der Finanzkrise 2008 und heute. Deutlich weniger ausgefallene Darlehen müssten an den Special Servicer, also Abwickler, übergeben werden: „Die CMBS performen gut“, sagte Herzog. Trotzdem sei der Himmel voller dunkler Wolken: Denn es liefen massiv Darlehen aus. Eine Refinanzierung erfolge nur über weit höhere Zinsen, während die Werte der Objekte drastisch gesunken seien und obendrein auf eine geringere Nachfrage treffen: „Das macht es schwerer, CMBS-Darlehen zu refinanzieren, besonders bei Büros. Wir werden daher mehr Ausfälle beobachten“, so Herzog.

 

Refinanzierung trifft auf Probleme 


Diese Gemengelage führe auch zu mehr Abstufungen bei den CMBS-Ratings. Allerdings müsse man jedes Darlehen einzeln betrachten. Pauschalurteile seien nicht möglich. Top-Immobilien erleben sogar eine steigende Nachfrage und erzielen Spitzenmieten. „Man muss also immer schauen, wie es der Eigentümer schafft, den Cashflow und Wert stabil zu halten.“


Dabei haben die Preise für Büros in Europa deutlich nachgegeben, mehr als in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 bis 2009. Zudem sei der Rückgang aggressiver und schneller. Begonnen habe diese Entwicklung mit Corona und der Heimarbeit. „Die größeren Auswirkungen sind aber erst entstanden, als die Zinsen gestiegen sind und deutlich wurde, dass die Büroflächennachfrage nachhaltig zurückgeht.“ Allerdings sei die Situation in den USA wesentlich schwieriger, teilweise gebe es 80 bis 90 Prozent Wertverlust, selbst in Bestlagen Manhattans. In Deutschland rede man von ganz anderen Zahlen, fast immer einstellig.


Dennoch werden auch hierzulande die Leerstandsquoten zunehmen: Bislang heiße es: „Vermietet, aber ungenutzt“. Doch demnächst, wenn verstärkt Mietverträge auslaufen oder Mieter Konsequenzen aus der starken mobilen Arbeit oder der Wirtschaftskrise ziehen, wird es auch „unvermietet“ sein. „Das wird den Markt beeindrucken und der Leerstand wird ein Plateau erreichen und dort eine Weile verharren“, unterstreicht Herzog. 

 

Transaktionsvolumen: Büros nur noch auf Platz 3


Dennoch nehme das Transaktionsvolumen stetig zu, indes auf drastisch geringerem Niveau. Viele haben – aufgrund des geschilderten Umfelds – mit dem Verkauf/ Kauf gezögert. Das ändere sich derzeit, gerade in Großbritannien, wo je nach Lage sogar wieder Rekordmieten erzielt werden und es insgesamt mehr Vermietung gebe. Das berühmte „Licht am Ende des Tunnels“ – es wird langsam sichtbar.


„Die Zeiten sind herausfordernd“, leitete Sven Carstensen, Vorstand bei der Bulwiengesa AG und einer der Autoren des ZIA-Frühjahrsgutachtens, seinen Part ein und blickte zunächst ebenfalls auf die Transaktionen. Diese lagen in Deutschland 2023 bei gerade einmal 23 Milliarden Euro – dem Wert von 2011. „Dabei erlebten wir im letzten Jahr ein Novum: Büros wurden von Logistik und Einzelhandel auf Platz 3 verdrängt.“ Auch Carstensen sieht hier eine extreme Unsicherheit, zumindest bezogen auf 2023: „Käufer und Verkäufer konnten sich nicht verständigen und auf einen Preis einigen. Das lag auch daran, dass der Druck bei Verkäufern nicht so groß war. Sie haben abgewartet.“ Dies werde sich in diesem Jahr ändern. Es werde mehr Insolvenzen geben, die Suche nach Liquidität nehme zu. „Wir werden Firesales erleben, Bestandsimmobilien werden losgeschlagen; auch, weil Anleihen und Darlehen auslaufen.“


All dies hat Auswirkungen auf Werte und Preise. Bei Büros gehen diese 2024 weiter nach unten; vor allem dann, wenn aus der Not heraus verkauft werden müsse und der Käufer am längeren Hebel sitze. Allein schon diese Umstände und die damit verbundene Klarheit werde Transaktionen pushen, sagt Carstensen.

Daneben sieht er, dass am Bürovermietungsmarkt das Pendel wieder leicht umschlage: So hole die Deutsche Bank ihr Personal aus der Heimarbeit zurück – und habe gar nicht ausreichend Bürofläche für jeden. Zudem erlebe man seit knapp zwei Jahren Baustopps und die Einstellung geplanter Projekte, was dazu führe, dass es in zwei bis vier Jahren kaum noch Neubauten gebe: „Dann haben wir einen großen Nachfragedruck nach Neubauten“, so die Einschätzung Carstensens. Bei guten und sehr guten Objekten sei jedoch nach wie vor die Nachfrage da und die Mieten steigen – wenn diese den modernen Anforderungen der Nutzer und der Nachhaltigkeit gerecht werden. Allerdings werden pro Mitarbeiter im Durchschnitt nur noch 15 Quadratmeter angemietet, statt 20 bis 22 Quadratmeter vor einigen Jahren.

 

Spiegelbild der Konjunktur


Dabei sollte bei dem geringen Büroflächenumsatz eines nicht vergessen werden: Anmietung seien zumindest mittelfristig gesehen stets ein Spiegelbild der Konjunktur und Geschäftslage. „Auch ohne Heimarbeit hätten wir eine geringe Nachfrage. 2024 wird daher nicht allzu rosig werden“, betont Carstensen. 

„Trotzdem steigen neben den Anforderungen auch die Spitzenmieten, was unter anderem an den Druck auf die Betriebskosten erhöht“, sagt er. Ein perfekter Übergang zu Andreas Kühne von der Bauakademie und seinem Thema „Betriebskosten“. Dieser machte die Entwicklung an einer Zahl deutlich: „In den letzten zehn Jahren haben sich die Betriebskosten verdoppelt. Sie sind stets gestiegen, seit mit dem Ukrainekrieg aber erst recht.“ Im aktuellen Neo Office Impact Report 2023 – mit Zahlen von 2022 – schlagen sie mit zehn Prozent Kostensteigerung zu Buche.

 

Betriebskosten: Gebäude nur für Volllast konzipiert


Demnach ist die Auslastung leicht gestiegen, liegt aber immer noch deutlich unter 2019. Erstmals gebe es einen Flächenrückgang pro Kopf und Arbeitsplatz. Dabei gebe es auch ein Paradigma: Es kommen zwar weniger Leute in die Büros. Doch die Kosten steigen trotzdem. Dies liege vor allem an der Struktur der Bürogebäude. Der Durchschnitt der deutschen Gebäude ist in die Jahre gekommen, die 

Bestandsobjekte sind alt. „Sie sind für Volllast konzipiert, die Gebäudetechnik ist überhaupt nicht darauf eingestellt, einzelne Flächen runterzufahren. Die können nur an oder aus“, sagt Kühne. Daher seien die Betriebskosten ungefähr zu 60 Prozent als Fixkosten anzusehen. Das bedeute wiederum, dass 40 Prozent optimierbar seien. Hier sei das Zusammenspiel von Vermietern, Dienstleistern und Nutzern entscheidend.


2022 lagen die Betriebs- und Instandhaltungskosten im Durchschnitt bei 6,97 Euro pro Quadratmeter, die Bandbreite reichte indes von 4 bis 11 Euro. Wenig überraschend, waren vor allem Strom und Energie mit 12 und 13 Prozent für das Anwachsen verantwortlich. Allerdings rangierte dieser Wert unter der allgemeinen Preissteigerung für Energieträger, was an vereinbarten Festpreisen und Energiesparmaßnahmen der Betreiber liege. Der größte Preistreiber – und in der öffentlichen Wahrnehmung oft nicht beachtet – seien die Tariflohnerhöhung gewesen, auch ausgelöst durch die staatlich verordnete Mindestlohnanhebung. Daher verwundere es nicht, dass 50 Prozent der Betriebskosten Personalkosten sind, verursacht durch Bewachung, Reinigung oder Concierge. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen.

 

Das Management macht den Unterschied


Dies seien aber alles Betrachtungen bezogen auf den Gesamtmarkt. Konkret sei der Einfluss der Faktoren auf ein einzelnes Gebäude immer noch höchst unterschiedlich: Preisentwicklungen gelten zwar für alle, es komme aber stets auf das Nutzerverhalten an, durch das man an einigen Stellschrauben drehen könne. Die Frage ist dann: Wie reagiert das Management auf diese Entwicklungen? Bei 21 Prozent der Objekte gebe es daher konstante Kosten, 48 Prozent liegen deutlich über Inflationsrate; 31 Prozent erleben sogar einen Rückgang. Seine Schlussworte: „Das hat etwas mit dem Management zu tun.“


Moderator Sven Wingerter vom Workplace-Spezialisten Eurocres bedankte sich bei den Rednern und bekannte: „Mich treiben eine Menge Fragen um! Woher kommt das Nein zur Refinanzierung? Und wann ändert es sich?“ Herzog von S&P sagte: „Die Banken denken sich: Wie stark sind wir bei gewerblichen Immobilien engagiert, und wie bei Büros? Daran schließt sich die Fragestellung an, wie viel Marge man brauche, damit das Risiko gedeckt ist. Daraus ergeben sich Zinskosten, die wiederum die Eigentümer oft nicht schultern wollen.“

 

Was wird aus Bestandshaltern?


Wingerter fragte weiter: „Im vergangenen Jahr sind etliche Projektentwickler in die Insolvenz gegangen. Wird wegen des Abschwungs und der Immobilienabwertung dieses Schicksal auch die Bestandshalter ereilen?“ Hier gab Herzog Entwarnung: „Die Projektentwickler hatten eine ganze Reihe von Problemen, die den Bestandshaltern erspart bleiben: Projektkosten und Baukosten. Da haben es Bestandshalter deutlich einfacher.“ 


Professor Glatte erkundigte sich, ob all die geschilderten Faktoren und Firesales bei den Banken bereits kalkuliert sind? Dazu erneut Herzog: „Insgesamt gibt es weniger Firesales im Vergleich zu vorherigen Krisen. Dies liegt auch daran, dass die Banken vermehrt Darlehen verlängern und die Refinanzierung verschieben – in der Hoffnung, dass sich die Finanzierung später besser rechnet. Darüber lassen Banken inzwischen mit sich reden.“ Zudem haben die Abwickler heute mehr Zeit und finden andere Lösungen. Positive Folge: Es wird nicht so viel auf den Markt geworfen.

 

Schlechte Lagen bekommen Abschläge


Wingerter fragte, ob der Markt die Entwicklungen, die auf Nutzerseite stattfinden, eingepreist habe? Erleben wir noch mehr Leerstand?“ Antwort Carstensen: „Wir haben im Durchschnitt 5,8 Prozent Leerstand, das ist noch keine Krise. Vielmehr beobachten wir eine strukturelle Veränderung, die dem Markt sogar guttun kann. Wir hatten früher eine hohe Nachfrage, die unverhältnismäßig hohe Preise produziert hat. Jetzt sind wir wieder beim Normalmaß. Schlechte Lagen bekommen Abschläge.“ Gleichzeitig hinterfragten Nutzer Bürokonzepte und es geht eindeutig hin zu hochwertigen Objekten mit Nahverkehrsanschluss, die auch den Mitarbeiteransprüchen gerecht werden. Hinzukommt: Manche Flächen werden dem Markt entzogen und tauchen später gar nicht mehr in der Leerstandsstatistik auf.

Schließlich stellte Moderator Glatte seine Abschlussfrage, mit Bezug zu einem Kommentar eines Teilnehmers: „Der Slogan der Expo Real lautet 2023 ‚Survive until 25‘. Haben wir das Jammertal nun durchschritten? Wann kommt der Boom?“ Herzog von S&P meinte: „Anhand der CMBS sehen wir den Aufschwung. Im 1. Quartal war mehr los, als im ganzen Jahr 2023.“ Für ihn ist das Jammertal abgeschlossen, aber wann der Boom komme – das wisse er auch nicht. 

Bulwiengesa-Vorstand Carstensen sagte hierzu: „Der Markt dürfte sich nach oben entwickeln. Doch einen Zehnjahresboom wie bis vor Kurzem werden wir kaum mehr wieder erleben.“ Die Antwort von Bauakademie-Chef Kühne war zweigeteilt: „Der Investmentmarkt war stark durch günstige Zinsen geprägt. Da befinden wir uns jetzt im normalen Fahrwasser. Allerdings wird die ESG-Regulierung die Kosten weiter in die Höhe treiben.“


Eine prall gefüllte Diskussion geht zu Ende – mit so viel Informationen, dass der Mastertalk 15 Minuten länger als üblich dauerte. „Das Thema war es wert“, so Glatte, der allen Marktteilnehmern angesichts des geschilderten „anspruchsvollem Umfelds“ viel Erfolg wünschte 

  

Werkswohnung 2.0 – Die Renaissance des betrieblichen Wohnens (21. November 2023)

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„Also ich würde da einziehen.“ 

Heidelberg, 21. November 2023. Wohnungsnot überall – besonders in den Ballungsräumen und erst Recht dort, wo die Wirtschaft floriert. Damit Mitarbeiter in der Nähe ihres Unternehmens bezahlbaren oder überhaupt Wohnraum finden, dafür wurden einst Werkswohnungen geschaffen; ein Modell, das in den vergangenen Jahren etwas aus der Mode gekommen ist. Angesichts des angespannten Wohnungsmarkts könnte dies nun wieder die Lösung für viele Firmen sein, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Grund genug für den Mastertalk Real Estate #31, sich das Thema einmal näher anzuschauen: Unter dem Titel „Werkswohnung 2.0. Die Renaissance des betrieblichen Wohnens“ hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, zwei Vertreter der Pharmafirma Roche eingeladen, die das Konzept am Beispiel des bayrischen Standorts Penzberg erläuterten:


  • Martin Bruebach, Head of Real Estate Services, Roche Diagnostic GmbH
  • Doris Feyerabend, Real Estate Service Consultant, Roche Diagnostic GmbH

 

Martin Bruebach gab zunächst einen Überblick über die Situation in Penzberg – auf halber Strecke zwischen München und Garmisch-Partenkirchen, südöstlich des Starnberger Sees gelegen: Roche ist in Deutschland an sechs Standorten mit insgesamt 18.000 Mitarbeitern vertreten. In Penzberg arbeiten fast 8.000 Angestellte. Erst im vergangenen Jahr wurde der Standort um 13,5 Hektar erweitert: „Penzberg ist eine Kleinstadt mit knapp 18.000 Einwohnern. Der Mietmarkt hier und im Großraum München ist angespannt. Angesichts des begrenzten Wohnraums hat sich Roche daher bereits im Jahr 2000 entschieden, selbst tätig zu werden“, leitete Bruebach ein.


Inzwischen betreibt das Unternehmen vor Ort drei Boardinghäuser: In Penzberg zwei mit 37 und 17 Wohnungen und im nahen Tutzing am Starnberger See eines mit 11 Wohneinheiten. „Doch um den aktuellen Bedarf zu decken – die Mitarbeiterzahl soll bis zum Jahr 2030 auf knapp 9.000 steigen –, werden weitere 2000 Quadratmeter Wohnfläche benötigt“, berichtet Bruebach. „Es gebe unglaubliche Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt. Besonders Praktikanten oder Diplomanden, die nur für wenige Monate kommen, haben Probleme kurzfristig etwas zu finden“, ergänzte Doris Feyerabend.

 

Top-Komfort mit Sauna und Grillhütte


Zielgruppe für die Boardinghäuser sind ausschließlich eigene Mitarbeiter oder von Kooperationspartnern, wie Zeitarbeitsfirmen: Neue Kollegen oder Azubis am Standort, bis sie ein eigenes Zuhause gefunden haben oder jene mit zeitlich befristeter Tätigkeit. Die maximale Mietdauer beträgt drei Jahre. Vermietet wird zu ortsüblichen Mieten, allerdings „warm“ und komplett möbliert. Alle Apartments verfügen über eine voll eingerichtete Küche, TV, WLAN, Balkon oder Terrasse, Tiefgarage und Parkplätze. Darüber hinaus bietet jedes Haus zusätzliche Annehmlichkeiten, die viele Kollegen mit eigenen vier Wänden wohl neidisch machen dürften: Sauna, Grillhütte und Gemeinschaftsräume.


Und damit ist noch lange nicht Schluss, wie Feyerabend ausführt: „Es ist alles drin. Die Leute können mit ihrem Koffer anreisen, gehen in den Supermarkt, kaufen sich was zu essen und es kann losgehen. Von der Kaffeemaschine bis zu Betttüchern ist an alle Accessoires gedacht.“ 

 

Kein Kerngeschäft, aber essentiell


Dabei wären die Mieter wohl schon mit der schieren Wohnung zufrieden. Denn gerade bei Fachkräften habe es bis zum Jahr 2000 oft Absagen gegeben, weil sie auf dem freien Markt keinen Wohnraum gefunden hatten. So entstand vor mehr als zwei Jahrzehnten die erste Lösung, damals allerdings mit zehn Einzelwohnungen von zehn verschiedenen Vermietern – ein mühsames Unterfangen, das inzwischen aufgegeben wurde. Handelt es sich in Penzberg und Tutzing heute um eine klassische Vermietung, betreibt Roche seine Unterkunft im badischen Grenzach nahe Basel als Hotel. Der Grund: Von dort aus wird der gesamte Außendienst betreut – und wenn diese Mitarbeiter etwa für Schulungen kurzzeitig im Unternehmen sind, bieten sich am Ort nur wenige Übernachtungsmöglichkeiten.


Zurück nach Penzberg: „Durch die Werkserweiterung und entsprechend mehr Mitarbeiter ist der Druck gewachsen“, führt Bruebach fort. Zudem hänge die Akzeptanz von Roche in Penzberg auch damit zusammen, dass der Ausbau den Wohnungsmarkt nicht zusätzlich belaste; zumal sich „Rochies“ auch höhere Preise leisten können. „Für uns ist daher klar: Wir müssen etwas tun, selbst wenn es nicht zum Kerngeschäft gehört“, so Bruebach. Nun ist ein neues Boardinghaus geplant, das auch Ansprüche in puncto Nachhaltigkeit erfüllen soll.

 

Eine Frage der Eigenkapitalrendite


Nach der Kurzvorstellung nahm Moderator Thomas Glatte den Ball auf und fragte nach dem Bewirtschaftungskonzept. Hierzu Bruebach: „Derzeit mieten wir die Häuser an. Aber es gibt Diskussionen, künftig selbst zu investieren – auch angesichts der hohen Wohnungspreise.“ Hier jedoch kommen sogleich die konzernüblichen Erwartungen an die Verzinsung des Eigenkapitals ins Spiel, die durch Immobilieninvestments – erst Recht im Großraum München mit seinen gigantischen Grundstückspreisen – nicht erwirtschaftet werden können. Doch das Thema sei auf dem Tisch, zumal nur wenige Investoren die Nachhaltigkeit bedienen können.


In puncto Eigenkapitalrenditen stimmte Immobilienprofessor Glatte zu und machte sofort die Rechnung auf: „Üblicherweise erwartet man acht bis zehn Prozent Verzinsung. Immobilien erzielen jedoch meist nur um die zwei Prozent. Betriebswirtschaftlich gesehen fatal.“ Weiter rechnete er vor: „Ich habe das mal für 2.000 Quadratmeter kalkuliert: Man muss mit 4.500 Euro pro Quadratmeter Baukosten rechnen, das wären 9 Millionen Euro.“ Und dies ohne Aufwendungen für den Kauf des Grundstücks. „Das muss man erstmal durch eine Miete erzielen“, schloss Glatte lapidar, was Bruebach bestätigte: „Sollten wir für den Wohnungsbau selbst Geld in die Hand nehmen, konkurrieren wir mit Laboren oder Produktionsanlagen. Da stehen Wohnungen eher hinten, aber es wird diskutiert.“ Schließlich habe man – wie alle Unternehmen – ein großes Personalproblem. In den vergangenen Jahren habe man mehrere hundert offene Stellen nicht besetzen können. Wir müssen da etwas tun, vor allem, weil wir stets auch Azubis ausbilden, die teils aus 500 Kilometern Entfernung kommen.

 

„Meine Wohnung sieht nicht so aus.“


„Wie verhalten sich die Mietpreise im Verhältnis zum Marktpreis?“, überbrachte Co-Moderator Peter Prischl eine Frage aus dem Chat. Diese liegen laut Feyerabend bei 19 Euro pro Quadratmeter in Penzberg, in Tutzing bei 22 Euro pro Quadratmeter. Die Kaltmieten im Neubau betragen dagegen 14 bis 19 Euro pro Quadratmeter. Dafür bekommen die Boardinghausbewohner aber auch den beschriebenen Komfort, warm und möbliert, der immer wieder verbessert werde: „An unserem ältesten Standort aus dem Jahr 2005 haben wir vor drei Jahren alle Küchen erneuert. Es gibt dort Geschirrspüler, Backofen, Mikrowelle, natürlich ein eigenes Bad, Holzböden – also ich würde da einziehen“, freute sich Feyerabend. Auch Bruebach zeigte sich beeindruckt: „Das ist ein hoher Standard. Tutzing – die Heimstatt für unsere Expats, wo es auch eine internationale Schule und einen besseren Anschluss an München gibt – sei noch ein Level darüber.“ Dort wohnten oft Familien. „Das ist gehobener Standard, edel. Meine Wohnung sieht nicht so aus“, so sein Fazit.


Bei all der Schwärmerei konnte man fast meinen, es handele sich um ein 5-Sterne-Hotel, was Glatte zu der Frage verleitete: „Was passiert denn nach den maximal möglichen drei Mietjahren. Also ich würde das ausreizen und gar nicht mehr ausziehen.“ Worauf Feyerabend auf den simplen Umstand verwies, dass der Vermieter gleichzeitig auch der Arbeitgeber sei: „Ein Streit wäre da eher heikel.“ Allerdings sei es auch noch nie zu einer solchen Situation gekommen. Ebenso wurde die Hochstimmung leicht durch die Information getrübt, dass man für die Reinigung der Wohnungen selbst verantwortlich sei.

 

Neues Boardingshaus


Und wie läuft es mit dem geplanten neuen Boardingshaus? Hierzu Bruebach: „Es ist schwer, ein Haus oder die Flächen für 2000 Quadratmeter Wohnraum zu finden.“ Das biete der Markt nicht, es gebe kaum Grundstücke. Man müsse nehmen, was da ist, und inzwischen suche Roche auch nach weniger Fläche.“ Das brachte Glatte dazu, das Thema auf die generelle Ebene zu ziehen: „Wir haben in Deutschland kaum noch Werkswohnungen. Die großen, einst dafür bekannten Unternehmen haben sie abgegeben. Mir fallen nur noch drei ein: VW, BASF und DHL in ganz Deutschland. Eigentlich ein Rückschritt.“ Dabei sei die heutige Situation mit der damaligen zu vergleichen: Wohnungsnot, die gewünschte räumliche und mentale Ebene zum Unternehmen und sich als attraktiver Arbeitgeber zu zeigen. 


Bruebach berichtete, wie man beim Start im Jahr 2000 aus heutiger Sicht aufs richtige Pferd gesetzt habe. Kaum zu glauben: „Zwischenzeitlich hatten wir sogar Probleme, die Wohnungen zu vermieten – aktuell ist der Druck riesig.“ Ob das immer so bleibe, wisse man nicht. Daher wolle man beim neuen Projekt flexibel bleiben, weil der Markt sich drehen kann. Laut Feyerabend gebe es daher auch Überlegungen, dies in solch einem Fall als Hotel weiterzubetreiben, so wie in Grenzach. Aber das sei Zukunftsmusik, da sich die Lage derzeit gerade andersherum darstelle: „Der Trend ist steil. Das Plateau noch lange nicht erreicht.“ Glatte sah in seinen Schlussworten ebenfalls kein Nachlassen des Drucks am Markt. Im Gegenteil: Es dürfte sich erstmal noch verschärfen. Daher rief er die Immobilienwirtschaft auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, die sich auf diesem Gebiet gerade bieten.


Damit schloss Glatte den letzten Mastertalk in diesem Jahr: „Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für Ihre Treue, auch im Namen von Co-Moderator Peter Prischl und des gesamten Organisationskomitees mit Pia Glatte-Bast, Anke Gerlach, Martina Williams und Sven Wingerter.“  

Circular Economy in der Praxis - Vier Handlungsfelder für die Immobilienwirtschaft (27. September 2023)

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Die behäbige Branche ist plötzlich Vorreiter

Heidelberg, 27. September 2023. Immobilien sind für 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und 50 Prozent des Verbrauchs von natürlichen Ressourcen verantwortlich. Die Branche kann also viel zu den globalen Nachhaltigkeitszielen beitragen. Welche Möglichkeiten, Rahmenbedingungen und Lösungen es hier bereits gibt, hat Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, im aktuellen Mastertalk #30 diskutiert. Seine Gesprächspartner zum Thema „Circular Economy in der Praxis: Vier Handlungsfelder für die Immobilienwirtschaft“ waren: 

  • Dr. Patrick Bergmann, Managing Director Madaster Germany GmbH 
  • Dr. Christian Simanek, First Vice President / Bereichsleiter Asset Management, Wealthcap Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH 

 

Die einführenden Worte zum regulatorischen Rahmen, Status quo und zu Handlungsfeldern übernahm Martina Williams, Head of JLL Work Dynamics DACH & CEE and EMEA Consulting Lead. Hierzu berichtete sie über das von JLL und Wealthcap gemeinsam erstellte Whitepaper „Circular Economy. Potenziale für Bestandsimmobilien.“ 

Hauptansatzpunkt und Herzensanliegen Williams ist das Erreichen des 1,5 Grad-Ziels und nachhaltige Dekarbonisierung, wofür die Immobilienwirtschaft angesichts ihres hohen Anteils am CO2-Ausstoß einen starken Beitrag leisten könne. Vor allem bei der Herstellung der Grundmaterialien wie Zement, Glas und Stahl entstehen enorme sogenannte graue Emissionen – die sich durch konsequente Kreislaufwirtschaft drastisch reduzieren ließen. 

 

Die Natur als Vorbild 


Aus diesem Grund solle man sich die Natur zum Vorbild nehmen, auf Langlebigkeit und Wiederverwertbarkeit setzen. Faktoren, die bereits zu Beginn des Produktzyklus eines Gebäudes berücksichtigt werden müssen. Beeindruckend hier: 56 Prozent des Büroflächenbestands in Deutschland sind vor 1991 gebaut worden. 

Wie aber schaut der regulatorische Rahmen aus? Hier wären vor allem die EU-Building Directive und Energy Efficiency Directive zu nennen und auf deutscher Seite die Neufassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes von 2012. Für die Zukunft sind allerdings noch spezifischere Vorgaben zu erwarten. Hierzu gehört die verpflichtende Durchführung einer Lebenszyklusanalyse für neue Gebäude zu Treibhausgasemissionen (EU) und die Einführung eines Gebäuderessourcenpasses in Deutschland. All dies soll dazu beitragen, bei der Dekarbonisierung ein gewaltiges Stück voranzukommen, im Wesentlichen durch die drei Maximen: reduce, reuse, recycle. Prägende Aspekte seien dabei langlebiges Planen, eine flexible Nutzung, ein leichteres Gebäudedesign, die Verwendung einfacher und wiederverwertbarer Materialien, aber auch eine lückenlose Dokumentation, um dies Jahrzehnte später alles nachvollziehen und managen zu können. 


Mit den beiden Fragen „Wie wichtig ist das Thema ESG bei Euch? Welche Rolle spielt Kreislaufwirtschaft?“ beendete Williams ihre Ausführungen und gab den Staffelstab an Christian Simanek von Wealthcap weiter, einen der führenden Real Asset und Investment Manager in Deutschland. Simanek berichtet, dass das Thema – wie für die gesamte Branche – noch neu sei: „Wir sind Lernende.“ Um sich der Angelegenheit systematisch zu nähern, habe man vor einigen Jahren das Wealthcap Future Lab als Corporate Think Tank gegründet. Dort habe man sechs Handlungsfelder definiert, Kreislaufwirtschaft sei eines davon. „Die Bedeutung der Nachhaltigkeit wächst ständig. Wir als Unternehmen haben uns diesem Wert verschrieben, aber auch immer mehr Investoren und Mieter fordern das“, so Simanek. Daher setze man nun auch den Hebel in der Kreislaufwirtschaft an und habe bereits ein erstes Pilotprojekt umgesetzt und weitere in der Pipeline. 

 

Madaster: lückenloses Kataster 


„Jedes Bauteil, das nicht neu produziert werden muss, spart signifikant CO2-Emissionen ein.“ Das ist die Devise von Patrick Bergmann – und Geschäftsmodell der von ihm vertretenen Madaster Germany GmbH. Madaster ist ein Kofferwort aus den englischen Begriffen für „Material“ und „Kataster“ – und bringt das Hauptanliegen auf den Punkt: „Mit Madaster werden alle Materialien und Produkte, die in Gebäuden oder Infrastruktur enthalten sind, katasterartig erfasst“, so Bergmann. 

Durch die Dokumentation jedes einzelnen Bauteils erhält man Aufschluss über die Trennbarkeit, das gebundene CO2 und die Toxizität von Materialien und Produkten. Außerdem könne festgestellt werden, was davon wiederverwendet werden kann. Der Vorteil: Später, vor allem auch nach einem Verkauf, gibt es eine lückenlose Auflistung aller verbauten Bauteile. So könne man entscheiden: Der Teppich ist noch gut, die Fenster gehen zurück an den Hersteller und die Dachziegel können zerkleinert und wiedergenutzt werden. Dadurch könne man im Idealfall bis zu 60 Prozent CO2 einsparen, ein gewaltiges Potenzial. 


Das Anliegen von Madaster elektrisierte Moderator Glatte, von Hause aus Bauingenieur, der nach der genauen Vorgehensweise fragte. Hier unterscheide man, so Bergmann: Das Einfachste sei der Neubau. Dort nutze man idealerweise ein BIM-Modell (Building Information), aber auch 3D-Visualisierung. Ob Holzboden, Alufenster oder Beton – über eine Schnittstelle könne man detailliert auswerten, welches der Materialien wo verbaut wurde und was man davon wiederverwerten kann. Alle ausführenden Firmen müssen im Boot sein. Der Generalunternehmer müsse hierzu die Informationen in den Bauteilekatalog laden oder eben das BIM-Modell nutzen. All dies könne im Prozess der HOAI-Stufen mitgedacht werden. Bestens funktioniere das, wenn man das von Anfang an mitdenkt. 


Aus diesem Grund seien auch Bestandsimmobilien schwieriger. Häufig gebe es da kaum Unterlagen, man müsse viel nacharbeiten, Vor-Ort-Begehungen machen, Facility Manager und Hausmeister befragen. Alles in allem habe man insgesamt bereits 1.489 Gebäude erfasst, davon etwa 700 im Bestand. 

 

Es muss ins Budget passen 

Co-Moderatorin Williams frage daraufhin Wealthcap-Vertreter Simanek zu den Grenzen und Herausforderungen? Für ihn und sein Unternehmen sei diese besonders der Materialpass, vor allem auch angesichts der Vielfalt der Gebäude: „Wir haben einen großen Bestand, mehr als 160 Immobilien, über alle Assetklassen hinweg, in ganz Deutschland. „Wir gehen inzwischen die ESG-Themen stark an, doch all dies muss eben auch wirtschaftlich sein. Es muss ins Budget passen – in das unserer Fonds oder unserer Anleger, wie auch in das der Fondsnutzer.“ 


Als Beispiel nannte er das Wealthcap-Refurbishment des „Prime Towers“ in Frankfurt, der einstige Hertie-Zentrale, eines Büroturms aus den 1960er Jahren. „Bei allen Entscheidungen mussten wir den großen Skalierungsfaktor von 18 Etagen beachten. Alles kostete oder sparte 18 Mal.“ Bei der Bestandserhaltung spielten auch die besondere Architektur und der Stil der Immobilie eine Rolle, aber natürlich auch das Budget und der Beitrag zur Umwelt. „Viele der Materialien und Bauteile dort, etwa die Kühldecken, konnten wir erhalten, aufarbeiten und wiederverwenden.“ Alles in allem sei dies ein echtes ein Pilotprojekt für Wealthcap im Sinne der Kreislaufwirtschaft gewesen, bei dem man auch viel gelernt habe – und nun habe man es erfolgreich an öffentlich-rechtliche Nutzervermieten können. Gerade öffentlich-rechtliche Nutzergruppen würden oftmals das Engagement in puncto Kreislaufwirtschaft besonders anerkennen. 

 

Die Immobilienbranche plötzlich ganz vorn 


An dieser Stelle wurde Glatte grundsätzlicher. Wir lebten nach wie vor in einer Wegwerfgesellschaft – etwa bei kurzlebiger Mode. Doch ausgerechnet die sonst so behäbige Immobilienwirtschaft findet sich nun in einer Pionierrolle wieder. Williams pflichtete ihm bei. Das Bewusstsein habe sich hier eindeutig gewandelt. Dieses sei aber auch von der begrenzten Verfügbarkeit von Baustoffen und Kosten getrieben, habe also teils wirtschaftliche Gründe. Zudem erläuterte sie die Notwendigkeit, dass die Branche in größeren Zeiträumen denken müsse als bisher: „Bislang sind wir getaktet von Mietverträgen, Abschreibungsfristen oder Fondslaufzeiten. Das muss sich ändern. Gerade auch wir als Berater haben da eine hohe Verantwortung.“ Gleichzeitig machte sie Hoffnung: „Unsere Daten zeigen, dass die Nutzer inzwischen viel Wert auf solche Themen legen.“ 

Williams ging noch mal auf die Tätigkeit von Madaster ein und fragte, ob sich da bestimmte Objektklassen besser eigneten. Bergmann zog hier die Grenze eher beim Baujahr – für die einzelne Materialien und Baumethoden prägend seien. Dreh- und Angelpunkt beim Wiederverwenden sei, ob es sich wieder ausbauen lasse – „ohne dass man die ganze Bude auseinandernimmt.“ Am einfachsten seien modulartige Logistikhallen. Büroimmobilien seien komplizierter, vor allem auch wegen der Rohre und Leitungen. Ganz alte Gebäude taugen wiederum besonders gut: „Da hat man nur mit einer Handvoll Materialien gebaut. Später hingegen kamen viele Verbundstoffe hinzu.“ Sein Fazit: Das Baujahr ist entscheidender als der Gebäudetyp, der dennoch – siehe Logistikhallen – eine gewisse Relevanz hat. 

 

„Bitte keine Platte!“ 


Im Anschluss berichtete Glatte von einem beeindruckenden Vor-Ort-Besuch bei einem großen Modulbauer: „Die alten Module wurden zerlegt bis auf die Schraube. Alles wurde auseinandergenommen, zurechtgebogen – und dann wieder der Produktion zugeführt. Auf jedem Teil klebte ein Barcode, sodass sich die Historie zurückverfolgen lässt.“ Grenzen der derzeit so heiß diskutierten Modulbauweise sah er allerdings beim Übergang zum Plattenbau. Aufgrund einschlägiger Erfahrung in seiner Studentenzeit empfinde er diesen als gruselig. 


Welche Infrastruktur bräuchte es, um Kreislaufwirtschaft über die Objektebene hinaus zu ermöglichen, fragte Williams. Bergmann erklärte, dass hierfür entsprechende Lagerflächen vorgehalten werden müssten, die es aktuell nicht gebe. Ferner sah er den Bereich „Garantie/ Gewährleistung“ als Hürde. Für komplette Bauteile könne man eventuell diese über den Hersteller wieder zurückgeben lassen. „Bislang kommen wir da aber nicht in die Masse rein, die wir uns erhofft hatten“, räumte er ein. Dies betreffe jedoch nicht die Wiedernutzung von Baustoffen. Simanek sah da, wie generell beim Thema Kreislaufwirtschaft, vor allem in der Standardisierung einen Ausweg. 

 

Fazit: spannende Geschäftsmodelle 


An Bergmann richtete Glatte die Schlussfrage, wie viel Prozent des deutschen Gebäudebestands in fünf Jahren wohl einen Materialpass haben werden. Bergmann glaubt hier an eine „exponentielle Kurve. Ich bin mir sicher, dass das später bei Transaktionen abgefragt wird.“ Die Größenordnung schätzte er auf fünf bis zehn Prozent. Simanek sah einen Materialpass beim Neubau als Angelegenheit an, die man künftig erwarten darf. Bei Renovierungen im Bestand war er skeptischer. Hingegen werde man zukünftige bei allen Projekten die Frage stellen, was man erhalten kann – nicht nur aus Budget-, sondern gerade auch aus Nachhaltigkeitsgründen: „Mieter wollen keine Wegwerfimmobilie.“ 


Glattes Fazit: „Wir haben heute wieder eine Menge gelernt: Anders als sonst, ist die Immobilienwirtschaft dieses Mal Vorreiter und kann einen wesentlichen Beitrag leisten, den 40 Prozentanteil beim CO2-Ausstoß zu senken. Und: Es existieren interessante Geschäftsmodelle, die wir in späteren Mastertalks sicher vertiefen werden.“ 


Die Präsentation des Mastertalks steht im Bereich "Rückblick" als Download zur Verfügung. 

Social Real Estate: The Attraction of Social Action (23. Mai 2023)

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 Investition ins „S“ zahlen sich aus  

 

Heidelberg, 23. Mai 2023. Die EU-Kommission möchte mehr Kapital in nachhaltige Produkte lenken – und hat daraufhin die EU-Taxonomie eingeführt. Sie klassifiziert Finanzprodukte mithilfe der ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance). Während die E-Aspekte in der Immobilienbranche weit bekannt sind, besteht bei vielen Marktteilnehmern zu den S-Kategorien noch große Unsicherheit. Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, hat Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, für den aktuellen Mastertalk #29 „Social Real Estate: The Attraction of Social Action“ die beiden Geschäftsführerinnen des Competence Center Process Management Real Estate (CCPMRE) eingeladen:


  • Prof. Dr. Marion Peyinghaus, Geschäftsführerin Competence Center Process Management Real Estate GmbH (CCPMRE) und Professorin für Immobilien Management und Projektentwicklung an der hochschule 21, Buxtehude
  • Prof. Dr.-Ing. Regina Zeitner, ebenfalls Geschäftsführerin des CCPMRE und Professorin an der HTW Berlin

 

Jedes Jahr analysieren Peyinghaus und Zeitner in ihrem PMRE-Monitor ein neues Thema. Ihre Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Immobilienwirtschaft stellten sie im November 2021 im Mastertalk #17 vor. Im Juli 2022 stand die nachhaltige Führung im digitalen Zeitalter im Mittelpunkt. Heute nun präsentierten sie die Ergebnisse ihrer Studie „Social Real Estate – The Attraction of Social Action“, die sich den S-Kriterien in Bezug auf Immobilienobjekte und Immobilienunternehmen widmete – und zu der 239 Führungskräfte und Mitarbeiter der Immobilienwirtschaft sowie 174 deutsche und 35 internationale Vertreter der Generation Z befragt wurden.

Die Moderation übernahmen dieses Mal Sven Wingerter vom Workplace-Spezialisten Eurocres und Pia Glatte-Bast, Kommunikationspsychologin und Trainerin.

 

Das Gemeinwohl im Blick


Zunächst erläuterte Peyinghaus die Ziele der ESG-Regularien: „Die von der EU verfasste soziale Taxonomie möchte eine menschenwürdige Arbeit, einen angemessenen Lebensstandard, das Wohlergehen der Endverbraucher und integrative und nachhaltige Kommunen und Gesellschaften sicherstellen.“ Hierbei gehe es um Arbeitnehmer und Arbeitsstätten, Bewohner und deren Wohnräume sowie um nachhaltige Quartiere und Städte. „Alles Themen, die die Immobilienwirtschaft betreffen. Und dass die Immobilienwirtschaft zu allen drei Zielbereichen einen wesentlichen Beitrag leisten kann, davon sind unsere Teilnehmer überzeugt.“ Mehr noch: Sie sind sogar bereit, hierfür einen Renditeverzicht von 1,1 Prozent hinzunehmen.


Um das Thema besser zu fassen, haben die beiden Forscherinnen aktuelle Richtlinien und Studien zu den ESG-Kriterien analysiert und klassifiziert. Aus diesem Prozess haben sie zwölf Kategorien entwickelt, die unter anderem Aspekte wie Diversität, Gesundheit, Partizipation, Mobilität oder Sicherheit enthalten. Hinzukommen insgesamt 58 Einzelkriterien. Im Ergebnis ist daraus eine Checkliste entstanden, die zum Rating von Immobilien oder Quartieren genutzt werden kann. Doch die Kernfragen seien: Sind die S-Kriterien den Mietern so entscheidend, dass sie dafür eine höhere Miete zahlen würden? Bei Büroobjekten war die Frage wiederum: „Welche S-Kriterien sind Ihnen im Büroumfeld so wichtig, dass Sie danach Ihren Arbeitgeber auswählen oder sogar dafür wechseln würden?“

 

Wohnen und im Büro: Gesundheit ist wichtigster Faktor


Wohnungsmieter sind bereit, für ‚soziale‘ Immobilien einen Mietpreisaufschlag von 4,3 Prozent zu zahlen. Besonders hoch ist die Zahlungsbereitschaft bei den Kategorien „Gesundheit für Nutzer sowie Bürger“ (5,4% bzw. 5,2%), nachhaltige Gebäudequalität (5,3%) und Mobilität (5,3%). Auch bei Bürogebäuden dominieren die Faktoren Gesundheit, Mobilität, zudem die Gebäudequalität. So habe die Luftqualität beispielsweise direkten Einfluss auf die Produktivität. Im Negativfall würden die Mitarbeiter Konsequenzen ergreifen – aus dieser Motivlage heraus entsteht Druck auf die Arbeitgeber und somit die Vermieter. Eine von Peyinghaus angeführte Parallelstudie bestätigte, dass knapp 20 Prozent der Mitarbeiter das Unternehmen verlassen würden, wenn ihr Arbeitgeber keine Maßnahmen zur Erhaltung eines gesunden Innenraumklimas ergreift.


Schließlich kam Peyinghaus zur Umfeldbetrachtung: Die sogenannte 15-Minuten-Stadt hat beim Wohnen eine hohe Relevanz, fürs Büro ist sie nicht zwingend. Einkaufsmöglichkeiten, Arbeitsplätze, Bildung, Kultur oder Grünanlagen sollten in der Nähe des Wohnorts liegen. Dafür würde ein Mietpreisaufschlag von bis zu 4,5 Prozent gezahlt. Beim Büro besteht für solche Aspekte unter den Teilnehmern nur eine Relevanz von 42 Prozent. Die Wissenschaftlerinnen führen dies auf den Aufstieg des mobilen Arbeitens zurück: „Das Büro wird seltener aufgesucht, stattdessen werden Cafés im Umfeld des Homeoffice umso mehr geschätzt.“ Themen wie Diversität, Partizipation und Vernetzung finden sich gar auf den drei letzten Plätzen wieder: „Keiner ist bereit, hierfür einen Mietaufschlag zu zahlen“, so Peyinghaus.

 

Keine Chance für sozialverträgliche Mieten


Große Auswirkung haben die S-Kriterien laut Studienteilnehmern auf die Neubewertung der Lageklassen, nämlich zu 60 Prozent, und auf die Neuausrichtung von Investitionsentscheidungen (59 Prozent). Die Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum – ein wesentliches Ziel der EU-Taxonomie – wird allerdings nicht erreicht. Der Zustimmungswert liegt bei nur 32 Prozent.


Wie sieht es mit den Wertsteigerungspotenzialen aus? Diese Einschätzung ist innerhalb von zwei Jahren gestiegen. „Die Branche hat in ihren Märkten festgestellt, dass nachhaltige Immobilien zu Spitzenmieten und erhöhten Immobilienpreisen führen.“ Über alle Kategorien besteht ein Wertsteigerungspotenzial von 9,6 Prozent (bei den E-Kriterien waren es nur 8,6 Prozent). „Werden die S-Kriterien hingegen unzureichend umgesetzt, kann sich daraus auch ein Schaden ergeben“, warnt Peyinghaus. So führe Diversifikation im besten Fall zu einer guten Durchmischung der Mieter, im schlechtesten Fall zu Ghettobildung. In Bezug auf die Gesundheit könne das Gebäude den Nutzern einen visuellen Komfort bieten. Das größte Risiko seien Defizite in der Gebäudequalität, die Angst vor „Stranded Assets“ ist groß. 

 

Und die Erlöse?


Besonders Projektentwickler und Vermieter stellen sich nun die Frage, ob sich denn Investitionen in die S-Kriterien finanziell lohnen? Schließlich stehen dem auch Kosten gegenüber: 10,8 Prozent beim Bau. Die erwartete Steigerung der Erlöse für S-konforme Immobilien und Fondsprodukte beträgt vielmehr gerade einmal 8 Prozent. Allerdings steigen auch die Finanzierungskosten um 8 Prozent, wenn sie nicht „S-konform“ sind.


Klar ist indes: Die Marktakteure müssen die Gebäude an die Anforderungen der S-Kriterien anpassen. Dabei rechnen die Teilnehmer bei Büro- und Wohngebäuden mit dem höchsten Transformationsaufwand (72% und 69%). Shoppingcenter landen in der Rangfolge erst auf Platz 6 (58%). 

 

Alles entscheidend: Die Unternehmenskultur


Soviel zu den Immobilien. Doch die Forscherinnen fragten auch nach den notwendigen Veränderungen in den Unternehmen. Denn engagieren sich Arbeitgeber sozial, belohnen sie sich selbst. Unternehmen mit starkem Fokus auf die S-Kriterien wiesen deutlich bessere Ergebnisse auf. Was also soll der Arbeitgeber bezüglich der ESG-Kriterien erfüllen? Hier erachten die Teilnehmer besonders Gesundheitsleistungen als wichtig mit einer Relevanz von 62 Prozent. Flexible Arbeitsorte, wie Ministandorte und Satellitenbüros stellen noch das Schlusslicht dar, seien aber der Trend von morgen.


Nach Aussage Peyinghaus‘ sei es immer ein Highlight, in jeder Marktanalyse zu erfahren, welches das bedeutendste Thema in der ganzen Umfrage ist. Antwort: „Es ist eine positive Unternehmenskultur. Mit 88 Prozent wird ihr die höchste Relevanz bescheinigt.“ Das heißt im Umkehrschluss allerdings auch, dass Mitarbeiter das Unternehmen schnell verlassen, wenn es an einer wertschätzenden Kultur mangelt. Ihr Urteil in puncto Mitarbeitergewinnung: „S-Kriterien erzeugen - wenn sie erfüllt werden - eine Sogwirkung für neue Bewerber und sorgen für Mitarbeiterbindung“. Doch dafür müsse noch viel getan werden. Der aktuelle Implementierungsgrad liege gerade einmal bei 41 Prozent. Peyinghaus‘ Fazit: „Investitionen in die S-Kriterien zahlen sich aus. Social Real Estate führt zu mehr Mieten und lässt die Immobilienwerte steigen. Zudem schaffen die Kriterien Abhilfe im Fachkräftemangel. Alles Gründe, um aktiv zu werden.“

 

Riesiges Potenzial beim Bestand


Moderator Wingerter war voll des Lobes ob der geballten Erkenntnisse: „Mir geht das Herz auf! Eine Bandbreite an Möglichkeiten, die bei uns noch brach liegen.“ Sogleich bohrte er nach, wer nun für Änderungen sorgen müsse? Aus Sicht Peyinghaus‘ seien dies die Projektentwickler: „Sie müssen zukunftsorientiert bauen, was in vier, fünf Jahren der Markt verlangt.“ Kollegin Zeitner verwies hier auf die Projektentwicklung im Bestand: „Deutschland ist gebaut. Die Frage ist daher: Wie gehen wir mit dem Bestand um?“ Dem pflichtete Wingerter bei. Auch er sehe angesichts des „großen Flächenüberhang gerade dort ein riesiges Potenzial.“


„Woher aber kommt die Dominanz des Themas Gesundheit? Das diskutieren wir doch schon seit Dekaden“, fragte Wingerter. Für Peyinghaus sind es eindeutig die Jungen, die das Thema Gesundheit treiben. Co-Moderatorin Glatte-Bast interessierte sich dafür, welche Aspekte bei der Veränderung der Unternehmenskultur besonders wichtig seien. Für die beiden Wissenschaftlerinnen steht hier die „physische und psychische Gesundheit immer ganz oben.“ Es gehe um eine positive, wertschätzende Kultur. „Die schlägt jede Führungskraft.“


Auch die berühmte Schlussfrage kam diesmal von Sven Wingerter: „Läuft S dem E den Rang ab?“ Für Peyinghaus wird vor allem E zum verpflichtenden Standard werden. Das gehört bald fest zum Assetmanagement dazu.“ Das S sei noch eine größere Herausforderung werde aber „ordentlich in Fahrt kommen.“ Zum Ende schaltete sich nochmal Initiator Thomas Glatte ein: „Auch diese Studien war wieder ein Highlight. Nun sind wir neugierig, wann das G von ESG bearbeitet wird.“


Die Präsentation des Mastertalks steht im Bereich "Rückblick" als Download zur Verfügung.

Die dem Mastertalk Real Estate zugrunde liegende Studie finden Sie zum Download als PMRE Monitor 2023 unter  CC PMRE Startseite - Competence Center Process Management Real Estate

Office occupancy based on factual data (25. April 2023)

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Die Belegungsrate basierend auf realen Daten - Einblicke von Montag bis Freitag 

 

Heidelberg, 25. April 2023. Die Immobilienwirtschaft diskutiert intensiv, in welchem Umfang Büroimmobilien ausgelastet sind. Hierzu gibt es viele, sich oft widersprechende Statements aus Unternehmen und Wissenschaft. Es war also an der Zeit, die Vielfalt der Hypothesen zu objektivieren – anhand von realen Zahlen. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, hatte daher für den MasterTalk Real Estate #28: „Office occupancy based on factual data“ zwei ausgewiesene Praxisexperten eingeladen:

  • Dr. Eldar Gizzatov, CEO und Gründer von Basking, der seinen innovativen Ansatz erläuterte, wie die Nutzung der Büros direkt gemessen werden kann. 
  • Tim Schmitt von Mann+Hummel konnte als Kunde und Nutzer von Basking schildern, wie diese außergewöhnliche Technologie angewandt wird und welche Erfahrungen sein Unternehmen damit gemacht hat.

 

„Die Belegungsrate von Büros ist eines der heiß diskutierten Themen der Branche“, leitet Glatte den Mastertalk ein. Seit dem Ausbruch von Corona – geprägt durch eine massive Zunahme von Heimarbeit – ist bei der Büronutzung kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. Zwar müssten nun viele Mitarbeiter wieder zurück in die Büros, doch beliebt bleibt vor allem die Arbeit von zuhause aus. „Zur tatsächlichen Belegungsrate gibt es also eher ein Bauchgefühl. Wir aber wollen diese Wahrnehmung in Zahlen umwandeln.“ Mit diesen Worten übergab Glatte den Staffelstab an Eldar Gizzatov, der mit seinem Berliner Startup Basking ein Tool entwickelt hat, mit denen Nutzer und Vermieter die Beanspruchung ihrer Flächen messen können. Jeweils 40 Prozent seiner Kunden – und damit der untersuchten Gebäude – befänden sich in Europa und den USA. Die restlichen 20 Prozent verteilen sich auf Lateinamerika und Asien.


Sein Produkt: Eine webbasierte App, mittels der Unternehmen in Echtzeit die Auslastung ihrer Büros erfassen und über Grafiken und Berichte auswerten können. Hierfür werden Sensoren in der Immobilie verteilt – inklusive Konferenzräumen und bei Videokonferenzsystemen –, die über Wifi die Daten einsammeln. Deshalb lasse sich das System auch rasch installieren. „Kosteneffizient und“ – beim Thema „Daten“ macht es besonders in Deutschland automatisch Klick – „datenschutzkonform“, wie Gizzatov betont. Genau aus diesem Grund sei der Radius eines Sensors auch großflächig ausgelegt. So könne man aufgrund der Nutzung über das Wifi-Gerät schon rein technisch gar nicht einzelne Schreibtische erkennen, sondern nur die generellen Daten für den entsprechenden Bürobereich und die Anzahl der Person“, so Gizzatov.

 

Das Tool spielt verschiedene Szenarien durch


Der Status könne dann in Echtzeit abgerufen werden – was vor allem Immobilienprofis Einblicke in das gesamte Portfolio oder bestimmte Standorte ermöglicht. In einem Report erhalten sie ausführliche Auswertungen, auch aufgeschlüsselt auf verschiedene Anwendungsszenarien. Daraufhin lassen sich nicht nur die einzelnen Büros aus Mieter-/ Nutzersicht optimieren. Vielmehr können Facility Manager und Vermieter die Möglichkeiten und Verbesserungspotenziale für die Immobilie und die Infrastruktur ausloten. Schließlich bestehe auch die Möglichkeit von „Third Party Applications”. Einmal erfasst, kann der Datensatz für verschiedene Einsatzgebiete verwendet werden, darunter Raumplanung, Coronamanagement, Portfolio Management, Nachfrageprognose oder Facility Management.


Soweit zum technischen Part und die Vorteile für die Verantwortlichen vor Ort. Doch der Charme von Gizzatovs Produkt besteht darin, einen Überblick über Kunden weltweit zu haben und somit auf Länderebene und im internationalen Vergleich die Entwicklung der Belegungsraten zu verfolgen – spannend besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über verstärkte Heimarbeit, Bürosterben und gleichzeitige Rückkehr ins Büro, das wiederum eine bessere Aufenthalts- und Kommunikationsqualität bieten muss. Welche Belegungstrends sehen wir also global und in Europa, besonders in Deutschland? Hierzu hat Basking anhand von 121 Kundenstandorten weltweit einen Benchmarking-Index erstellt.

 

41 Prozent Belegungsrate in Europa


Die Höchstbelegung im Wochendurchschnitt des laufenden Jahres erreichte dabei gerade einmal einen Höchstwert von 41 Prozent in Europa, was genau auch dem Wert Westeuropas entspricht. Südeuropa stach dabei mit 47 Prozent heraus, Skandinavien hatte mit 27 Prozent den niedrigsten regionalen Wert. Schaut man sich einzelnen Länder an, so lag die Belegungsrate in Deutschland sogar nur bei 25 Prozent. Frankreich erzielte 41 Prozent, während die USA mit 35 Prozent dazwischen lagen. Der Grund dürfte in der wesentlich häufiger praktizierten Heimarbeit in Deutschland liegen.


Wie oft kamen die deutschen Mitarbeiter nun ins Büro? 43 Prozent nur einmal pro Woche, 45 Prozent zwei bis drei Tage und lediglich 11 Prozent vier bis fünf Tage (Rundungsdifferenzen). Frankreich kam exakt auf dieselben Werte, während in den USA mit 26 Prozent mehr als doppelt so viele Personen vier bis fünf Tage ins Büro erschienen – ein Beleg dafür, dass Heim- oder mobile Arbeit dort deutlich weniger stattfindet.

 

Frankreich: Mittwochs ist kaum jemand im Büro


Die Deutschen kommen zwar immer seltener ins Büro. Wenn sie es aber tun, dann richtig. Mastertalk-Co-Moderator Sven Wingerter hat hierfür bereits 2020 das Bild des „Lagerfeuers“ etabliert. 77 Prozent aller Bürobesuche dauern hierzulande daher mehr als sechs Stunden an, in Frankreich und den USA sind es nur 64 und 61 Prozent. Entsprechend selten fallen mit 7 Prozent Besuche aus, die nur maximal drei Stunden erreichten.


Interessant ist auch die Betrachtung der einzelnen Wochentage. Die meisten Bürobesuche entfallen mit 24, 26 und 22 Prozent auf Di-Mi-Do. Der Montag kommt nur auf 17 Prozent, während wenig überraschend der Freitag lediglich 10 Prozent aller wöchentlichen Bürotermine verzeichnet. Die USA bieten ein ähnliches Bild. Frankreich zeigt hier eine Besonderheit: So kommt es dort mittwochs nur zu 17 Prozent aller Bürobesuche, was die Zahl am Dienstag und Mittwoch mit 31 und 19 Prozent entsprechend nach oben treibt. Der Grund dafür dürfte in der Tatsache zu suchen sein, dass für die meisten Schulkinder in Frankreich der Mittwoch schulfrei ist oder je nach Alter nur in geringem Maße Unterricht stattfindet – sodass die berufstätigen Eltern mittwochs eher zuhause bleiben.

 

Praxisbeispiel Singapur: kleineres Büro – mehr Mitarbeiter


Als Anwender der Basking-Technologie berichtete Tim Schmitt, Global Workplace Experience Manager bei Mann+Hummel, von den Erfahrungen am Standort Singapur. Das Unternehmen ist Hersteller von Flüssigkeits- und Luftfiltersystemen, Ansaugsystemen und Innenraumfiltern und hat in Singapur 2021 bis 2022 zwei verschiedene Bürostandorte mit insgesamt drei Abteilungen in ein neues Büro zusammengelegt. Das moderne Officekonzept – das stark auf den Lagerfeuereffekt setzt – baut ebenfalls auf dem Trend von weniger Büropräsenz, ausgelöst durch die Pandemie. So ist das aktuelle Büro wesentlich kleiner als die beiden Vorherigen zusammen, deckt dabei indes eine inzwischen größere Belegschaft ab – die aber nicht immer vor Ort ist. 


Aus HR-Sicht mussten damit gleich drei Aufgaben gelöst werden: Standorte und Abteilungen konsolidieren, neue Mitarbeiter einstellen und Bürofläche reduzieren. Alles stand unter dem Motto: „Bringing together our different Businessunits as OneTeam with OneGoal and OneVoice in OnePlace.“ Dabei wurde die Singapurer Belegschaft nicht nur an einem Ort als ein Team versammelt. „Vielmehr haben wir ihnen auch die Möglichkeit gegeben, in agilen und flexiblen Arbeitsumgebungen gemeinsam tätig zu sein. Das Büro als ‚City Center‘, um zusammenzuarbeiten“, erläuterte Schmitt.


Die bisherigen Ergebnisse zur Belegung hierzu schilderte er anschaulich:

  • Durchschnittliche Bürobesuchszeit 9 Stunden
  • 45 Prozent der Mitarbeiter kommen nur an einem Wochentag, knapp 30 Prozent an zwei Tagen
  • Die durchschnittliche Büropräsenz beträgt 2 mal pro Woche
  • Die beliebtesten Wochentage sind Montag bis Mittwoch, während auf den Donnerstag nur rund 17 und den Freitag 10 Prozent der Besuche entfallen
  • Alles in allem wurde die Flächenausnutzung um 30 Prozent verbessert.

 

Dabei hat das Unternehmen dank Basking festgestellt, dass sich die Bereiche der Abteilungen, die Homezones, überlappen. Das heißt: Wie erhofft, wird mehr zusammengearbeitet. Gleichzeitig ist die Fläche immer noch nicht am Limit: „Wir haben nach wie vor Flächenkapazitäten“, so Schmitt. Dabei können wir in Singapur andere, genauere Möglichkeiten des Trackings nutzen. „Denn wir haben dort keinen Betriebsrat“, spielt Schmitt auf das in Deutschland omnipräsente Thema Datenschutz an. Hier hakte sogleich Moderator Glatte ein.

 

Die Daten gehören dem Kunden


"Datenschutz ist entscheidend. Da Basking seinen Sitz in Deutschland hat, wurde es von Anfang an im Sinne der DGSVO-Bestimmungen konzipiert. Alle Daten werden anonymisiert und verschlüsselt. Darüber hinaus bietet die Verwendung von WiFi als Datenquelle ein zusätzliches Maß an Schutz, da die Genauigkeit des Standortes nicht präzise genug ist, um Aussagen auf Schreibtischebene machen zu können", erklärt Gizzatov. In der Tat haben wir viel Erfolg mit multinationalen Kunden, gerade weil Basking seinen Hauptsitz in Berlin hat und den DGSVO-Datenschutzrahmen im Produkt durchsetzt", sagt Gizzatov. „Und wem gehören die Daten?“, fragte Glatte. Klare Antwort: „Dem Kunden“.


Co-Moderator Sven Wingerter vom Workplace-Spezialisten Eurocres stellte die Frage, ob manche Unternehmen ihre unterschiedlichen Belegungsraten in verschiedenen Ländern untersuchen und so Benchmarking-Vergleiche anstellen, um möglicherweise Büroflächen reduzieren? Auch dies bejahte Gizzatov und berichtete von einem Kunden, der in Großbritannien eine Auslastung von 60, 65 Prozent habe, also weit über dem Durchschnitt. Dies bedeute, dass er dort einiges richtig mache und die Erfahrungen, auch zu einzelnen Wochentagen, auf andere Länder zu übertragen versuche.


An Schmitt wandte sich Wingerter mit der Frage, was sie mit den regelmäßig gesammelten Daten machen? „Konsolidiert Ihr nun ständig und organisiert die Flächen um?“ Hierzu Schmitt: „Wir haben keine internationalen Benchmarks, die wir als Maßstab für andere ansetzen. Aber wir haben das permanente Ziel, die Belegrate zu erhöhen.“ Beim neuen Gebäude am Hauptsitz in Ludwigsburg gebe es auch die generelle Möglichkeit, eine ganze Etage zu schließen, falls man feststelle, dass man alle Mitarbeiter auch in den anderen Stockwerken unterbringen kann. Damit spare man beispielsweise Energie.


Mit dem Blick auf Corporate Real Estate Management und die Bedeutung harter Zahlen, stellte Glatte seine Abschlussfrage: „Wo werden sich die Belegungs- beziehungsweise Leerstandsraten hinbewegen?“ Hierzu Real Estate Manager Schmitt: „Die Belegungsrate sollte irgendwann wieder auf dem Vor-Corona-Niveau sein. Unser Ziel liegt bei 80 Prozent.“ Und Gizzatov abschließend: „Es wird Maßnahmen von den Vermietern und Nutzern geben, den Fußabdruck zu verringern. Doch über allem schwebt die große Unsicherheit zu den unterschiedlich intensiven Wochentagen. Diese werde man nicht auflösen können, aber man kann immer wieder die Daten verfolgen, um auf dem Laufenden zu sein. Die Lösung sei dabei der hybride Ansatz, also die Mischung aus Büropräsenz und mobiler Arbeit.“


Glatte freute sich über die genauen Einblicke „von Montag bis Freitag“ und erkannte noch viel Luft nach oben: In jedem Fall gebe es „einen großen Hebel zur Kostenoptimierung auf der Unternehmens-, aber auch auf der institutionellen Seite“, schloss er den Mastertalk #28. 


Die Präsentation des Mastertalks steht im Bereich "Rückblick" als Download zur Verfügung. 

Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen: Der Immobilienmarkt 2023 (21. März 2023)

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Käufer und Verkäufer kommen schwer zusammen

 

Heidelberg, 21. März 2023. Der Immobilienmarkt hat sich in den vergangenen 15 Monaten dramatisch entwickelt – und auf vielen Gebieten eine Vollbremsung vollzogen. Trotzdem ist die Nachfrage da. Die Herausforderungen liegen vor allem in der Finanzierung, bei Kosten und Preisen. Wie dynamisch ist die Lage, wie finden Mieter und Vermieter wieder zusammen – und woher kommen Hoffnungsschimmer? So lauteten die ausgesprochenen und unausgesprochenen Fragen beim Mastertalk RealEstate #27: „Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen – der Immobilienmarkt 2023.“


Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, hatte hierzu erneut eine Reihe hochkarätiger Diskussionsteilnehmer zusammengebracht: Sven Carstensen, Vorstand Analyse/Bewertung bei bulwiengesa und Mitglied des ZIA-Rats der Weisen der Immobilienwirtschaft, der die wesentlichen Erkenntnisse des ZIA-Frühjahrsgutachtens vorstellte – die dann mit Meno Requardt, Geschäftsführer Volkswagen Immobilien und Vorsitzender des ZIA Ausschusses Corporate Real Estate, sowie Martina Williams, Leiterin Work Dynamics DACH und CEE von JLL und stellvertretende Ausschutzvorsitzende des ZIA Büro-Ausschusses diskutiert wurden.

 

Logistik auf der Überholspur


Zunächst gab Sven Carstensen einen Überblick über die einzelnen Immobilien-Assetklassen von Büros, über Hotels bis Logistik – auf Basis des ZIA-Frühjahrsgutachtens und eigener Analysen von bulwiengesa. Für die verschiedenen Arten von Wirtschaftsimmobilien zeichnete er völlig unterschiedliche Stimmungsbilder, obendrein differenziert nach Nutzermarkt und Investmentmarkt. Voll im grünen, ja dunkelgrünen Bereich befindet sich Logistik, das mit Abstand erfolgreichste Segment derzeit. Bei Büros sei die aktuelle Lage, aber auch der Ausblick durchwachsen. Zum einen versuchen Unternehmen nach wie vor, ihre Mitarbeiter zurück in die Büros zu holen. Gleichzeitig sei noch nicht klar, wohin sich die Arbeit der Zukunft hinbewegt. Alle Beteiligten fragen sich: Was wird die künftige Auslastungsrate sein? Was passiert mit Montag und Freitag? 

Niemand habe darauf abschließende Antworten. In jedem Fall aber seien neue Bürokonzepte gefragt, genauso wie neue Lagen, besonders in den Innenstädten. Auch das Thema ESG spiele eine große Rolle, so Carstensen: „Nachhaltige Immobilien werden gesucht, ebenfalls mit frischen Arbeitskonzepten.“ Meist werden die neuen Flächen allerdings kleiner. Da jedoch gleichzeitig die Qualität steige – schließlich müsse man den Mitarbeitern etwas bieten –, müssten Unternehmen trotz Verkleinerung oft mehr Miete zahlen.

 

Der Büromarkt trübt sich ein


„Home Office ist gekommen, um zu bleiben. Home Office hat einen ganz großen Einschnitt in den Immobilienmarkt hinterlassen“, so sein Zwischenfazit. Auch aus diesem Grund konzentriere sich die Nachfrage stark auf „qualitativ hochwertige Objekte in qualitativ hochwertigen Lagen“. Lagen und Gebäude mit Defiziten werden es künftig schwer haben, was auch an den 1,2 Millionen Quadratmetern neuer Bürofläche bis 2024 liege. Fast alles längst geplante Projekte, Neue werden so gut wie gar nicht angeschoben. Aus diesem Grund rechnet Carstensen ab 2025, spätestens 2026, mit einer Unterversorgung an Neubauflächen im Markt. Das bedeutet gleichzeitig: „Der Büromarkt der nächsten Jahre wird vor allem vom Bestand geprägt. Und diese Bestände müssen ertüchtigt werden.“



Ein weiteres Thema des Frühjahrsgutachtens und lange vernachlässigt: die Betriebskosten. „Für die Mieter eine dramatische Entwicklung“, erklärte er. Die Nebenkosten stiegen teilweise um 60 Prozent und liegen bei bis zu zehn Euro pro Quadratmeter; vor allem wegen der Energiepreise und Personalkosten. 

 

Was macht der Investmentmarkt?


Die große Frage, die laut Carstensen derzeit im Raum steht: Wann wird sich der Investmentmarkt wieder finden? Hierzu hat bulwiengesa Finanzierer nach der Marktsituation gefragt. „Der Wert des vergangenen Quartals ist der schlechteste, der jemals gemessen wurde“, so Carstensens Fazit: „Zurückhaltung im Projektentwicklungsmarkt, aber auch bei der Bestandsfinanzierung.“ Vor allem für Büros erwartet er in diesem Jahr keine große Änderung, ja der Investmentmarkt werde es schwer haben; vor allem verursacht durch die Inflation und die Zinsentwicklung. Sein Trost: „2024 könnte der Markt zumindest in der Bestandsentwicklung wieder anspringen.“


Aus diesem Grund sieht er 2023 auch als Jahr des Übergangs: „Es ist nicht mehr die Renditekompression, die den Markt treibt. Es ist die Nutzerorientierung. Ich muss meine Immobilie bewirtschaften; ich muss schauen, dass der Nutzer zufrieden ist und auch die Zahlungsbereitschaft des Nutzers da ist.“ Projektentwicklungsaktivitäten werde es geben, aber die werden sich vor allen Dingen auf den Bestand beziehen. „Objektmanagement – dahin wird sich der ein oder andere Asset Manager oder Investmentmanager neu erfinden müssen.“


In der anschließenden Diskussion betonte Martina Williams von JLL: „Der Bürovermietungsmarkt hat in 2022 keine Schwäche gezeigt.“ In den sieben deutschen Hochburgen seien Büroflächen um 6,5 Prozent mehr umgesetzt worden als im Vorjahr. Klar erkennbar für sie: Der „Flight to Quality“, besonders „hochklassige ESG-konforme Büroimmobilien werden von den Unternehmen nachgefragt. So gesehen differenziere sich der Markt. Es gebe einerseits steigende Spitzenmieten und Mietsteigerungen in Top-ausgestatteten Objekten, während Leerstandsquoten steigen. „Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen“, bringt sie es auf den Punkt. 

Das Volumen des Investmentmarkts in Deutschland 2022 lag 66 Milliarden Euro über alle Assetklassen. Williams Urteil: „Ein Einbruch von 41 Prozent und damit eine scharfe Abbremsung. Es wird sich dort vieles rekalibrieren.“ Abschlüsse verzögern sich, es gebe ein neues Spannungsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer. Alles müsse sich neu einpendeln.

 

Wohnungen: Kaum noch Neubauprojekte


Meno Requardt von Volkswagen Immobilien und Vorsitzender des ZIA Ausschusses Corporate Real Estate wurde von Glatte auf die Lage am Wohnungsmarkt angesprochen. Hierzu berichtete Requardt: „Wir haben mehr als 9.000 Wohnungen in Wolfsburg und dort eine stabile Nachfrage. Allerdings mit verschiedenen Wellenbewegungen in der Nachfrage. Durch Corona blieben die Einzimmerwohnungen leer, da die Pendler wegfielen. Mit steigenden Zinsen kam der Run auf große Wohnungen, weil sich Leute keine Häuser mehr kaufen.“ Der Ukrainekrieg habe wieder die Nachfrage nach kleineren Wohnungen angekurbelt. Anders sehe es aber bei Investitionen aus: „Neubauprojekte, unsere und von anderen, werden neu gerechnet und bewertet – und dann eingefroren, weil man damit das Geld nicht mehr verdienen kann.“ VW Immobilien habe mehrere Neubauvorhaben zurückgestellt, da die am Markt erzielbaren Mieten unter denen liegen, die man in einer Kostenmietberechnung bräuchte.


An dieser Stelle hakte Glatte ein: „Ist das nicht eine tödliche Spirale, in die wir hier hineinrutschen? Die Auflagen werden immer mehr, die Baukosten treibt es weiter in die Höhe, dann die Zinssituation. Nun kommen zusätzliche Sanierungsauflagen obendrauf. Es ist doch kein Wunder, dass Stillstand herrscht ...“ Hierzu Requardt: „Wir müssen umdenken, damit gut funktionierende und sparsame Gebäude auch in der aktuellen Zinssituation wirtschaftlich errichtet und vermietet werden können.“ Da sei auch der Gesetzgeber gefordert, etwa mit Förderungen. Seiner Meinung nach müssten auch die „sehr hohe Grundstückspreise“ nachgeben, um wirtschaftlich Wohnungen zu bauen. 


Williams berichtete, dass laut Branchenverband der Auftragseingang im deutschen Baugewerbe im Dezember 2022 um 30 Prozent zurückgegangen sei. Konsequenz: „In diesem Jahr laufen noch die alten Aufträge, dann kommt es zu der Bremse.“ Die große Gefahr bestehe nun darin, sollten die mühsam angeworbenen Mitarbeiter in der Bauindustrie freigesetzt werden, dass es laut Bauindustrie sechs bis acht Jahre brauchen wird, um das zu revidieren“.

 

Gemeinsame Nutzerkonzepte: Man spricht wieder miteinander


Glatte leitete zu Büroimmobilien zurück: „Diese Assetklasse ist erstaunlich stabil geblieben. Dabei kenne ich keinen Corporate, der nicht seinen Flächenbedarf reduziert. Wie erklärt sich dieser Widerspruch?“ Hierzu Carstensen: „Die Core-Immobilien in guten Lagen haben sich als resilient gezeigt. Die Nachfrage nach guten Büroflächen ist nach wie vor vorhanden, gerade in Innenstadtlagen, wo nichts duplizierbar ist.“ Zwar reduzieren die Corporates, stärken aber die Innenstadtlagen, die mit Objektqualitäten. Es sei zu erwarten, dass Büros auch weiterhin eine gefragte Assetklasse darstellen, allerdings nicht auf dem Niveau der vergangenen Jahre.

Williams erläuterte, wie sich das Anforderungsprofil an Büroflächen geändert habe: „Vor der Pandemie gab es bei Unternehmen in Deutschland noch viele Büroräume oder vor allem Open Space. Nun peilen sie einen Flächenmix an, um flexibel zu bleiben.“ Schließlich bevorzugen laut JLL-Studie „Future of Work Survey“ 60 Prozent der Mitarbeiter, die im Büro arbeiten, die hybride Arbeitsweise: „Und dort vorwiegend das Büro und zuhause – weniger die oft zitierten dritten Plätze. Büros werden also weiterhin Bestand haben.“ 


Hybrides Arbeiten ergebe neue Anforderungen an Lagen, weg von der Monokultur, hin zur städtischen Vielfalt – im Idealfall „in multifunktionalen Quartieren“. Hinzukämen die ESG-Anforderungen, die Konzerne sich selbst auferlegen. „Daraus ergibt sich ein Run auf qualitativ hochwertige Flächen in den Toplagen“, betonte sie. Um als Immobilienentwickler erfolgreich zu sein, ist es ratsam sich eng und vor allem frühzeitig mit den möglichen Nutzern abzustimmen, und gemeinsam Nutzerkonzepte zu co-kreieren. Dies ist besonders wichtig, gerade auch, wenn man Ankermieter gewinnen möchte.“

 

Institutionelle Investoren halten sich zurück


Glatte kam auf den Transaktionsmarkt zurück, der eine Vollbremsung hingelegt habe: „Käufer und Verkäufer haben signifikante unterschiedliche Auffassungen zu Renditen. Wie sehen dort Lösungen aus, die nicht zu deutlichen Ausfällen bei den finanzierenden Banken der Verkäufer führen?“ Carstensen gab sich skeptisch: „Solange wir auf der Zinsfront nicht eine gewisse Sicherheit haben und man weiß, in welche Richtung die Renditen gehen werden, wird die Unsicherheit weiter bestehen bleiben; zumal die institutionellen Investoren bei Immobilien aktuell sehr zurückhaltend sind.“ Williams ergänzte: „Die Mipim-Gespräche hierzu waren sehr eingetrübt, trotz des schönen Wetters in Südfrankreich. Da gibt es nichts wegzudiskutieren.“ Es sei daher wichtig, dass Finanzierungen wieder möglich gemacht werden. Eine Lösung sei, dass Investoren mehr Risiko einpreisen und dies auch von den Banken akzeptiert wird. 


In diesem Zusammenhang griff Ko-Moderator Peter Prischl das Dilemma auf: „Einerseits kommen die Leute nicht mehr ins Büro, wir benötigen also weniger Flächen. Andererseits brauchen wir die Leute im Büro, denn nur so entwickeln wir Geschäftsideen weiter und können miteinander zusammenarbeiten. Wie also können Corporates die Vermieter dazu bewegen, zu investieren?“ Hierauf Requardt: „Unternehmen wollen eher kurzzeitig mieten und flexibel sein – während der Vermieter erstmal Maßnahmen umsetzen muss und deshalb einen Mieter lange drin haben möchte.“ Sein Urteil: „Das kann man nur mit Flächen auflösen, die eine große Nutzungsflexibilität bieten, wenn der Corporate nach zehn Jahre draußen ist.“ Beide Seiten müssen daher flexibler werden, und Unternehmen müssen verstehen, dass der Vermieter mit Investitionen bei kurzen Mietlaufzeiten ein Risiko eingeht.

 

Der Ausblick


Glattes Fazit „Der Ausblick 2023 ist, freundlich formuliert, trübselig – ja eigentlich depressiv. 2024 bis 2026 soll es aber wieder aufwärtsgehen. Woher schöpfen Sie die Hoffnung?“ Laut Carstensen werde sich der Markt hoffentlich auf ein Preisniveau einigen, „auch wenn das für eine Seite womöglich schmerzhaft ausfallen wird.“ Institutionellen Investoren, Versicherungen, Pensionskassen werden zurückkehren. „Immobilien als Anlage haben ganz und gar nicht ausgedient, es ist aber alles eine Frage des Preises.“ Und durch den massiven Baustopp derzeit werden die Jahre ab 2025/26 einen ziemlich spannenden Markt erleben.


Requardts Ausblick: „Die Nachfrage bleibt hoch, bei Büros wie Wohnungen und besonders bei Logistik. Der Markt muss sich in irgendeiner Weise neu sortieren. Vor allem brauchen wir Wege und Lösungen für vermietbare Wohnungen. Die Kosten müssen runter.“ 


Neben Logistik sieht Williams besonders große Chancen bei Rechenzentren und meint abschließend: „Der Investmentmarkt hat noch eine Durststrecke vor sich, bis die Preise kalibriert sind, und Verkäufer und Käufer sich im Preisniveau gefunden haben.“


Die Präsentation des Mastertalks steht im Bereich "Rückblick" als Download zur Verfügung. 

Gebäude 4.0 – Herausforderungen bei der Integration von Smart Technology (21. Februar 2023)

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Heidelberg, 21. Februar 2023.  Helau, Alaaf, Ahoi und „alle sonstigen regional üblichen Grüße“, sandte Prof. Dr. Thomas Glatte zu Beginn des Mastertalks #26 am Faschingsdienstag in die große Online-Runde. War doch dem Organisationskomitee des Mastertalks bei der Festsetzung der Termine der heutige närrische Festtag durchgerutscht. Angesichts dessen habe man allerdings ein „besonders smartes Panel“ zusammengestellt, was begrifflich zum Thema des Mastertalks überleitete: „Gebäude 4.0 – Herausforderungen bei der Integration von Smart Technology.“ Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, übergab darauf den Staffelstab an die heutige Moderatorin Martina Williams, Head of Work Dynamic DACH/CEE bei JLL, die die Diskussionsteilnehmer vorstellte: 

  • Tobias Enders, CEO, GMS Global Media Services GmbH 
  • Frank Schröder, Leiter Facility Management, PHOENIX CONTACT Electronics GmbH 
  • Dr. Marc Gille, CEO, THING TECHNOLOGIES GmbH 

 

Tobias Enders gab den Teilnehmern an den Zoom-Bildschirmen zunächst einen Überblick über einige Grundregeln und den aktuellen Stand der Dinge und der Technik. Sein Unternehmen, die GMS Global Media Services, fokussiert sich auf Medientechnik und Unified Communication und plant Smart Buildings. Enders stellte dabei die drei Treiber vor, „die uns in jedem Projekt begegnen“: 

  • Energieeffizienz: Existiert schon seit einigen Jahren durch die Regulatorik, den ESG-Kontext und die Dekarbonisierung. Nun ist der Aspekt durch Inflation, Energiepreise und Krieg noch drängender geworden. 
  • Flächenoptimierung: „Das Thema Home Office / Hybridarbeit wird uns noch lange beschäftigen. Denn Mitarbeiter lieben es, im Home Office zu arbeiten.“ Der Umgang mit Überkapazitäten – von denen man aber nicht weiß, wie viele – ist weiterer zentraler Faktor eines jeden Projekts. Die gute Nachricht: „Da helfen ebenfalls smarte Technologien.“ 
  • Workspace Experience: „Wenn wir die Fläche auf die richtige Größe gebracht haben und wissen, welche Bereiche wir weiterhin brauchen, müssen die Büros begeistern. Wir wollen schließlich unseren Mitarbeitern ein tolles Erlebnis bieten, wenn sie ins Office kommen“, fuhr Enders fort und betonte: „Das Büro ist kein Auslaufmodell, sondern wir benötigen das Office – das sich aber ändern muss.“ Hierzu gehören zuallererst auch deren Strukturen – wo einmal mehr Technologie helfe, um diese Begeisterung auszuströmen. 


Der Mensch im Mittelpunkt 


All dies zeigt sich in der von JLL entwickelten „3-30-300-Regel“, worauf später Marc Gille eingehen wird. Der Business Case für die Einführung der Smart Technologies ergebe sich meist aus dem Wunsch nach Flächenoptimierungen. Daneben betonte Enders, dass wir zwar oft „über Leuchtturmprojekte“ sprechen, „die Neubauten, die super smart sind und herausstechen.“ Doch das eigentliche Potenzial liege im Bestand; auch wegen des geänderten Finanzierungsumfelds. Und noch ein Punkt ist ihm wichtig: „Wir sollten uns nicht primär mit der Technologie selbst beschäftigen – der Nutzer steht im Mittelpunkt.“ Entscheidend sei auch der Plattformgedanke. Man dürfe nicht für „jeden einzelnen Use Case eine einzelne App aufs Handy bringen oder einzelne Interfaces haben.“ Und auch wenn man erstmal mit Einzelprojekten loslege, solle man immer das große Ganze im Hinterkopf haben und auch auf die Skalierbarkeit achten. 


Was wären nun typische Beispiele und Nutzerbedürfnisse? Hier stellte Enders seine wichtigsten Fünf vor: 

  • Auf das Thema Flächenoptimierung zahlen Buchungssysteme ein. 
  • Das Thema Orientierung und Positionierung in den Gebäuden ist ein zweites wichtiges Thema. 
  • Schließlich stehe der Komfort im Mittelpunkt, also die Steuerung von Medien, Licht, Heizung oder Kühlung. 
  • Zugangskontrolle: „Die ist recht kompliziert, wenn man es gut machen will. Aber sie bringt ebenfalls Komfort und Prozesserleichterung. Denn Transponder werden auf diese Weise überflüssig. Alles kommt aufs Handy.“ 
  • Meetingräume, auch für die hybride Nutzung. 

 

Vom Putzroboter bis zur Kaffeemaschine – alles über eine Plattform 


Frank Schröder, Leiter Facility Management bei PHOENIX CONTACT Electronics GmbH und den Teilnehmern noch vom Mastertalk #23 zum „Krisenwinter“ in Erinnerung, wurde von Moderatorin Williams als „extrem passioniert zu diesem Thema“ ins Rennen geschickt: „Frank verantwortet bei Phoenix nicht nur den Brandschutz, die Arbeitssicherheit, den Umweltschutz und den Werkschutz, sondern auch die Gebäudeleittechnik – und zwar für Büro- und Produktionsgebäude.“ 

Wobei bei Letzterem große Anforderungen an eine anspruchsvolle Prozessumgebung bestehen – ein Anspruch, auf den Schröder gleich näher einging: „22.000 Mitarbeiter weltweit beschäftigen sich bei uns mit Produkten der Elektrotechnik im Schaltschrank und in der Verbindungstechnik. Und so wie unsere Maschinen größtenteils selbst bauen, so bauen wir auf unsere Gebäude selbst.“ Aus seiner Sicht ein großer Vorteil: „Wir planen, bauen und betreiben die Gebäude.“ Sein Unternehmen habe die klare Erwartung, diese Gebäude gut und günstig zu betreiben. „Auch 25 Jahre altes Produktionsgebäude müssen genauso digital sein wie ein Neues“ betonte er. 


Die Digitalisierung der Gebäude laufe dabei schon lange, wie er anschaulich berichtete Inzwischen gebe es dort etwa einen Datenpunkt pro Quadratmeter: „Ich weiß, wer im Besprechungsraum drin ist, wie voll er war und ob da was gereinigt werden muss – ohne dass ich reingucken muss.“ Alle vier Gebäude, egal ob Produktion oder Büro, laufen über eine Plattform. „Die Kaffeemaschine kann genauso angesteuert werden, wie die Produktionsmaschine.“ Vor allem in den Produktionsgebäuden gebe es immer mehr Sensoren und damit Informationen, so dass die Maschinen dort ständig schlauer werden, so wie die gesamte Plattform. 

 

Vermieter und Mieter mit unterschiedlichen Prioritäten 


Marc Gille ist Gründer und CEO von THING TECHNOLOGIES, eine „extrem smarte Real Estate Operations-Plattform für alle: CREMler, Immobilienentwickler, Asset Manager und Dienstleistende.“ Das Unternehmen ist mit der höchsten Punktzahl WiredScore-zertifiziert. Gille erläutert das bereits angesprochene und im weiteren Verlauf oft zitierte „3-30-300-Paradigma“. Es besagt, dass auf einem Quadratmeter Bürogebäude – grob gesehen – 3 Euro Betriebskosten entfallen, 30 Euro Miete und 300 Euro Kosten bezogen auf die Mitarbeiter entstehen, die auf dieser Fläche arbeiten. Seine Schlussfolgerung: „Daran sieht man, wer den größten Mehrwert bietet.“ Also mache es Sinn, sich den „300er-Bereich“ genauer anzuschauen. Denn das seien die Leute, die die Musik und damit den Fortschritt bezahlen. 


Daher müssen die Mitarbeiter im Büro unbedingt bei allen smarten Vorhaben mit einbezogen werden – mit all den Aspekten zum Wohlbefinden, Effizienz und der Kollaboration. Die einzelnen Akteure setzen dabei allerdings unterschiedliche Prioritäten: „Die Corporates achten auf die 300er- und die Gebäudebetreiber auf die 3er-Skala.“ 

 

Betriebsrat und Datenschutz –  oft vorgeschoben, um nichts zu tun 


Daran schloss sich die von Co-Moderatorin Anke Gerlach zitierte Frage an: „Wer sollte denn die Investitionen durchführen und die Plattformen einführen? Mieter, Vermieter, Eigentümer oder gibt es künftig die sich allzeit synchronisierenden Systeme, die Mieter und Vermieter mitbringen?“ Darauf Enders: „In der Praxis erleben wir beides. Sowohl Gebäudeentwickler, Eigentümer oder Investoren versuchen, Plattformen zu implementieren und Werte für die Nutzer zu schaffen.“ Gleichzeitig sieht er bei den Corporates den Trend, dass sie ihre eigene Plattform etablieren wollen. „Beide Wege können funktionieren. Wichtig ist nur, dass die jeweilige Technik integriert werden kann. Die Plattform muss also eine gewisse Offenheit haben.“ 


Die nächste Frage aus dem Teilnehmerkreis drehte sich um die Einbindung von Betriebsrat & Co. Hier berichtete Schröder: „Als Industrieunternehmen sprechen wir das Wort ‚Industrie 4.0‘ schon seit Jahren aus. Das Management ist sowieso Vorreiter und die Mitarbeiter bis zum Betriebsrat sind ebenfalls sehr affin. Datenschutz und Betriebsrat sind extrem wichtig, aber kein Feigenblatt, um alles anzuhalten.“ Denn dies seien „genau die Schwierigkeiten, die wir in Deutschland oft haben.“ Da werde oft überdramatisiert. 


Dazu passte die Frage: „Wie werden Enduser im Büro bei der Planung von Smart Building-Lösungen berücksichtigt?“ Schließlich gebe es manchmal Diskrepanzen zwischen dem, was man denkt, was sinnvoll ist und was am Ende die Leute nutzen wollen? Darauf wieder Schröder: „Wenn wir solch ein Gebäude bauen, sitzen wir ständig mit den Mitarbeitern zusammen – und zwar bevor man anfange. Da geht es um Raumkonzepte und konkrete Wünsche. Der Mitarbeiter muss den Mehrwert erkennen.“ 


Dem schließt sich Enders an: „In der Vergangenheit wurde das oft ohne den Nutzer oder sogar vom Nutzer weg entwickelt. Das dreht sich gerade massiv, weil jeder die Problematik hat, das wir nicht genug Leute auf die Fläche zurückkommen.“ Den Aspekt des möglichen Flächensterbens führte er weiter aus: „Wir wissen nicht genau, wie viel Fläche wir zukünftig brauchen. Wir haben deutlich zu viel Kapazität. Denn die Leute kommen nicht wieder oder sind im Home Office. Daher müssen wir mit den Büros Attraktivität schaffen – und das geht nur mit Nutzern im Fokus.“ Dazu gehöre auch, Digitallösungen nicht allen pauschal zu diktieren: „Manche wollen den Lichtschalter beibehalten.“ Auch solle man die Dinge schrittweise einführen und nicht immer gleich den Big Bang ausführen; erst Recht nicht, wenn man gerade in ein neues Gebäude zieht. Das allein sei schon eine große organisatorische Angelegenheit. „Da muss man nicht gleich noch das Digitalisierungsthema oben draufpacken.“ 

 

Smarte Technologien nutzen auch Unbefugte 


Wie aber schützt man sich vor Leuten, die sich ohne Keycard und App Zugang verschaffen –durch die nun mannigfachen neuen Schnittstellen und in krimineller Absicht? Hierzu fragte Moderatorin Williams: „Es ist ja relevant, dass nicht über den schwächsten Link etwas reinkommt, was Euch schädigen könnte. Wie schützt ihr Euch und muss dazu auch das Cyber Security-Budget aufgestockt werden?“ Laut Enders ist Cyber Security ein zentrales Thema, das alle Gebäudebereiche umfasst. Lakonisch brachte er es auf den Punkt: „Manche denken, sie kaufen einen Aufzug. Dabei ist das ein Computer.“ Auch dürfe man nicht denken, dass man alles einbaut, dann alles fertig sei und bis in alle Ewigkeit laufe. „Vielmehr ist der weitere Betrieb entscheidend. Da geht es um Security Patches oder Upgrades dieser Technologien.“ Auch für Gille gehört der IT-Schutz „zu einem nicht geringen Prozentsatz zu unserer Arbeit dazu. IT-Systeme sind angreifbar. Da habe ich tägliche Sicherheitsarbeit zu leisten mit Patches, Prüfungen und vielem mehr.“ 

 

Schlaue Gebäude 


Williams zog schließlich als Fazit: „Ich hab mitgenommen: Das Mindset muss sich ändern. Wir müssen Gebäude als Teil des IT-Systems denken. Der Business Case rechnet sich auch für Bestandsgebäude. Und wir haben auch festgestellt, dass der Business Case weit mehr als gebäudespezifische Faktoren umfasst, sondern vor allem auch die Nutzer.“ Ihre Abschlussfrage an alle drei: „Gebäude 4.0 – wo steht Deutschland?“ 


Enders betonte dabei den Anwendernutzen: „Wenn der stimmt, entwickeln sich die Dinge von ganz allein.“ Gille schloss sich dem an: „Wichtig ist, zu zeigen, was funktioniert, und zwar über Herstellergrenzen hinweg. Denn es wurde schon eine Menge erfolgreich umgesetzt.“ Und Schröder: „20 Prozent der Kosten entstehen beim Bau, 80 Prozent im Betrieb. Kein Investitionsgut haben wir so lange, wie eine Immobilie. Viele gucken aber nur vorn auf den Planungs- und Bauprozess – und nicht darauf, wie es danach weitergeht. Wir brauchen also Leute, die das ganzheitlich sehen. Auch in Hinblick auf den CO2-Fußabdruck.“ 


Zu guter Letzt meldete sich wieder Professor Glatte mit seiner Kernbotschaft des heutigen Mastertalks: „Da die Maschinen in der Produktion immer schlauer werden, muss auch das Gebäude, das sie umgibt, immer wieder schlauer werden.“ 


Die Präsentation des Mastertalks steht im Bereich "Rückblick" als Download zur Verfügung. 

Neo Office Impact Bench 2022: Kostenexplosion und Sinnkrise: Realitätscheck & Benchmarks mit dem NEO Office Impact Bench (29. November 2022)

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Heidelberg, 29. November 2022. Ganz Deutschland stöhnt über die Inflation – und so geht der Preisauftrieb auch an den Betriebskosten für Büroimmobilien nicht vorbei. Grund genug für den Mastertalk, sich dieses Thema einmal genauer anzusehen: "Kostenexplosion und Sinnkrise: Realitätscheck & Benchmarks mit dem NEO Office Impact Bench" hieß daher die 25. Ausgabe am 29. November 2022. Zur Erörterung dieser Gemengelage hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, wie immer Vertreter aus Theorie und Praxis vor die Zoom-Kameras geholt: 

  • Andreas Kühne, BAUAKADEMIE  Gruppe, Sprecher der Geschäftsführung 
  • Sandra Mengel, alstria office REIT-AG, Office Head Real Estate Operations 
  • Dave Gebauer, ENGIE Deutschland, Regionalleiter Facility Solutions 

 

Taufrische Ergebnisse – exklusive Präsentation des NEO Office Impact Bench 2022

Als Hauptredner – und von Glatte als „Mr. Benchmark“ vorgestellt – präsentierte Andreas Kühne von der BAUAKADEMIE exklusiv die frischen Ergebnisse des Betriebskosten-Benchmarks für Büroimmobilien: „Unser geliebtes Büro ist ein bisschen in die Sinnkrise gekommen, weil nicht mehr so viele Menschen hingehen, wie das vor der Pandemie war“, führte er seinen Vortrag ein. Doch als wäre das nicht schon schlimm genug, „fliegen uns auch noch die Kosten um die Ohren“. Bevor er die Zahlen offenlegte, betonte er jedoch, wo Büros als Immobiliengattung stehen: „Büros sind aus Investorensicht immer noch die Anlageklasse Nummer 1. Und für die Industrie und die Öffentliche Hand sind es nach wie vor die Schaltzentralen der Macht.“ Das Büro sei ein wichtiges Asset und deshalb nehme er das in einem neuen Format mit dem NEO Impact Bench – dem Nachfolger des OSCAR's – genauer unter die Lupe. NEO soll dabei „eine Art Realitätscheck“ sein und mit zunehmender Reife auch ein echter Benchmark. 


Für die aktuelle Untersuchung wurden Daten für 815 Gebäude von 40 Organisationen ausgewertet. Im Mittel sind die Immobilien um die 25 Jahre alt, 61 Prozent liegen nicht in den fünf großen deutschen Metropolen, sondern an B- oder C-Standorten, flächenmäßig in etwa gleich verteilt auf Objekte von Selbstnutzern und Investoren. Dabei konnte sich Kühne einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: „Selbstnutzer haben ihre Daten besser im Griff als die meisten Property-Managementgesellschaften.“ 

 

Betriebskosten: ein Plus von 37 Prozent 


Das Kernergebnis: Seit Anfang der Pandemie haben sich die Betriebskosten um 37 Prozent erhöht. Seine persönliche Einschätzung dazu: Ich mache den Job schon eine Weile. Das war bisweilen ein langweiliges Thema, weil sich die Zahlen jedes Jahr nur um ein bis zwei Prozent verändert haben.“ Nun aber sei da eine große Dynamik drin. Und das, obwohl ein Großteil der Menschen vom heimischen Schreibtisch aus gearbeitet habe. „Das ist das Verrückte, wo wir uns die Augen gerieben haben. Wir kennen das ja von zu Hause, wenn wir in den Urlaub fahren. Dann machen wir das Haus so dicht, dass die Kosten nicht weiterlaufen.“ 

Bei Bürogebäuden sei das aber so nicht möglich, da zwei Drittel der Kosten Fixkosten sind, getrieben durch die Betreiberverantwortung und die Grundversorgung. „Als Vermieter beispielsweise muss man das Gebäude aufmachen und dann laufen die Kosten weiter. Da ist es egal, ob jemand ins Büro kommt oder nicht.“ Bürogebäude laufen immer auf Standby und werden nicht flexibel zur tatsächlichen Auslastung gefahren – oft zurückzuführen auf fehlende Steuerung in den Gebäuden und starre Haustechnik.“ Die einzige echte Variable in Relation zur Belegung ist der Verbrauch bei Wasser und Abwasser – weshalb auch im Jahr 2021 nach der Rückkehr der Angestellten ins Büro der entsprechende Posten gestiegen ist. Wo kommt nun der allgemeine Preisanstieg her? Zum guten Teil ist er auf Energiekosten zurückzuführen, aber auch auf Corona-Hygienemaßnahmen sowie gestiegene Bau- und Personalkosten. 

 

Sorgenthema Büroauslastung 


Für Kühne ein Sorgenthema: die Büroauslastung. 2019 habe kaum einer mobil gearbeitet, 2020 war das Jahr mit der ersten und zweiten Corona-Welle, „da ging die Zahl hoch bis auf 80 Prozent.“ Aktuell werde es auf 46 Prozent mobiles Arbeiten hinauslaufen: „Preist man hier nun Krankheit und Urlaub ein, ergibt sich eine tatsächliche Anwesenheitsquote der Mitarbeiter von ungefähr 36 Prozent.“ Dies müsse man nun in Bezug zur Fläche setzen, die ein Arbeitsplatz benötige. Laut seinen Daten sind es im Durchschnitt 20 Quadratmeter Mietfläche (MFG) beziehungsweise 38 Quadratmeter Nettoraumfläche (NRF). 


Die jährlichen Betriebskosten pro Mitarbeiter liegen bei rund 2200 Euro. Paradoxerweise seien dabei in den Gebäuden, die älter als 25 Jahre sind, die Betriebskosten niedriger. Sie liegen dort bei 48 Euro pro Quadratmeter, in den jüngeren Gebäuden bereits bei 67 Euro, was besonders auf die aufwändigere Haustechnik zurückzuführen sei. Allerdings haben die älteren Gebäude mit 46 Quadratmetern pro Mitarbeiter / Schreibtisch eine schlechtere Flächeneffizienz. Kühnes Schlussfolgerung: „Wir müssen die älteren Gebäude fit machen, um dort neue Arbeitswelten zu ermöglichen.“ 


Das nächste sensible Thema aus seiner Sicht und gleichzeitig der letzte Punkt in Kühnes Ausführungen: Der Energieverbrauch und entsprechende CO2-Fußabdruck: Der mittlere Energieverbrauch als Summe aus Strom, Wärme und Kälte beträgt 183 Kilowattstunden je Quadratmeter NRF bei den Selbstnutzern. 100 davon entfallen auf die Wärme als Hauptverbraucher. Bei den Angaben der Investoren ist nur der Allgemeinstrom fürs Gebäude bekannt – nicht der konkrete Verbrauch der Mieter/ Nutzer selbst. 

 

„Schockierende“ Quadratmeter-Zahlen 


Verwunderung rief die beeindruckende Zahl von 38 Quadratmetern NRF pro Mitarbeiter hervor, wie Moderator Glatte aus entsprechenden Kommentaren zitierte: „Viele kennen nur um die 20.“ Doch Kühne betonte, dass es der Durchschnitt in dieser Gebäudeklasse sei, obwohl es nach Branche, Standorten und Gebäudetyp differiert. Auch Co-Moderator Sven Wingerter, Geschäftsführender Gesellschafter des WorkPlace-Beratungsunternehmens Eurocres, bestätigt aus seiner Praxis die Größenordnung und nennt sie „schockierend“. 


Auf die Frage, wie man angesichts der um 37 Prozent gestiegenen Betriebskosten die Büroflächen besser und intelligenter steuern und auf temporäre Leerstände reagieren könne, antwortete Dave Gebauer, Regionalleiter Facitlity Solutions bei ENGIE Deutschland: „Hier gibt es bislang erst einige Beispiele, die allerdings zeigen, dass man die wenigen Mitarbeiter etwa am Freitag auf einer von fünf Etagen konsolidieren und im Rest den Energieverbrauch herunterfahren kann.“ Das funktioniere jedoch nur in entsprechend ausgestatteten Gebäuden (in der Regel Neubauten) oder man müsse so etwas zukünftig bei der Transformation im Bestand berücksichtigen. Konterkariert werde die Einsparung in solch modernen Gebäuden aber dahingehend, dass die dort eingesetzte ausgefeilte Haustechnik wiederum mehr Energie benötige, wobei es hier für die Zukunft wichtig sein wird, die richtige Dosis zu finden. 


Wingerter setzte den Hebel woanders an: Grundsätzlich gehe es ihm auch darum, „wie wir den Bestand besser nutzen können und weniger bauen.“ Dabei wagte er die These, dass wir „ab sofort gar nicht mehr neu bauen, sondern Leerstände aktivieren und dort die Flächen aufwerten und besser auslasten.“ Wingerter: „Wir haben in Deutschland so viel ungenutzte Büroflächenreserven, die es jetzt zu aktivieren gilt, bevor wir unsere Klimabilanz durch weitere Neubauten belasten. Im Bestand liegt die große Chance für unsere Klimaziele.“ 

 

Wie geht Mehrfachnutzung? 


Daneben stand die Frage im Raum, ob man Büroimmobilien nicht durch verschiedene Organisationen mehrfach nutzen könne. Sandra Mengel, Office Head Real Estate Operations bei alstria office REIT-AG – ein Unternehmen, das Büro- und Gewerbeimmobilien kauft und verwaltet –, hält das prinzipiell für eine gute Idee: „Aber wenn ein Unternehmen diese Fläche gemietet hat, kann es sie schlecht jemand anderem zur Verfügung stellen. Da kommen Datenschutz, IT-Sicherheit, Arbeitszeiterfassung und all diese Dinge auf den Tisch. Dann müssten die Vermieter diese Etagen wie beim Coworking offen und buchbar machen – was wiederum schwer geht, da jeder Investor möglichst langlaufende Mietverträge haben möchte.“ 


In Bezug auf die Auslastungsquote ein bedeutender Aspekt: Wie entwickelt sich überhaupt die allgemeine Büronutzung? Laut Mengel werden die Firmen künftig weniger Bürofläche anmieten: „Das sehen wir schon in Frankfurt und bundesweit. Und in den Objekten in der Peripherie wird es leerer, während in guten Lagen nach wie vor Büros gesucht werden.“ Am Ende werde man weniger Raum pro Firma brauchen: „Da können wir uns darauf einstellen mit flexiblen Konzepten oder mit Konferenzräumen, die für alle zugänglich sind, sodass die Nutzung erhöht wird. Denn wer braucht permanent einen Sitzungsraum für 30 Leute?“, fragt sie rhetorisch. 


Gebauer berichtet, dass solch eine Lösung mit seinem Berliner ENGIE-Büro künftig in idealer Weise praktiziert werde – mit einer „komplett abgeschottete Bürofläche, die jetzt untermietetet wird“. Die Firma für Gesundheitsmanagement nutzt den sonst leerstehenden Konferenzbereich am Wochenende für Seminare. „Vor einem Jahr habe an so etwas niemand gedacht“, freut er sich. Nun hoffe er, dass das Beispiel Schule mache. Mengel ist da skeptisch: So viele Mietgesuche gebe es derzeit gar nicht und die eigentlichen Nutzer möchten es auch gar nicht: „Zumindest Unternehmen, deren Hauptgeschäft nicht Immobilien sind, verfolgen solche Gedanken der Zweit- oder Drittnutzung nicht.“ Sie schauen sich eher die generellen Bürokonzepte an und die Quote der Menschen, die im Büro und zu Hause sitzen. „Viele werden mit Sicherheit Büros reduzieren – und das möchten die Eigentümer und Makler natürlich nicht so gerne hören. Der Kuchen wird definitiv kleiner“, so Mengels Fazit. 


An dieser Stelle erinnerte Glatte an den allerersten Mastertalk zu Beginn der Pandemie. Hier hatte Eurocres-Chef Wingerter bereits von der Aufwertung des „Büro als Lagerfeuer“ geredet und gleichzeitig prognostiziert, dass 20 Prozent der Flächen wegfallen. „Viele winkten ab, doch nun setzt diese Entwicklung wirklich ein“, so Glatte 

 

Wie geht es weiter? 


Glattes Schlussfrage angesichts der explodierten Betriebskosten: „Wir sind jetzt auf einem anderen Level. Wird es dabei bleiben?“ Laut Mengel werden die gestiegenen Energiekosten auch wieder etwas heruntergehen. „Oder man kann die Betriebskosten senken, wenn man ein Gebäude revitalisiert.“ Hingegen stiegen anderswo durch die Mindestlohnanhebung die Ausgaben, hinzukommen höhere Versicherungskosten. Obendrein müsse man die Grundsteuerreform abwarten. Ihr Fazit: „Realistische Spielräume gibt es nur, wenn Gas- und Strompreise sinken. Und irgendwann kann man beim Betrieb auch nicht mehr sparen, sonst geht das zulasten der Gebäudequalität. Das Niveau von vorher werden wir aber unabhängig davon nie wieder erreichen.“ 


Gebauer konnte sich größere Abwärtsbewegungen ebenfalls nicht vorstellen. Chancen gebe es nur mit gutem Energiemanagement und selbstgenutzten Erneuerbaren Energien. „Man hat dann zwar eine Investition, dafür aber nicht mehr die Volatilität des Gasmarkts.“ Kühne verwies auf jüngste Tarifabschlüsse für das Reinigungs- und Bewachungsgewerbe in Bayern und Baden-Württemberg, die die Personalkosten steigen lassen: „14 und 20 Prozent mehr Lohn ab sofort.“ Auch im nächsten Punkt – den Sachversicherern – bestätigte er Mengel: „Die Allianz hat vor Kurzem die Preise angehoben, die anderen werden nachziehen.“ 


Zu guter Letzt rief Glatte dazu auf, beim Datensammeln mitzumachen und die nächste Untersuchung zu unterstützen: „Wir haben erst 12 Millionen von 400 Millionen Quadratmetern in Deutschland. Da ist noch sehr viel Luft nach oben.“ Mit diesen Worten endete der Mastertalk in diesem Jahr, doch das Team um Glatte ist schon dabei, „das Programm für 2023 zu stricken.“ Im Namen des kompletten Organisationskomitees wünschte er allen „ein gesegnetes Weihnachtsfest“ und ein hoffentlich gesundes, erfolgreiches und – im Sinne der Betriebskosten – wenig kaltes neues Jahr. 
 

Die Präsentation des Mastertalks steht im Bereich "Rückblick" als Download zur Verfügung. 

Endlich wieder Zinsen – Der Einfluss von aktueller Inflation und Zinspolitik  auf die Immobilienbranche (25. Oktober 2022)

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Heidelberg, 25. Oktober 2022. Jahrelange waren die Zinsen im Keller – sowohl für Sparer als auch für die Immobilienwirtschaft, die auf diese Weise günstig zu Geld kam. Nun hat sich der Wind gedreht: Kleinsparer freuen sich, dass es wieder Zinsen gibt. Für die Branche aber sind die Folgen gravierend. Wie also geht sie mit den neuen Vorzeichen um? „Endlich wieder Zinsen – Der Einfluss von aktueller Inflation und Zinspolitik auf die Immobilienbranche“, lautete daher das Thema des Mastertalks Real Estate #24. Zur Beantwortung hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, erneut Vertreter aus Theorie und Praxis eingeladen: 

  • Helge Scheunemann, Head of Research Germany, Jones Lang LaSalle (JLL) 
  • Johannes Seidl, Leiter Portfoliomanagement and Financing Real Estate, Wealthcap 
  • Gerald Krebs, Finanzvorstand, Immobiliengruppe Rhein-Neckar 

 

„Bitte erleuchten Sie uns“, bat Glatte sogleich Helge Scheunemann, Head of Research Germany bei JLL, um eine Einführung in die aktuellen Daten und Fakten. Und was das Publikum von seiner knapp halbstündigen Präsentation zu erwarten hatte, ließ bereits das Titelbild erahnen: aufziehender Sturm; am Horizont nur schmales, fahles Sonnenlicht. Scheunemann machte dann auch sofort klar, wie er die Lage für die Branche sah: „Es gibt nicht viel Positives. Das Zinsumfeld ist sehr herausfordernd.“ Obendrein befinde sich die Welt im Krisenmodus: Konjunktur, Klimakrise, Konflikte, Krieg, Kapazitätsengpässe, „Korona“, Kosten. Jedes der sieben „K“ allein hätte schon zur Krise gereicht. „Aber nun kommt alles zusammen, und es ist auch alles miteinander verknüpft.“ 

 

Inflation macht Menschen am meisten Angst 


Gleichwohl verdeutlichte Scheunemann, dass die Situation sehr komplex sei, „gerade auch für uns Researcher“. „Die Unsicherheit ist groß“, unterstrich er. Bezogen auf die harten Umfeldfaktoren, sagte Scheunemann: „Die Inflation hat mit zehn Prozent den höchsten Wert seit Jahrzehnten. Und deshalb schlägt die Inflation auch alles, was die Menschen derzeit umtreibt.“ Wie entwickelt sich nun die Inflation weiter? Sind wir schon am Höhepunkt angekommen? Eine schwierige Frage, gerade auch für ihn als Researcher. Schließlich würden jeden Monat die Inflationsprognosen erhöht, die Dauer der großen Welle nach hinten verschoben. In jedem Fall werde es „noch länger dauern, bis wir wieder auf einen normalen Inflationspfad einschlagen können“, so sein vorsichtiger und abwägender Ausblick. Damit meinte er „weit bis ins Jahr 2023“. Dann gebe es einen Rückgang, auch wegen statistischer Basiseffekte. 


Zudem seien manche Preissignale widersprüchlich: Der Gaspreis habe bereits wieder nachgelassen. Gleiches gelte für Weizen oder die für die Immobilienbranche wichtigen Materialien Holz und Stahl. Ebenso habe sich der Kupferpreis – ein traditioneller Frühindikator – deutlich reduziert. Dem stehen allerdings gestiegene Erzeugerpreise von 48 Prozent im September gegenüber. Die Frage sei, inwiefern sie an die Verbraucher weitergegeben werden. Daneben sei der Preisrückgang bei vielen Produkten gerade als Zeichen für eine rezessive Phase und geringe Nachfrage zu sehen. In puncto Rezession seien die „Aussichten für Deutschland negativ“. Darauf deuten viele Indikatoren hin. Dies werde auch durch die EZB befeuert, deren Inflationsbekämpfung durch das Anziehen der Zinsschraube vereinfacht nach dem Motto laufe: „Lieber Rezession als Inflation.“ 

Was bedeutet die Zinswende nun für die Immobilienbranche? In erster Linie steigende Kosten. Zusammen mit den ohnehin explodierten Materialpreisen und der Mangelwirtschaft belaste dies die Bauwirtschaft. Folge: Es werden viele Aufträge storniert. Zudem fehle es der Zielgruppe an Geld. 

Potenzielle Käufer verfügen nun über weniger Kaufkraft – was sich direkt auf dem Immobilienmarkt bemerkbar mache. Insgesamt gebe es auch ein „limitiertes Transaktionsgeschehen.“ Die Zeit bis zum Abschluss einer Transaktion habe sich verdoppelt. „Prozesse werden auch abgebrochen“, berichtete Scheunemann. Und dies liege neben den Bau- auch an den Finanzierungskosten: Beim Zins herrschen eine „enorme Volatilität und tägliche Veränderungen.“ Trotzdem sei das Transaktionsvolumen mit 17 Milliarden Euro im dritten Quartal besser als im Zweiten gewesen, also „ganz gut“. Fürs gesamte Jahr rechne man mit 70 Milliarden Euro. „Angesichts der Lage ebenfalls ordentlich“, aber weit hinter den 111 Milliarden Euro von 2021 und unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 72 Milliarden Euro. 

 

Projektentwicklung stockt 


Die Entwicklung künftiger Projekte stocke daher nun. Denn „für Fremdkapital sind die Kosten unerschwinglich im Vergleich zu den Renditen“, unterstrich Scheunemann. Fremdfinanzierung falle fast ganz aus. Nur wer auskömmlich Eigenkapital habe, gehe noch Projekte an; wenn überhaupt, dann nur mit ganz geringer Fremdkapitalquote. Was die Mieteinnahmen anbelangt, können angesichts der gestiegenen Kosten Indexklauseln ein „Werttreiber für Immobilien sein“. Index- oder Staffelmieten finden sich in 90 bis 95 Prozent der Gewerbemietverträge, wobei es für die Indexierung über 100 verschiedene Arten gebe, meist aber jene, bei der der amtliche Preisindex eins zu eins verwendet werde. 

Daneben verzeichnet der Markt zunehmende Leerstände – aber zugleich auch steigende Mieten. Dies zeige, dass sich der Markt stark ausdifferenziere: „Die Nutzer gehen auf Top-Lagen und gute Immobilien. Im Wettbewerb um die besten Talente wird investiert, um ‚das Büro‘ attraktiv zu halten“, beleuchtete Scheunemann abschließend eine positive Seite des aktuellen Marktgeschehens. Gleichzeitig gebe es – vermeintlich widersprüchlich – bei den B-Lagen höhere Renditen. Aber nur, weil die Kaufpreise gefallen sind. 

 

Mehr Mieteinnahmen – dafür aber höhere Kosten 


Moderator Glatte bedankte sich für den „interessanten Einblick – eine Steilvorlage, nun bei den Kapitalanlegern nachzufragen ...“ Johannes Seidl, Leiter Portfoliomanagement and Financing Real Estate bei Wealthcap, einem Anbieter offener und geschlossener Immobilienfonds, fragte er nach den Auswirkungen der Indexmiete. Seidl bestätigte, dass dies die Inflationsrate durch die Indizierung zu höheren Einnahmen bei den Fonds führe: „Es kann sogar bei einigen Fonds mehr ausgeschüttet werden als prognostiziert.“ Da sei ein gewisser Inflationsschutz vorhanden. Dabei dürfe man aber die Zinsen und generellen Mehrkosten nicht ausblenden, die dem als Belastung gegenüberstehen. 


Aus der Anlegerperspektive könne er berichten, dass die Anfrage noch da sei. „Aber deutlich selektiver. Es wird mehr abgewartet.“ Die Investmentperspektive ist dagegen weniger rosig: „Die Zinsen sind gestiegen. Bei Käufern mit Fremdkapitaleinsatz sieht die Kalkulation sofort anders aus. Wir müssen den Bleistift spitzen.“ Denn die Renditeerwartungen der Anleger seien nicht gesunken. Immer ein Konkurrenzprodukt und Maßstab hier: US-Staatsanleihen. „Wir sind daher aktuell in der Findungsphase, der Markt nivelliert sich“, so Seidls Zwischenfazit. Zudem können die Zinsen auch weiter steigen. Am Markt herrsche eine große Unsicherheit. „Kurzfristig wird die Zahl der Transaktionen voraussichtlich nicht wieder steigen.“ 


Wealthcap gehe es dabei gut, man sei zu 96 Prozent vermietet. Die Realisierung von Mietsteigerungspotenzialen erfordert Investitionen. Auch er bestätigte, dass die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Flächen ungebrochen sei, insbesondere in Verbindung mit ESG-Konformität. Allerdings werden durchaus die Flächen reduziert. „Qualität gewinnt am Ende“, betont er. 

 

Flaute auch bei Wohnimmobilien 


Gerald Krebs, Vorstand der Immobiliengruppe Rhein-Neckar, berichtet zum Wohnsegment, dass auch hier das Angebot stark zurückgehe, ebenso die Nachfrage nach Grundstücken.“ „Alles ist sehr verhalten, jeder wartet ab.“ Dabei bestehe vor allem bei den unteren Preissegmenten ein enormer Zuwanderungsdruck. Hier droht durch die Zinswende ein Dominoeffekt: „Einstige Kaufwillige sitzen weiter in Mietwohnungen“, ergänzte Scheunemann. 

Zurück zu Gewerbe- und Büroimmobilien. Hier werde besonders die Geschwindigkeit des Zinsanstiegs „als schlimm“ angesehen: „Gerade das Tempo bei der Zinserhöhung hat viele überrascht. Seidl: „Und durch die Höhe der Zinsen gibt es keinen positiven Leverage-Effekt mehr. Wer jetzt noch ausreichend Eigenkapital hat und einsetzt, hat daher eine gute Verhandlungsposition. Hierzu gehören etwa Versicherungen und vereinzelt auch offene Immobilienfonds. 


Co-Moderatorin Martina Williams, Head of Work Dynamic DACH/CEE bei JLL, fragte, wie es angesichts dieses Marktumfelds um das Thema ESG stehe. Seidl dazu: „ESG wird jetzt sogar noch wichtiger. Denn es wird noch stärker auf die Nebenkosten geachtet.“ Wer das anbieten könne, habe einen klaren Vorteil – abgesehen vom ökologischen Gedanken. „Aber“, betonte er: „Es kostet richtig Geld, um die Investitionen zu stemmen. Und mit Einmalinvestitionen ist es nicht getan. Die Anforderungen werden weiter zunehmen.“ Für Bestandhalter werde dies ein wichtiger Bestandteil. Wealthcap mache auf diesem Gebiet in jedem Fall konsequent weiter. Auch aus Sicht von Krebs und der Wohnungswirtschaft fordere ESG enorme Liquidität: „Viele warten hier noch auf passende Fördertöpfe.“ 

 

2023: ein Tal der Tränen 


Daraufhin läutete Moderator Glatte die Schlussrunde ein – wie immer mit dem Blick in die Zukunft: „Ist das eine schnelle, harte Abwärtsfahrt oder ein Zyklus, der uns noch länger beschäftigen wird?“ Wealthcap-Manager Seidl: „Wir haben eine deutlich komplexere Situation als bei der Bankenkrise. Die Zinsen werden vermutlich weiter steigen. Niemand weiß, wann eine Erholung eintreten wird.“ Krebs stieß ins selbe Horn: „Eine schnellere Besserung wird es nicht geben. Corona war schon ein Drama, aber da gab es eine rasche Erholung. Es wird wohl zwei, drei Jahre brauchen, um wieder in normales Fahrwasser zu gelangen.“ Researcher Scheunemann abschließend: „Das kommende Jahr müssen wir durchstehen. In einem Jahr kann man womöglich wieder optimistischer werden. Aber 2023 wird ein kompliziertes Jahr, zumal die Geopolitik kaum einzuschätzen ist.“ 

 

Der nächste Mastertalk #25 findet am 29. November 2022 statt. 

 

 

Krisenwinter 2022 - Wie können wir uns gemeinsam wappnen? (20. September 2022)

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Heidelberg, 20. September 2022. „Schön, alle nach der Sommerpause wiederzusehen.“ Mit diesen Worten begrüßte Prof. Dr. Thomas Glatte, Moderator und Initiator des MasterTalks Real Estate, seine Gäste an den Zoom-Bildschirmen. Und dass nicht nur die Sommerpause, sondern auch der Sommer vorbei ist, zeigten bereits die einstelligen Temperaturen der vorangegangenen Nächte. Passende Bedingungen also für das Diskussionsthema des 23. Mastertalks: „Krisenwinter 2022 – Wie können wir uns gemeinsam wappnen?“ 

Zur Beantwortung dieser Frage hatte Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, wie stets Vertreter aus Theorie und Praxis eingeladen:

  • Wolfgang Saam, Abteilungsleiter Klimaschutz-, Energiepolitik & Nachhaltigkeit, Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) e.V.
  • Dr. Christian Schlicht, Vorstandsvorsitzender, CoreNet Global Inc., Central Europe Chapter
  • Frank Schröder, Leiter Facility Management, Phoenix Contact Electronics

 

„Ein brennend diskutiertes Thema. Was blüht uns aus der Sicht der Immobilienwirtschaft?“, startete Glatte die Runde und übergab das Wort an Wolfgang Saam von der ZIA, in dem neben Bestandshaltern und Projektentwicklern auch Energieversorger und Energiedienstleistungsunternehmen vertreten sind. “Die Energie- und Gaskrise wird intensiv diskutiert. Die Politik muss in kürzester Zeit Maßnahmen auf den Weg bringen und diese immer wieder neu bewerten und nachjustieren. Kernfrage: Was ist das in Summe, was bedeutet das für die Immobilienwirtschaft?“, leitete Saam seinen Vortrag zu den wichtigsten (politischen) Rahmenbedingungen ein.

 

Auf dem Dekarbonisierungspfad


Geprägt werden diese durch einen „verpflichtenden Dekarbonisierungspfad“. Über das Klimaschutzgesetz gebe es bereits seit langem gesetzliche Vorgaben für die gesamte Branche, die zusammen mit „Verkehr“ und „Industrie“ einer der drei großen Verursacher von CO2 sei. Hierbei machte Saam auf die „drei Hebel“ aufmerksam, mit denen man bei Klimaschutz und Energieeffizienz ansetzen kann: die Gebäudehülle mit Fenstern, Fassaden, Dämmung; die Technik, vor allem die Heizung. Und schließlich die Nutzung Erneuerbarer Energien.


Saam blickte auf den Sommer 2021 zurück: „Da war die Energie noch vergleichsweise günstig, vor allem Gas. Diese Zeiten aber sind vorbei!“ Wobei die Preise bereits zu Beginn des Winters gestiegen seien, verschärft dann durch den späteren Angriffskrieg gegen die Ukraine. Seitdem sei der Staat extrem gefordert. „Was also kann man tun, um den entgegenzutreten?“, fragte Saam. Denn es gehe um die tatsächliche Verfügbarkeit angesichts der über Jahre gewachsenen Abhängigkeit von Russland. Gas sei derzeit noch verfügbar, werde nun aber zu drastisch erhöhten Preisen verkauft – ein weiterer Grund, Energie effizienter einzusetzen. Ohnehin, so Saam, müsse aufgrund der Vorgaben über alle Sektoren hinweg 20 Prozent der Energie eingespart werden.

 

Gaspreis hat sich verzehnfacht


Im Mittelpunkt stehen zunehmend auch die Frage und die verbundene gesellschaftliche Debatte: „Welches Komfortniveau können wir uns leisten?“ Denn das Drehen an den Stellschrauben des Dreiecks „Wirtschaftlichkeit, Klima, Sozialverträglichkeit“ habe Auswirkung auf den Wirtschaftsstandort und die soziale Lage im Land. „Nicht alle Mieterinnen und Mieter werden die Kosten stemmen können. Die Immobilienwirtschaft befindet sich hier leider in einer Sandwichposition zwischen Energielieferanten/ Stadtwerken und Mietern. Die Energiepreise steigen für Immobilienunternehmen unmittelbar, die Abschläge der Mieter sind aber meist noch für das deutlich niedrigere Preisniveau vor der Krise kalkuliert“, so Saam.


Alles in allem greife der Staat fundamental in die Energiemärkte ein und verändere deren Logik. Gleichzeitig müsse man sich überlegen, wie die Instrumente wirken. Beispielsweise habe sich die ZIA für eine Deckelung der Energiepreise ausgesprochen. „Ohne Staat wird es nicht gehen. Der Staat wird auch noch mehr machen, aber er kann nicht alles schaffen.“ Dies verdeutliche schon eine kurze Überschlagsrechnung: Die Verzehnfachung des Gaspreises bedeutet beim bisherigen Verbrauch aufs Jahr bezogen 800 Milliarden Euro. Das sei das Zweifache des Bundeshaushaltes. „Es liegt auf der Hand, dass diese Menge Gas nicht zu diesem Preis gekauft werden kann“, so Saam abschließend.

 

Aktionsplan aus dem Workshop


„Was heißt das nun für die Praxis?“ Moderator Glatte spielte den Ball sogleich weiter an Christian Schlicht, Präsident von CoreNet Global in Central Europe. Dieser berichtet von einer Veranstaltung mit rund 70 Gästen zum selben Diskussionsthema, die Ende August gemeinsam mit dem ZIA, der GEFMA (Deutscher Verband für Facility Management), dem DENEFF (Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz), der RICS sowie dem German Council of Shopping Places (GCSP) bei Phoenix Contact Electronics in Bad Pyrmont durchgeführt wurde. Ziel war die Sensibilisierung und Vorbereitung „aus Sicht des Business Continuity Managements“. Im Ergebnis wurde zusammen ein Aktionsplan entwickelt. Die beiden Herzstücke: „Alternative Versorgungslösungen beschaffen und Energieeffizienzmaßnahmen rasch und konsequent umsetzen“, betonte Schlicht. 


Zudem gelte es, auch die Nutzer der Immobilie zu sensibilisieren und informieren. Denn ein großer Hebel sei die Reduktion des Nutzerkomforts. „Durch die drastisch steigenden Energiekosten ist es unumgänglich, die Liquidität des Unternehmens im Auge zu behalten. Dies gelingt nur, wenn die Effizienzmaßnahmen einen positiven Einfluss auf das Kerngeschäft und die gesamte Unternehmung haben‘“, führte Schlicht aus. Organisatorisch müssten CREM und Facility Management mit leitenden Funktionen in den jeweiligen Krisenstab einberufen werden, wo man gemeinsam Krisenszenarien im Kollektiv übt. 

Frank Schröder, Leiter Facility Management bei Phoenix Contact Electronics, wo der Workshop im August stattfand, beleuchtete aus seiner Position an vorderster Front den Aktionsplan „Wetterfest machen“: Hier müsse man sich auf alternative Lösungsszenarien einrichten, also einsparen und auch die Temperaturen anpassen; die Büroflächen auf 19 Grad. Um all dies zu besprechen und zu kommunizieren, bieten sich die Krisenstäbe aus der Corona-Zeit an, die bei Phoenix Contact kurzerhand mit der neuen Aufgabe betraut wurden und sich alle 14 Tage treffen, getreu dem Motto. „Nach der Krise ist vor der Krise“. Das Wichtigste sei – neben dem Üben – die „Synchronisation mit dem Kerngeschäft und die Kommunikation über alle Hierarchien“, führte Schröder aus. Rein praktisch bedeutet das für Phoenix Contact aber auch: Für den Notfall – sollte das Gas ausfallen – wird ein „unumgänglicher“ Ölkessel angeschafft. 

 

Übung am Wochenende


Daneben solle man sich allerdings auch die Lieferketten und die gesamte Energieinfrastruktur anschauen. Schließlich nütze es nichts, wenn man selbst bestens durch die Krisen komme und Geschäftspartner in Probleme geraten. „Wir haben ein mustergültiges Gebäude, aber die gibt es nicht überall“, so Schröder. „Alle Lösungen müssten in die Unternehmensstrategie eingebunden werden“, ergänzte Schlicht. Und letztlich müsse auch die Unternehmenskultur resilienter werden. Führung und transparente Kommunikation mit allen Mitarbeitern und Partnern seien hier extrem wichtig. Nur so erreiche man Vertrauen. Einig waren sich Schröder und Schlicht – und dies war auch eine Kernerkenntnis des sommerlichen Workshops –, dass man aus den Multikrisen nicht mehr so schnell rauskommen werde. 


Um sich hiergegen zu wappnen, habe man im Phoenix Contact-Werk an einem Samstag eine großangelegte Übung veranstaltet, inklusive der IT-Leute, erklärte Schröder: „Wir haben hier wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Es ging darum, ob das Blockheizkraftwerk es schafft, das Gebäude zu versorgen, und schlichtweg die Türen aufgehen. Allein die Beleuchtung benötigt eine Grundlast von 80 Kilowatt.“ Komme es tatsächlich zu einem Stromausfall, müsse man genau über die Produkte Bescheid wissen; so produziere man bei Phoenix Contact nach Kundenwunsch.

 

Hohes Zinsniveau


Co-Moderator Peter Prischl – laut Glatte „FM-Beratungs-Urgestein“ und von Anfang an Co-Organisator des Mastertalks – betonte, wie entscheidend es sei, Führen, Kommunizieren und Üben zusammenbringen: „Und Führen kann nicht nur motivierend sein. Da muss mit allen ein intensiver Austausch bestehen, auch über die Lieferketten hinweg.“ Wie fruchtbar solch ein Austausch sein kann, verdeutlichte Schröder, der berichtete, wie oft Mitarbeiter aus allen Bereichen anriefen und praktische Vorschläge zur Energieeffizienz unterbreiteten.

Nachdem Moderator Glatte die Kernerkenntnisse zusammenfasste – „kurz- bis langfristige Maßnahmen angehen, Backups schaffen, Alternativen suchen, Lieferketten managen, alles stets hinterfragen und üben“ –, fragte er die Referenten: „Sehen wir uns im Jahr 2023 mit dem gleichen Thema wieder?“ Darauf Saam: „In einem Jahr haben wir gewisse Themen immer noch, vor allem die Preisthemen.“ Ebenso sah es Schröder, der neben den Energiepreisen auch an den Fachkräftemangel und Cybersecurity als drängende Aspekte erinnerte. Schlicht meinte: „In einem Jahr wird es einen großen Überhang an Büroflächen geben.“ Vor allem wirken sich die hohen Zinsen auf die Flächennachfrage aus. Als hätte er es gewusst: Das Zinsniveau wird Thema des nächsten Mastertalks – am 18. Oktober 2022.

 

Der Mastertalk „Krisenwinter“ ist auch als Podcast bei Inno FM abrufbar. 

 

Sustainable Leadership - Das System verdient die Lorbeeren, nicht die Person (5. Juli 2022)

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Heidelberg, 05. Juli 2022. „Sustainable“ einmal anders – und zwar nicht im ökologischen, sondern reinen Wortsinn: Digitale Transformation, Agiles Management, New Work. In allen innovativen Arbeitskonzepten werden neue Anforderungen an Führungskräfte gestellt. Sie sollen den Wandel meistern und ihre neue Rolle einnehmen. Doch was heißt eigentlich gute und vor allem nachhaltig erfolgreiche Führung im digitalen Zeitalter? Welchen Einfluss haben Prozesse und die Unternehmenskultur in der digitalen Zusammenarbeit, und können sie den Führungsaufwand maßgeblich reduzieren? Untersucht haben diese Fragen

  • Prof. Dr. Marion Peyinghaus, Geschäftsführerin Competence Center Process Management Real Estate GmbH (CCPMRE) und Professorin an der Hochschule 21, Buxtehude
  • Prof. Dr. Regina Zeitner, ebenfalls Geschäftsführerin des CCPMRE und Professorin an der HTW Berlin

 

Sie präsentierten die frischen Ergebnisse ihrer Untersuchung „Sustainable Leadership – Führung im digitalen Zeitalter“ im aktuellen Mastertalk Real Estate #22, veranstaltet von CoreNet Global und der Hochschule Fresenius und moderiert von Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig. Die Co-Moderation übernahm Pia Glatte-Bast, Kommunikationspsychologin und Trainerin.

 

Wie sind die Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Führungskräften?


Jedes Jahr analysieren Peyinghaus und Zeitner in ihrem PMRE-Monitor ein neues Thema. Ihre Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Immobilienwirtschaft hatten sie erst im November im Mastertalk #17 vorgestellt. Dieses Mal stand die nachhaltige Führung im digitalen Zeitalter im Mittelpunkt, deren Kernbotschaften Peyinghaus zunächst durchdeklinierte. Für diese Marktstudie wurden mehr als 513 Personen befragt: 154 Führungskräfte und 94 Mitarbeiter der Immobilienwirtschaft sowie 265 Studierende immobilienwirtschaftlicher Studiengänge in den deutschsprachigen Ländern.


Bis vor knapp zwei Jahrzehnten waren kernige Unternehmenslenker vom Schlage eines Jack Welchs, Ex-CEO von General Electric, die Ikonen des Unternehmertums. Welch sanierte GE und versiebenfachte den Gewinn von GE. Sein zupackender Stil wurde zum Vorbild für eine gesamte Generation von Managern und prägte das Shareholder-Value-Bild der Wirtschaft, vor allem jenes von Banken und Unternehmensberatungen. Die Namen der jeweiligen Bosse hatten eine Sogwirkung.


Völlig anders heute, wo nach Meinung der beiden Autorinnen die einzelnen Chefs, ja ganze Unternehmen in den Hintergrund rücken. Dies sehe man etwa an Facebook, das nur noch als Marke von Meta Platforms fungiert. Peyinghaus nahm damit sogleich das Fazit vorweg: „Das System verdient zukünftig Lorbeeren, nicht die Person.“ Der Einfluss einer Führungskraft sinke. Das spiegele sich auch in den Daten wider. 

 

Welche Führung ist wirklich wirksam?


Die erste Studienfrage lautete: „Welche Führung ist wirklich wirksam?“ Hier erstrecke sich von Laissez-faire über leistungsorientierte Belohnung bis zur transformalen Führung eine große Bandbreite von Theorien. „Wir wollten messen, inwiefern diese Führungsmuster auch wirklich zum Erfolg führen“, so Peyinghaus.


Ergebnis: Inspiration und Motivation führen zum Erfolg – nicht der Bonus. „Transformational führen bedeutet Führung mit Inspiration und Motivation. Transaktionale Führung bezieht sich hingegen primär auf den Austausch von Leistungen: Gehalt gegen Arbeit. In der Wirksamkeit schlägt die transformationale Führung klar den transaktionalen Ansatz. Die Erfolgsbilanz liegt bei 19 Prozent versus 1 Prozent“, heißt es in der Studie. Noch durchschlagender sieht die Wirkbilanz von „Prozessen und Kultur“ aus: Auch hier zeigt sich, dass die persönliche Bedeutung der einzelnen Führungskraft stark abgenommen hat und vielmehr von Prozessen, Kultur und der IT überflügelt wird. Dies seien die „wahren Beschleuniger des Unternehmenserfolgs“, mit einer Erfolgsbilanz von mehr als 90 Prozent. Auch zeige sich, dass „gute Prozesse und eine positive Unternehmenskultur ein gutes Licht auf die Führungskraft werfen, sie können also Führungsdefizite ausgleichen“, so Peyinghaus.

 

Wie gelingt mobiles Arbeiten?


Der zweite Untersuchungskomplex drehte sich um die Frage, wie mobiles Arbeiten gelingt. Mit Blick auf die Coronazeit und die damit von einem Tag auf den anderen veränderten Arbeitsorte meinte Peyinghaus: „Was hat dieses riesige Experiment mit uns gemacht?“ Als größte Herausforderung wurde hierbei die Begrüßung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter angesehen. Die fehlende Nähe zur Führungskraft stand auf Platz zwei der Nachteile, gefolgt von Auswirkungen auf Teamspirit und Zusammenhalt. Bei fast allen Punkten sahen die Führungskräfte dies noch etwas gravierender als die Angestellten.


Im Gegenzug sei durch mobile Arbeit die Arbeitsbelastung gestiegen. „‘Management by going around‘ funktioniert nicht mehr. Jedes Mal muss ein Termin gemacht werden“, zitierte Peyinghaus einen oft gehörten Kritikpunkt. Positiv jedoch: Die Arbeitszufriedenheit ist um 12 Prozent gewachsen. Besonders wichtig, da „Homeoffice fester Teil unserer Arbeitswelt bleibt.“ Ausgedrückt wird dieser Befund durch den Wunsch der Mitarbeiter, im Durchschnitt an 2,3 Tagen pro Woche von zuhause aus zu arbeiten. Da sich daraus zwangsläufig mehr Kommunikation im virtuellen Raum ergibt, stellt sich die Frage, wie viel Mitarbeiter man auf diese Weise führen kann? Hier wurden als ideale Teamgröße 10,3 Mitarbeiter angesehen, aus Sicht der Führungskräfte können es rechnerisch sogar 2,2 Mitarbeiter mehr sein. „Doch diese Zahlen gelten nicht für alle Geschäftsfelder“, machte Peyinghaus auf einen wichtigen Punkt aufmerksam. „Die Daten sind nur eine Orientierung. Jede Abteilung muss für sich sehen, was am besten klappt.“


Und auch beim mobilen Arbeiten ist nicht die Führung der Erfolgsfaktor, ebenso wenig die Digitalisierung (sie ist nur Bedingung). Erfolgreicher sind einmal mehr die Prozesse; wirkungsvoll ist auch die Unternehmenskultur. Auch hier spielt also das „System künftig die entscheidende Rolle“, so Peyinghaus. Genau da müsse man investieren. 

 

Die so andere Generation Z


Zum meist diskutierten Thema wurde schließlich der dritte Schwerpunkt: Was erwarten die Mitarbeiter und vor allem die Generation Z, also die zwischen 1997 und 2021 Geborenen? Vor allem mit Blick auf die jüngste Generation am Arbeitsmarkt zitierte Peyinghaus Andreas Reckwitz. „Individualität wird zu einem Asset, zu einem Vermögenswert.“ Unternehmen müssten den Mitarbeitenden diese individuellen Karrieren erlauben. Sie alle möchten heute durch das Führungsverhalten viel spezifischer berücksichtigt werden. Stärken und persönliche Bedürfnisse sollten eine größere Rolle spielen. 


Doch diesen Trend müssen die Führungskräfte erst noch verinnerlichen; vor allem in Hinblick auf die Generation Z, die ein grundsätzlich anderes Wertegerüst hat. Für sie stehen Gesundheit, Stressabbau, Sport und digitale Auszeiten ganz oben, wenn es um den Arbeitsplatz geht. Charismatisches Verhalten der Führungskraft ist weniger bis gar nicht mehr gefragt. Die Vertreter der Generation Z wollen zwar beruflich erfolgreich sein. Aber bei welchem Arbeitgeber, das ist zweitrangig. Gleichzeitig sei die Generation Z wesentlich Ich-bezogener, wenn es um die eigene Karriere geht, und in ihrem Verhalten auch „bürgerlicher“; eine Ambivalenz in Hinblick auf die ausdrücklich propagierte, gelebte und auch eingeforderte Individualität – was wiederum Unternehmen bedienen und auch aushalten müssen. Peyinghaus‘ Fazit für alle Themenkomplexe: „Wir brauchen einen neuen Maßstab für Arbeitgeber.“


Co-Moderatorin Pia Glatte-Bast zeigte sich begeistert – „ein sehr spannender Vortrag mit tollen Ergebnissen“ – und fragte, wie wichtig Kommunikation sei, wenn Systeme und Abläufe eine so große Rolle spielten? Hierzu meinte Peyinghaus: „Bei der Prozesserstellung investiert man oft viel Energie. Doch nach dem Abschluss verschwindet all dies in den Schubladen. Daher müsse man die Einhaltung von Prozessen später viel mehr einfordern.“ Die zweite Autorin der Studie, Regina Zeitner, ergänzte: „Ich kann verstehen, dass die Prozesse bislang nicht im Vordergrund standen – denn der Immobilienwirtschaft ging es sehr gut.“ Wie stark sich dieses Paradigma bei ihrer eigenen Beratungstätigkeit von CCPMRE geändert hat, berichtete wieder Peyinghaus: „Seit Beginn der Coronakrise verzeichnen wir einen Umsatzanteil von rund 70 Prozent bei ‚Prozessen‘ und etwa 30 Prozent bei ‚IT‘. Vorher war es umgekehrt.“

 

„Der neue Elon Musk ist ein Prozess.“


Ebenfalls auf die Generation Z zielte die Frage aus dem Publikum, von Prof. Eva Schwinghammer: „Wie stehen der Leistungsgedanke und der Anspruch im Einklang mit den Vorstellungen von Sustainable Management?“ Hier laufen die Erwartungen „inhaltlich völlig auseinander zu denen der bisherigen Belegschaft“, antwortete Zeitner. Unternehmen dürften dabei keine Konflikte und Disharmonien riskieren. „Führungskräfte müssen vielmehr wissen, wer was erwartet, um ein gutes Erwartungsmanagement zu betreiben.“ 


An dieser Stelle beleuchtete sie eine wichtige Erkenntnis der Studie: Ein klarer Generationsbruch zeigt sich insbesondere in den Bereichen Aufgabenerteilung und Kontrolle: Die gegenwärtigen Mitarbeiter der Immobilienwirtschaft möchten keine minutiösen Arbeitsvorgaben und schätzen Ziele mit großem Handlungsspielraum. Zu detaillierte Kontrollen sind kontraproduktiv. Die Generation Z freut sich hingegen über kleinteilige Arbeitsaufträge und fordert Kontrollen aktiv ein. „Ein Extremspagat“, kommentierte Glatte und sah auch den „Anforderungskatalog“ in Hinblick auf die fast 100 Verhaltensmuster als äußerst herausfordernd an. Hier beruhigte Peyinghaus: „Ja, Führung wird komplexer, vor allem durch die Generation Z. Durch stabile Prozesse lässt sich aber der Führungsaufwand deutlich vereinfachen.“ Dennoch sei das mittlere Management am stärksten beansprucht; erst Recht bei Hybridformaten. 


„Das Thema Führung wird vielschichtiger“ fasste Glatte den heutigen Mastertalk zusammen und fragte sogleich: „Wenn nun das System so wichtig ist und die Unternehmen selbst mit ihren CEOs in den Hintergrund rücken, wie kommt es, dass Unternehmenslenker wie der verstorbene Steve Jobs oder Elon Musk mit ihrem Charisma und ihrer Ausstrahlung so populär sind?“ Hierzu meinte Peyinghaus: „Diese Ikonen werden von der Generation Z schlichtweg anders gesehen. Sie werden sich andere Idole suchen.“ Worauf Glatte schlagfertig die womöglich weniger unterhaltsame Zukunft auf den Punkt brachte: „Der neue Elon Musk ist ein Prozess.“

 

Damit geht der Mastertalk Real Estate in eine Sommerpause und wird Ende September 2022 wieder fortgesetzt.

 

Immobilienwirtschaft 2030 | Die Meinungsmacher diskutieren "Das Lagerfeuer brennt immer noch" (31. Mai 2022)

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Heidelberg, 31. Mai 2022. Gekommen, um zu bleiben. Vor zwei Jahren als Corona-Interimslösung gestartet, um sich wenigstens virtuell weiter austauschen zu können, hat sich der monatliche Mastertalk Real Estate inzwischen zur festen Veranstaltungsgröße im Terminkalender der Branche entwickelt. Grund genug, Geburtstag zu feiern – und dies mit prominenten Branchenvertretern. Abweichend vom bewährten Zwei-Referenten-Format debattierte daher gleich ein halbes Dutzend Mitstreiter. Auch die Wahl von mehreren Themen unter dem Dach „Immobilienwirtschaft 2030 | Die Meinungsmacher diskutieren“ spiegelte den besonderen Tag wider:

  • Brick and Mortar“ – Wie digital kann die Immobilienwirtschaft überhaupt werden?
  • Lost in Transition“ – Wie viel Veränderung kann die Immobilienbranche auf einmal vertragen?
  • My home is my Castle” – Wo arbeiten wir in Zukunft?

 

Zur Beantwortung dieser und weiterer Fragen hatte Mastertalk-Erfinder und -Initiator Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, zahlreiche Gäste und Mastertalk-Co-Moderatoren der vergangenen zwei Jahre eingeladen. So diskutierten in launiger Runde:

  • Aygül Özkan, Geschäftsführerin, ZIA German Property Federation
  • Prof. Dr. Markus Thomzik, Westfälische Hochschule, Professor für FM, Digitalisierung und Facility Management (InnoFM Podcast)
  • Martina Williams, Head of Work Dynamic DACH/CEE, JLL (Mastertalk RE)
  • Sven Wingerter, Geschäftsführer, Eurocres Consulting GmbH (Mastertalk RE)
  • Peter Prischl, Geschäftsführer, Afondo (Mastertalk RE) Urgestein der FM-Beratung im DACH-Raum
  • Pia Glatte-Bast, Kommunikationstrainerin, pgb Traning (Mastertalk RE)
  • Moderation: Andy Dietrich, Geschäftsführer, Strategiekollegen (Haus-Meister Podcast)

 

Zunächst griff Moderator Andy Dietrich den Anlass des heutigen Mastertalks auf: „Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid ein Kind der Pandemie. Aber hier kam offensichtlich etwas Gutes heraus.“ Die erste Frage, „Wie digital kann die Immobilienwirtschaft überhaupt werden?“, gab er sogleich an Aygül Özkan weiter. Sie machte deutlich: „Die Branche muss digital werden. Sie kann nicht, sie muss!“ Vor allem bei den Geschäftsmodellen und Abläufen kann „Digitalisierung Schnelligkeit reinbringen.“ Tempo also in der grundsätzlichen Einführung digitaler Prozesse: „Wir müssen uns nicht mehr über das Ob unterhalten, sondern nur über die Schnelligkeit.“ Besonders beim Klimaschutz und dem Gebäudemanagement könne es rasch gehen. Doch um Daten effizient erheben, auswerten und strukturieren zu können, brauche es Standards. Hier sei wiederum die EU gefragt und die Gesamtheit der Branche, mit der man gemeinsam Lösungen finden müsse. „Besonders die etablierten Unternehmen müssen wir hier überzeugen“, betonte sie.

 

„Tolles Format, ganz cool“


Auch Prof. Markus Thomzik ließ es sich nicht nehmen, vor seiner Antwort Prof. Glatte zum Jubiläum zu beglückwünschen: „Der Mastertalk ist ein tolles Format, ganz cool!“ Und dann zum Thema: „Der Kern der Immobilienbranche – das Bauen ‚Stein auf Stein‘ – lässt sich nicht digitalisieren.“ Doch gleichzeitig gäbe es unglaublich viele Dienstleistungen, wo sich dies machen ließe: Vertrieb, 3D-Druck, Gebäudemanagement und Prozesse. Von Dietrich auf den Kostendruck im Gebäudemanagement angesprochen und ob diese Entwicklung den Bereich nicht innovativer als andere gemacht habe, sagte Thomzik: „Nein, da muss ich Dich enttäuschen. Der dynamische Rand ist sehr klein. Das Gros in Deutschland besteht eher aus Besitzstandswahrern. Die fühlen sich recht wohl.“


Peter Prischl stieß ins selbe Horn – und wurde noch deutlicher: „Das ganze Digitalisierungsgerede ist leider noch ein solches. Die Immobilienwirtschaft hinkt 30 Jahre hinterher im Vergleich zu innovationsgeleiteten Branchen.“ Er hingegen würde mit Digitalisierung da anfangen, „wo Ziegel- und Mörtel entwickelt werden.“ An der Quelle sei die einzige Chance, zu vertretbaren Kosten Daten zu erheben. Anderswo werde das nicht passieren: „Das geht nur im Vorbeigehen, an der Quelle, beim Entwickeln, wo dann auch das digitale Modell mitentwickelt wird.“ In anderen Branchen sei das selbstverständlich, nicht aber bei Immobilien.


Auch Martina Williams sah noch großen Nachholbedarf: „Es muss sich vieles ändern, damit die Daten durchgehend funktionieren und alles vernetzt ist.“ Wichtig sei, die Daten zu teilen. Aber: „Einfach wird es nicht“, unterstrich sie. Vor allem in Hinblick auf die Wettbewerbssituation. Hier würde sie sich wünschen, die Branche bewege sich „im strukturierten Ansatz.“ Glatte fasste den Programmpunkt zusammen: „Datenverfügbarkeit ist alles. Wir bei BASF tun uns selbst schwer, besonders bei Bestandsimmobilien. Durch die zunehmende Regulatorik, werden wir – also die gesamte Branche – nun aber dazu gezwungen.“

 

Die Silberrücken haben verstanden


Sogleich nahm Moderator Dietrich das zweite Themenfeld ins Visier: „Wie viel Veränderung kann die Immobilienbranche auf einmal vertragen?“ Eine Entwicklung der besonders dynamischen Art brachten hier Corona und das sogenannte Homeoffice mit sich. Die Beantwortung überließ er der, so seine Worte, „Gallionsfigur des New Work und der neuen Arbeitswelten“ – Sven Wingerter von Eurocres: „Der letzte Silberrücken hat nun verstanden, dass mobiles Arbeiten richtig funktioniert, und eben nicht nur in der Theorie“, berichtete dieser. Dabei müsse der eigentliche Nutzer das Tempo der Entwicklung vorgeben, da sich fester Arbeitsort und Arbeitszeit voneinander gelöst haben. Für die Produkte „Immobilien“ und „Büro“ habe dies natürlich Konsequenzen, machte Wingerter deutlich: „Wir haben dies einmal durchgerechnet. Selbst vor Corona wurde eine Büroimmobilie nur zu maximal 35 Prozent genutzt. Nun ist noch das Thema mobile Arbeit hinzugekommen.“ Neubau müsse daher hintenan angestellt werden. „Der Fokus liegt dann auf dem Bestand“, meinte er. Dort wiederum müsse es eine Transformation geben. 


Pia Glatte-Bast näherte sich dem Thema „Veränderungen“ aus psychologischer Sicht: „Das versetzt uns in einen Spannungszustand.“ Es entstehe eine kognitive Dissonanz, woraus sich zwei gegensätzliche Reaktionen ergeben können: „Entweder Widerstände oder ich finde einen Sinn darin und benutze es als Motor“, sagte sie. Digitale Transformation läuft reaktiv ab, ohne dass der Fokus auf dem Nutzen liege. Daher: „Die Menschen brauchen einen Sinn!“


Thomzik sah dies genauso: „Nur ein kleiner Teil geht Risiken ein. Doch in der Immobilienwirtschaft komme noch hinzu, dass kein Handlungsdruck herrsche.“ Der Erfolg sei zu groß. „Der Mensch ist einziger Ermöglicher, aber auch ‚fleischgewordene Innovationsbarriere‘“, sagte er. Auch hier sah Glatte wieder die Regulatorik als Treiber: „Sie ist zwar generell einschränkend, wirkt momentan aber als Motor.“ Das führe auch dazu, dass Banken für manche Projekte gar keine Kredite mehr vergeben.


Einen weiteren Faktor für Veränderungen machte Williams im „War for talent“ aus: „In den nächsten Jahren wird die Immobilienbranche 28 Prozent der Mitarbeiter verlieren. Wir müssen daher effizienter gemeinsam voranschreiten.“ Druck von außen helfe, aber auch fehlende Arbeitskräfte sorgen für Bewegung. Özkan erinnerte daran, dass sich in puncto Digitalisierung und Veränderungen auch bei der öffentlichen Hand mehr tun müsse, etwa bei Bauanträgen und Baugenehmigungen.

 

Wo arbeiten wir?


„Wo aber werden wir morgen arbeiten?“, läutete Dietrich die dritte Themenrunde ein. Nach Meinung von Glatte-Bast wird „die Freiheit, zu wählen, die Zukunft sein. Zwei Drittel der Angestellten wollen von woanders als dem festen Büro aus arbeiten.“ Und warum ist das so? „Das Streben nach Autonomie wird im Homeoffice befördert“, erklärte sie. Gleichzeitig aber stresst es uns, weil Beruf und Privates auf diese Weise verschwimmen. „In jedem Fall möchte keiner mehr vom guten Homeoffice ins schlechte Firmenbüro wechseln. Daher muss die Immobilienbranche ein tolles Büro anbieten – und es den Mitarbeitern überlassen, wo sie arbeiten wollen.“


Dietrich sah hierbei die generelle Forderung nach einem Recht auf Heimarbeit auch als „Elitendiskussion“ an: „Nicht jeder kann im Café oder von unterwegs aus tätig sein. Dem pflichtete Prischl bei und nannte einige Berufsgruppen: „Aufseherin im Knast oder Streetworker im sozialen Brennpunkt.“ Worauf Dietrich kommentierte: „Da solltest Du aber Deine Arbeit lieber nicht mit nach Hause nehmen.“


Dass es noch mehr Möglichkeiten als das Paar „Büro/ Zuhause“ – und entsprechende Motive dafür – gibt, darauf machte Gregory von Abendroth aufmerksam, Co-Gründer und Geschäftsführer von 1000 Satellites, einem Betreiber von Coworking-Centern: „Wir fragen unsere Kunden immer: ‚Wo arbeitet Ihr am liebsten und warum? Daheim, bei uns oder im Büro?‘ Die Antwort: ‚Bei Euch, wegen der Atmosphäre.‘“ Denn eine Immobilie liefere nicht nur eine Hülle, sondern bringe Menschen zusammen. „Daher haben wir bei uns auch einen Community-Manager.“ Diesen Gedanken unterstützten gleich zwei Mitstreiterinnen. Glatte-Bast: „Wir sind nun einmal soziale Wesen. Für einen Single im Homeoffice kommt da vieles zu kurz.“ Der Weg ins Coworkingcenter könne da die Lösung sein – genauso wie das firmeneigene Fitnessstudio, das viele internationale Konzerne zuerst wieder aufgemacht haben, um ihre Mitarbeiter zurück ins Büro zu holen, wie Williams berichtete.


Darauf Thomzik: „Es gibt viele Argumente für Heimarbeit und fürs Büro, zumal es auch auf die Art der Tätigkeit ankommt.“ Gegenwärtig sehe man dynamische, ja sogar hektische Bewegungen. Apple beispielsweise rudere mit seinem deutlichen Ruf nach einem „Zurück ins Büro“ wegen des Widerstands der Mitarbeiter wieder zurück. Prischl erinnerte daran, dass ein Fitnessstudio glücklich machen könne. Doch dürfen wir „happy nicht mit produktiv gleichsetzen. Ein Gym bedeutet nicht automatisch Effizienz.“

 

Multilokales Arbeiten ist die Antwort


Soviel gab es noch zu sagen – da durfte Moderator Dietrich ausnahmsweise etwas überziehen. Unbedingt wollte er Arbeitsweltenspezialist Wingerter noch eine abschließende Frage stellen: „Müssten Büros nicht krass an Attraktivität gewinnen, damit man dort wieder hingeht? Wie kann man Mitarbeiter locken?“ Hierzu sagte Wingerter augenzwinkernd: „Man muss nicht locken. Gewaltfreies Steuern muss im Vordergrund stehen.“ Für ihn ist das multilokales Arbeiten die Antwort. Und hiermit meint er „wirklich alle Arbeitsorte.“ Neben den bereits erwähnten heimischen und Firmenbüros sowie dem Coworkingcenter sieht er hier auch Satellitenbüros und mobile Arbeit generell als Teil der Lösung. 


Dafür müsse man die Voraussetzungen schaffen, etwa in puncto Kommunikation und Datensicherheit: „Die Welt ändert sich, das Büro steht im Wettbewerb und muss sich entwickeln.“ Daher, so sein Aufruf an FM-Manager, Investoren und Betreiber von Büroimmobilien: „Wer denkt, es geht so weiter, wird Schiffbruch erleiden. Ein Büro braucht die Funktion eines Lagerfeuers, so wird es sinnstiftend“ – und spielte damit auf das inzwischen branchenweit berühmt gewordene Lagerfeuer-Bild an, das er im allerersten Mastertalk vor zwei Jahren kurz nach dem Corona-Ausbruch geprägt hatte.


So schlossen sich der Kreis und die heutige Runde. Thomas Glatte dankte herzlich für das „Familientreffen mit einer ganzen Menge bekannter Namen. Das war schön und bereichernd.“ Sein Fazit: „Unser Mastertalk hat sich in den zwei Jahren hervorragend etabliert – und ist auch ein Lagerfeuer.“


Der Mastertalk „Immobilienwirtschaft 2030 - Die Meinungsmacher diskutieren" ist auch als Podcast bei Inno FM abrufbar.

 

Zurück aus dem Homeoffice – Worauf müssen Unternehmen achten? (26. April 2022)

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Heidelberg, 26. April 2022. „Das Büro bleibt Ankerpunkt“, lautete die Kernbotschaft des vorigen Mastertalks #19. Allerdings steht diesem Befund und dem Wunsch der Unternehmen nach Rückkehr ihrer Belegschaft in den Betrieb die Meinung eben dieser Mitarbeiter genau entgegen: Sie haben sich prächtig an die Arbeit von zuhause aus gewöhnt und wollen kaum noch zurück. Grund genug, dieses Thema beim aktuellen Mastertalk Real Estate #20: „Zurück aus dem Homeoffice – worauf müssen Unternehmen achten?“ einmal von der arbeitsrechtlichen und Betriebsratsseite anzugehen.


Bereits vor anderthalb Jahren haben wir im MasterTalk® die rechtlichen Fallstricke rund um Heimarbeit diskutiert. Wie sich die Dinge weiterentwickelt haben, sollte nun dieses Mal besprochen werden. Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig sowie Sven Wingerter, Geschäftsführer des WorkPlace-Spezialisten Eurocres und ebenfalls CNG-Vorstandsmitglied, hatten hierzu zwei Experten aus der Praxis eingeladen:

  • Saskia Steffen, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Pflüger Rechtsanwälte
  • Thomas Köhler, Betriebsratsvorsitzender Standard Life-Versicherungen

 

In ihrem einführenden Vortrag beleuchtete Saskia Steffen die vielfältigen arbeitsrechtlichen Aspekte – von denen einige noch nicht gesetzlich oder höchstrichterlich geklärt sind. Gleichwohl begrüßte sie den Fortschritt der vergangenen zwei Jahre. Am Anfang einer betrieblichen Regelung stehe zunächst die Frage: „Welche Art von Arbeit möchte das Unternehmen?“ 

Hier gebe es drei Möglichkeiten:

  • Telearbeit, ein im Alltag wenig gebräuchliches und eher veraltetes Wort, stellt den gesetzlichen Begriff für das klassische Arbeiten von zuhause aus dar – und zwar ausschließlich von zuhause. Es gibt dann im Unternehmen keinen Arbeitsplatz (mehr). Der Arbeitgeber richtet den häuslichen Arbeitsplatz ein und trägt die Kosten dafür.
  • Alternierende Telearbeit bedeutet wechselweise von zuhause und vom Arbeitsplatz in der Firma aus. Diese Form ist häufig mit dem Wunsch des Arbeitgebers verbunden, Büroräume einzusparen – hier findet Desksharing statt. Die Kostenübernahme ist dabei gesetzlich nicht geregelt.
  • Mobile Arbeit: Die Beschäftigten erbringen ihre Arbeitsleistung mittels Laptop und arbeiten an einem beliebigen Ort – sie können ihren Arbeitsort autonom bestimmen. Auch hier ist die Kostenübernahme nicht gesetzlich geklärt.

Homeoffice stellt den umgangssprachlichen Begriff dar, der für alle diese Arbeitsformen verwendet wird

 

Aus Steffens Sicht hat die Arbeit von zuhause aus Vor- und Nachteile: Anreisezeiten fallen weg oder reduzieren sich zumindest. Daraus ergeben sich eine eindeutige Effizienzverbesserung, eine zeitliche Autonomie der Beschäftigten und die Work-Life-Balance steigt. Allerdings hat die Medaille eine zweite Seite: Job und Privatleben verschwimmen, Kommunikationswege sind länger oder schwerer und das soziale Miteinander geht verloren. 


Wie sehen daher die gesetzlichen Grundlagen für die Heimarbeit aus? Bis zum 19. März 2022 galt aufgrund der Corona-Pandemie die Homeoffice-Pflicht. Seitdem gibt es keine gesetzliche Basis mehr. Das Bundesarbeitsministerium plant zwar hierfür Regelungen, doch die Inhalte sind noch offen. Findet jedoch mobile Arbeit statt, haben die Betriebsräte heute schon ein Mitbestimmungsrecht. Arbeitgeber entscheiden allerdings frei über das Ob. Deshalb werden in der Regel individualrechtliche Vereinbarungen mit den Beschäftigten oder Betriebsvereinbarungen geschlossen.


Betriebsvereinbarungen sollten besonders folgende Aspekte regeln:

  • Was genau ist gewollt? (Alternierende) Telearbeit oder mobiles Arbeiten?
  • Die prozentuale Verteilung der Arbeit im Homeoffice und im Betrieb
  • Den Teilnehmerkreis: Für welche Arbeitsbereiche eignet sich das Homeoffice und für welche nicht? Wie geht man mit Einarbeitungszeiten um? Wie beendet man das Homeoffice, wenn es sich für bestimmte Beschäftigte doch nicht eignet?
  • Arbeitszeiterfassung: Denn auch im Homeoffice gelten die gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit.
  • Räumliche und technische Voraussetzungen im Homeoffice
  • Aufwendungsersatz/ Kostentragung
  • Datenschutz
  • Arbeitsschutz und Versicherungsschutz
  • Wie wird der Arbeitsplatz im Betrieb organisiert? 

 

Einer der bedeutendsten Punkte dreht sich naturgemäß um die räumlichen und technischen Voraussetzungen im Homeoffice: Ist ein eigener Büroraum erforderlich? In jedem Fall müssen Unterlagen bei Beendigung oder Unterbrechung der Arbeit so weggeschlossen werden, dass keine Mitbewohner oder Besucher Zugriff darauf haben. Wichtig sind zudem die IT-Gegebenheiten, vor allem eine ausreichende Internetverbindung. 

Der andere entscheidende Aspekt betrifft die Kostenübernahme. Generell haben Arbeitgeber die Kosten dafür zu tragen, dass die Beschäftigten ihre Arbeitsleistung erbringen können. Dazu gehören vor allem Büromaterial, Technik und durchaus auch Büromöbel und eine Pauschale etwa für Heizung und Strom. All dies gilt gleichermaßen für Heimarbeit. Erfolgt die Beschäftigung im Homeoffice allerdings nur auf Wunsch der Beschäftigten, haben sie laut Bundesarbeitsgericht keinen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen – solange es einen Arbeitsplatz im Betrieb gibt. Allerdings gibt es zu Hybridkonzepten/ Desksharing noch keine Regelungen oder Rechtsprechung. 


Dabei geht es auch um Details: Was passiert, wenn etwa die IT zuhause ausfällt? Etwas, was schließlich selbst in der Firma passieren kann. Beim Datenschutz ist die Sache hingegen klar. Da gibt es keinen Unterschied. Er muss genauso eingehalten werden wie im Unternehmen. Das bedeutet, dass Endgeräte verschlüsselt sein müssen und man alles wegschließen muss, damit dritte keinen Zugriff haben. 


Ein klassisches juristisches Dilemma mit sich gegenüberstehenden Rechten und Verpflichtungen ist allerdings die Arbeitssicherheit. Hier müsste der Arbeitgeber eigentlich eine Arbeitsplatzbesichtigung vornehmen. Doch dem steht das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gegenüber, das Steffen als wesentlich bedeutsamer ansieht als die Pflicht des Unternehmens. Dennoch müsse dieser Aspekt in irgendeiner Form in der Betriebsvereinbarung aufgegriffen werden.

 

Neue Erkenntnisse nach zwei Jahren Corona


Die Fülle der, oft neuen, Erkenntnisse beeindruckte Moderator Glatte. Er stellte fest, wie viel sich in den vergangenen zwei Jahren getan hat. Was aber sind die Knackpunkte in der Praxis? Diese Frage gab er sogleich an Thomas Köhler weiter. Er hat als Betriebsratsvorsitzender für die Standard Life – mit Hilfe von Rechtsanwältin Steffen – eine einschlägige Betriebsvereinbarung ausgehandelt und abgeschlossen; mit elf Seiten die Umfangreichste seiner bisherigen Betriebsratskarriere. Der größte Knackpunkt aus Sicht Köhlers war die Anwesenheit der Mitarbeiter im Betrieb, also das zeitliche Verhältnis zwischen Büro und Heimarbeit. „Wir sind hier bei vier Tagen gelandet. Nicht in der Woche. Im Monat!“ Und damit die Dimension auch jedem klar werden, schob er sofort hinterher: „Am Arbeitsplatz.“ Wahrlich ein Zeitenwechsel. 


Die Betriebsvereinbarung war auch deshalb notwendig geworden, weil die Standard Life für Juni nun die Rückkehr ihrer Mitarbeiter plant – wenn es die Angestellten wollen oder mindestens für vier Tage im Monat. Co-Moderator Sven Wingerter vom Workplace-Spezialisten Eurocres fragte, ob nicht generell das Risiko bestehe, dass die gesamte Belegschaft zurückkehren müsse. Darauf Rechtsanwältin Steffen: „Durch die Pandemie mussten alle ins Homeoffice und es war auch gesetzlich so geregelt.“ Nun, nach dem Wegfall der Rechtsgrundlage komme es auf die betrieblichen Regelungen an. „Selbst bei einer Betriebsvereinbarung kann der Arbeitgeber sagen, dass er das nicht mehr anbietet. Dann allerdings braucht jeder wieder einen festen Arbeitsplatz im Büro.“


Bei Standard Life hingegen kann man es sich aussuchen, wo man arbeitet – also auch im angestammten Büro. Das allerdings wollen laut Köhler nur noch ganze fünf Prozent der Mitarbeiter. Dabei war klar, dass man heute nur über jene Arbeitsbereiche redet, bei denen das möglich ist. Die Eingangspost etwa lässt sich nun einmal nur im Unternehmen bearbeiten. Wer indes unter umgekehrten Vorzeichen in den Betrieb zurückkehren möchte, obwohl das Unternehmen Homeoffice präferiert, habe laut Steffen wiederum keinen Anspruch auf einen bestimmten, eigenen, sondern nur einen Arbeitsplatz.


Dabei seien viele rechtliche Fragen noch völlig offen: „Das Bundesarbeitsministerium hat bislang keine guten Antworten geliefert, ich bin unglücklich drüber“, sagte Steffen offenherzig. „Welche sind denn die zwei, drei wichtigsten noch ungeklärten Punkte“, stellte Glatte daraufhin seine Abschlussfrage. Laut Steffen wäre das unter anderem die Frage, ab welchem prozentualen Anteil von Heimarbeit welche Rechte und Pflichten gelten. „Das muss der Gesetzgeber unbedingt klären. Das ist mein Wunsch, beispielsweise ab 20 oder 25 Prozent.“ Allerdings befürchtet sie: „Wir werden irgendwas bekommen wie zwölf Tage Anspruch auf Homeoffice im Jahr.“ Die Hoffnung auf den Gesetzgeber hat sie offenbar verloren. „Und das sagt die Rechtsanwältin der Arbeitnehmervertretung“, wie Glatte bedeutungsvoll betonte, bevor er zum Ausklang daran erinnerte, dass mit dem heutigen 20. Mastertalk ein rundes Jubiläum erreicht worden ist. 

 

Der nächste Mastertalk findet am 31. Mai 2022 statt – und auch da gibt es Grund zum Feiern. Es ist nämlich der 2. Geburtstag der Reihe.

Das Büro bleibt Ankerpunkt - Work from Home und die Implikationen für Corporate Real Estate-Strategien (15. März 2022)

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Heidelberg, 15. März 2022. Mobiles Arbeiten bildet seit zwei Jahren den Maßstab für aktuelle Arbeitswelten. Förmlich über Nacht sind im Frühjahr 2020 ganze Belegschaft ins Homeoffice geschickt worden. Nun möchten vor allem die Unternehmen ihre Angestellten wieder im angestammten Büro sehen – zumindest für einige Tage pro Woche. Woher kommt dieser Wunsch, welche handfesten unternehmerischen und betriebswirtschaftlichen Prämissen stehen dahinter und wie können gleichzeitig die Mitarbeiter zufriedengestellt werden, von denen ein Großteil gern weiter vom heimischen Arbeitsplatz aus tätig sein möchte? Um diese Fragen drehte sich der MasterTalk Real Estate #19 „Work from Home – Implikationen für Corporate Real Estate-Strategien" am 15. März 2022, veranstaltet von CoreNet Global und der Hochschule Fresenius.


Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, hatte hierzu vier Redner aus Wissenschaft und Praxis eingeladen:

  • Prof. Dr. Andreas Pfnür, FRICS, Professor für Real Estate, TU Darmstadt
  • Björn Christmann, Geschäftsführer, Bayer Real Estate GmbH, Leverkusen
  • Meno Requardt, Sprecher der Geschäftsführung, VW Immobilien GmbH, Wolfsburg
  • Andrea Schmidt, Leiterin Mietvertragsmanagement, VW Immobilien GmbH, Wolfsburg


Zunächst stellte Professor Pfnür – laut Glatte „der Mann, der in unseren Breiten federführend für die Forschung über betriebliches Immobilienmanagement ist“ – die Thematik vor. Er präsentierte die Kernergebnisse einer großangelegten, von ihm durchgeführten Studie „Homeoffice im Interessenkonflikt“. Hierzu wurden 2.000 Teilnehmer in Deutschland und den USA in drei Befragungswellen über ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und Befindlichkeiten zum Thema befragt: vom Azubi bis zum Vorstand. Die zentrale Schlussfolgerung nahm Pfnür gleich vorweg: „Der physische Arbeitsplatz ist extrem wichtig“ – für das Individuum und dessen Zufriedenheit, aber auch für die Leistung und damit den Arbeitserfolg des Unternehmens. Weitere elementare Punkte seines Reports:

  • Die Pandemieerfahrung führt vorerst zu keinem nachhaltigen Anstieg des Work from Home-Anteils
  • Es gibt ein arbeitsbezogenes maximales Potenzial für das Homeoffice von 60 Prozent der Aufgaben.
  • 57 Prozent der Befragten würden gern von zuhause aus arbeiten, Tendenz abnehmend.
  • Homeoffice fördert den Arbeitserfolg, birgt aber auch erhebliche Risiken: Die Befragte sehen sich durchschnittlich um 11 bis 14 Prozent produktiver. Dem stehen 40 Prozent an Befragten gegenüber, die ihre Heimarbeit als unproduktiv einschätzen.

 

Heimarbeit muss organisiert werden


Dies liege unter anderem daran, dass nicht alle Beschäftigten die gleichen Voraussetzungen für Heimarbeit besitzen. Als Negativfaktoren wirken sich die Arbeit von Anfängern, ein vernetzter Job ohne Entscheidungshoheit und Teilzeit aus. Ebenso: eine urbane Umgebung, Mehrfamilienhaus, Hochhaus, wenige Zimmer, kein oder nur ein kleines eigenes Arbeitszimmer. Auch wer einsam, gelangweilt, gestresst oder viele Personen in der Wohnung hat, ist nicht prädestiniert für die Arbeit von zuhause.


Dagegen erhalten Führungsfunktionen, digital affine oder berufserfahrene Personen, jene mit Vielfalt im Job und mit Autonomie in Planung und Entscheidung einen Auftrieb. Positiv auf Heimarbeit wirkt sich auch aus, wenn man „älter, wohlhabend, verheiratet, gewissenhaft und verträglich“ oder über einen Garten, gute Nachbarschaft, angenehmes Stadtquartier oder eine attraktive Einrichtung verfügt, führte Pfnür aus.


An diesen Attributen entscheidet sich, wer zu den Gewinnern oder Verlierern gehört. Hierzu gehören „Senior Employees“ mit einer Arbeitszufriedenheit von 6,2 und einer Produktivität von 5,1 (jeweils 7 mögliche Punkte), gefolgt von Fachkräften mit Arbeitszufriedenheit von 5,6 und einer Produktivität von 4,8 sowie Führungskräften mit einer Arbeitszufriedenheit von 5,6 und einer Produktivität von 4,2. Auf den letzten beiden Plätzen rangieren hingegen die „Entscheider von morgen“ mit einer Arbeitszufriedenheit von 5 und einer Produktivität von 3,8 – die, wenig überraschend, mehr Zeit im Büro als zuhause verbringen wollen – sowie die „Unterforderten“ mit einer Arbeitszufriedenheit von 3,9 und einer Produktivität von 3,6.

 

Job, Persönlichkeit und Arbeitsort sind entscheidend


Die Erfolgsfaktoren für mobile Arbeit liegen im Job und persönlichen Bereich begründet. Entscheidend ist indes auch der Arbeitsort, zu dem nicht nur das angestammte Büro oder die eigene Wohnung gehören, sondern auch die sogenannten Dritten Orte, wie etwa Coworkingplaces oder Satellitenbüros. Kommen diese mit ins Spiel, können die Arbeitszufriedenheit, aber auch die Produktivität deutlich gesteigert werden.


Fazit Pfnür: „Man muss immer den Organisationzusammenhang im Blick haben.“ Dabei seien die Erkenntnisse nahezu „amtlich“ und messbar. Entscheider dürfen beim Thema „Homeoffice“ daher nicht mehr dem Bauchgefühl folgen. Und: „Der Arbeitserfolg hängt vom Arbeitsort ab!“ Neben den harten Daten sei jedoch ein Punkt von höchster Bedeutung – und gerade deshalb drängen auch so viele Unternehmen auf die tageweise Rückkehr ihrer Belegschaft: „Wenn Du kein Büro mehr hast, verlierst du die Kultur.“ Allein schon aus diesem Grund werden die Büroflächen ein Revival erleben und qualitativ hochwertiger werden, betonte Pfnür abschließend.


Angesichts dieser geballten Informationen konnte Moderator Glatte nur den Hut ziehen: „Das war ein dickes Brett, gepresst in 30 Folien und 25 Minuten.“ Als Mann der Praxis kam im Anschluss Meno Requardt von Volkswagen ins Spiel und berichtete von den Erfahrungen des Konzerns und des von ihm geführten Tochterunternehmens: „VW war zu Beginn der Pandemie sehr konsequent mit Heimarbeit. Nach drei bis vier Wochen waren 100 Prozent der dafür infrage kommenden Leute zuhause. Und sie sind es seitdem. Einige Leute waren seit zwei Jahren nicht im Büro.“ Alle seien überrascht gewesen, wie gut das Geschäft weiterging.


Dabei müsse man allerdings aufpassen, dass die Unternehmenskultur nicht auf der Strecke bleibe, berichtete er von VW Immobilien mit 350 Mitarbeitern: „Wir haben eine ausgeprägte Willkommenskultur für neue Angestellte. Die müssen wir in die digitale Zeit retten.“ Zum Bild gehöre auch, dass viele Leute wieder zurück ins Büro wollen, zumindest tageweise. Daher werde die Homeofficepflicht entfallen. Auch Requardt betonte, dass sich Büroflächen weiterentwickeln müssen, um einen „Mehrwert gegenüber zuhause zu bieten“. Zu diesem Zwecke hat sein Unternehmen eine Etage umgebaut, um einen „Leuchtturm zu schaffen“.

Björn Christmann, zuständig für das globale Corporate Real Estate Management bei Bayer, rekapitulierte ebenfalls, wie nahezu alle Aufgaben im Frühjahr 2020 nach einer gewissen „Einschwingphase“ von zuhause erledigt werden konnten – selbst der Konzernabschluss. Auch sein Unternehmen habe das bestehende Bürokonzept weiterentwickelt und der neuen Zeit angepasst: „Das sind künftig Begegnungsstätten.“ Dabei sei es wichtig, die notwendige Flexibilität für die Kombination zwischen mobilem Arbeiten und Arbeiten im Büro zu bieten. Diese Flexibilität spiegelt sich in der „hybriden Arbeitswelt“ wider. Aktuell hat Bayer auf globaler Ebene bereits rund 70 Büroprojekte initiiert bzw. geplant (unter anderem mit Desk-Sharing) und viele konnten bereits erfolgreich abgeschlossen werden. Wichtig für Christmann ist die richtige Balance zwischen „mobilem Arbeiten“ und „Arbeiten im Büro“ zu finden, um u.a. die Unternehmenskultur und das Zusammengehörigkeitsgefühl weiter zu stärken. Er betont: „Wir wollen kein virtuelles Unternehmen werden.“

 

Moderne Arbeitswelten als Lagerfeuer


Co-Moderator Sven Wingerter, vom Berliner Workplace-Spezialisten Eurocres gefiel der Ansatz der Vorredner, die Qualität Büros deutlich auszubauen – für ihn „wahre Lagerfeuer“, um die sich die Belegschaft sammelt und austauscht. All diese Konzepte benötigen allerdings ein Regelwerk, wie Requardt betont: „Damit stärkt man den Führungskräften den Rücken.“ Schließlich stehen angesichts unterschiedlicher Meinungen viele Konflikte an. Aus diesem Grund hat VW auch eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die „uns maximale Flexibilität ermöglicht.“ Wichtigste Bedingung: Mindestens einen Tag pro Woche muss man im Büro sein, was man aber auch auf einen Monat strecken kann. Doch am Ende bleibe das Büro der Ankerpunkt, so Requardt.


Auch Bayer hat eine Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Namen „hybride Arbeitswelt“ verabschiedet – ein Meilenstein. „Sie gibt den Rahmen vor, nun gehe es an die Ausgestaltung“, sagte Christmann. In einer großen Umfrage unter über 15.000 Kollegen in Deutschland haben diese den Wunsch geäußert, im Durchschnitt zwei bis drei Tage pro Woche ins Büro zu kommen. Letztlich müsse dies aber individuell entschieden werden, je nach Abteilung oder Team. Ohne begleitendes Changemanagement laufe dieser Prozess aber nicht.


An dieser Stelle unterstreicht Professor Pfnür: „Ein Unternehmen besteht aus Mitarbeitern, die an einem Ort tätig sind.“ Nur so lassen sich beispielsweise Innovationen vorantreiben. „Zukunftsfähige Unternehmen müssen im Büro arbeiten.“ Warum aber bevorzugen dann mehr Beschäftigte das heimische Büro als in der Firma, fragte er und antwortete sogleich: „Weil der Zustand unserer Büros bescheiden ist. Mitarbeiter hingegen wollen Qualität!“

Andrea Schmidt, ebenfalls von VW Immobilien berichtete von den Erfahrungen mit Meetings: „Die führen wir inzwischen hybrid durch. Dafür ist wiederum der Fokus auf Technik wichtig.“ Gleichzeitig brach sie eine Lanze für spontane Begegnungen: „Die Vernetzung kommt derzeit zu kurz. Bei den Teams läuft das zwar. Im Homeoffice-Zeitalter bleiben aber das zufällige Treffen mit anderen Kollegen und das informelle Fachgespräch über die Abteilungen hinweg auf der Strecke. Auch daher wünschen wir es uns, dass sie in die Büros zurückkommen.“

 

Nicht nur Homeoffice – das ganze Bild im Blick haben


Wird nun alles günstiger für die Unternehmen, wenn die Angestellten unterm Strich viel weniger Büroraum belegen? Dazu Christmann von Bayer: „Die Belegungskosten können sicherlich optimiert werden, aber die Transformation kostet Geld“. Ein Teil der notwendigen Investitionen können durch Einsparungen „refinanziert“ werden. Und was bedeutet all dies dann für die Assetklasse Büro, fragte Glatte in seiner Schlussrunde. Hierzu VW-Mann Requardt: „Die Assetklasse bleibt elementar wichtig, aber sie wandelt sich. Die geringere Fläche wird wertvoller.“ Und Christmann von Bayer: „Die Assetklasse bleibt, aber die Portfolios der Corporates werden sich ändern.“


In seinem Abschlussstatement erklärte Pfnür, dass man das Thema mobiles Arbeiten nicht zu eindimensional sehen dürfe: „Wir müssen uns das ganz große Bild anschauen. Wir erleben einen riesigen Strukturwandel durch Digitalisierung, Roboter und Künstliche Intelligenz. Die Arbeitswelten werden sich verändern, wir müssen aber alles gleichzeitig angehen. Homeoffice ist nur ein kleines Element von vielen.“

Green Building Standards – What will change after EU Taxonomy and COP26? (11. Januar 2022)

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Heidelberg, 11. Januar 2022 – Das Thema Nachhaltigkeit & Klimawandel ist auch nach der UN-Klimakonferenz in Glasgow 2021 (COP26) omnipräsent – und wird zunehmend zum wesentlichen Treiber unserer Wirtschaft und somit auch der Immobilienbranche. Nun rückt die Regulierung der EU-Taxonomy in den Fokus. Was sind die Rahmenbedingungen solcher und anderer Regel- und Zertifizierungswerke? Und wie sollte sich die Immobilienwirtschaft darauf einstellen? Diesen Fragen ging der MasterTalk Real Estate #18  „Green Building Standards – What will change after EU Taxonomy and COP26?" am 11. Januar 2022 nach, veranstaltet von CoreNet Global und der Hochschule Fresenius. Wie sehr die Debatte die Branche elektrisierte, zeigte die Rekordzahl von 100 Teilnehmern – was die Zoom-Kapazitäten ans Limit brachte. Nicht jeder Interessent konnte daher der Diskussion folgen.


Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, hatte hierzu gleich die drei Vorstände von Green Building Councils (GBC) gewonnen – mit Deutschland, Dänemark und Spanien allerdings aus unterschiedlichen Ländern. So konnten sie auch auf die nationalen Besonderheiten eingehen:

  • Dr. Christine Lemaitre, CEO Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB)
  • Mette Qvist, CEO Green Building Council Dänemark
  • Bruno Sauer, CEO Green Building Council Spanien


Hauptrednerin Dr. Christine Lemaitre gab in Ihrem Eingangsstatement einen Überblick über die Entwicklung – ausgehend vom Pariser Klimaabkommen über Glasgow bis zur EU-Taxonomy – und die Zertifizierungssystematik. Um nachhaltiges Bauen anwendbar, messbar und damit vergleichbar zu machen, hat ihre DGNB ein eigenes Zertifizierungssystem für Gebäude, Innenräume und Quartiere entwickelt – sowohl für Neubauten als auch für Bestandsprojekte. Als Planungs- und Optimierungstool soll das DGNB-System dabei helfen, die Nachhaltigkeit von Bauprojekten zu erhöhen, und dazu beitragen, eine ganzheitliche Qualität in Planung, Bau und Betrieb umzusetzen – und so die Zukunftssicherheit von Bauprojekten zu gewährleisten.


Der Zertifizierungsprozess – mit den drei wesentlichen Kriterien: Lebenszyklusbetrachtung, Ganzheitlichkeit und Performanceorientierung – dient der transparenten Qualitätskontrolle. So wird der gesamte Lebenszyklus eines Projekts mit betrachtet – in puncto Umweltauswirkung und Ressourcenverbräuche, aber auch Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten. Die zentralen Nachhaltigkeitsbereiche Ökologie, Ökonomie und Soziokulturelles fließen gleichgewichtet in die Bewertung mit ein.


Der Taxonomy-Plan, als Teil des Green Deals der EU und des EU-Aktionsplans für Nachhaltige Finanzierung, solle den Finanzsektor regulieren – ein Haupthebel bei der Steuerung von Investments: „Immobilien gehören zu den wichtigsten Zielobjekten, in die Kapital investiert wird. Der Green Deal wiederum nimmt die Immobilienwirtschaft als große Branche besonders in den Fokus. Daher müssen vor allem für Gebäude verbindliche Kriterien definiert werden.“ Umweltziele der EU-Taxonomy sind dabei in erster Linie die Verlangsamung des Klimawandels beziehungsweise eine Anpassung daran.

 

Wann ist ein Immobilieninvestment nachhaltig?


Nachhaltigkeit und der gesetzliche und politische Umgang damit erforderten eine ganzheitliche Herangehensweise. Ein Klassifizierungssystem sollte hier die Richtung vorgeben, über praktikable Tools verfügen, gleichzeitig aber flexibel sein. Daneben räumte Lemaitre auch mit Vorurteilen auf. So sei die EU-Taxonomy kein Rating von guten oder schlechten Unternehmen und gebe auch keine verpflichtenden Investmentlisten vor. Lemaitre beantwortete zudem auch die Kernfrage: „Was macht ein Immobilieninvestment bezogen auf die Taxonomy nachhaltig?“ Hierfür müsse es einen substanziellen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele leisten, während die anderen fünf Ziele nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürften. Obendrein müssen soziale Schutzmechanismen eingehalten werden.

Abschließend berichtete Lemaitre von den Ergebnissen einer Studie darüber, wie der Markt auf die Gebäudekriterien der Taxonomy vorbereitet sei. Hieran nahmen 24 Unternehmen mit 62 Projekten teil. Ein Auslöser der Erhebung war, dass am Markt große Zweifel, Nervosität aber auch Unsicherheit bestehen – ein Begriff, der sich durch die Diskussion zog. Das Resultat der Untersuchung stimmt indes positiv: Die Einhaltung der Regeln werde als durchführbar angesehen, was zum Fazit Lemaitres führte: „No more excuses, you have to start.“

 

Enttäuscht von EU-Plänen


Auf die Frage von Moderator Glatte, wie sie die EU-Taxonomy-Kriterien generell einschätze, zeigte sie sich enttäuscht. In einer ersten Reaktion hatte der DGNB von einem „unambitionierten Rückschritt“ gesprochen. Ins selbe Horn stieß Mette Qvist vom GBC Dänemark. Auch ihr gehen die Vorgaben nicht weit genug: “Der Markt will Qualität und der Markt kann liefern. Es ist schade, dass die EU das nicht berücksichtigt hat.“ Dabei gebe es eine starke Nachfrage nach nachhaltigen Gebäuden durch Investoren und öffentlicher Hand. Sie sieht die Branche in Dänemark mit ihren hohen Maßstäben und Zielen, die staatliche Regeln übertreffen, sogar als Vorreiter an.


Bruno Sauer, GBC Spanien, sieht sein Land gegenüber dem Rest Europas weniger als Pionier an. Aber auch hier herrsche eine starke Nachfrage. Zudem fungiere man als Scharnier zwischen öffentlichem Interesse und privatem Markt. Sogleich rief er die Branche auf: „Wir haben die Zahlen und Daten. Also legt los, macht Eure Hausaufgaben.“ Ihm gehe es nicht schnell genug: „Wir sehen bei unserer Arbeit jeden Tag Häuser, bei denen man es besser machen könnte. Viele scheuen immer noch vor den Kosten zurück. Stattdessen sollten sie ambitionierter sein und aus ihrer Komfortzone herauskommen!“ Co-Moderatorin Martina Williams war begeistert: “Danke für deinen Call to Action, Bruno.”


Laut Sauer haben Ratingsysteme ihre absolute Berechtigung. Sie lassen sich gut nutzen: „Doch global gesehen, sollten wir uns nicht so sehr auf einzelne Gebäude, sondern die urbane Transformation konzentrieren, auf Energieverbrauch und Transport. Über allem steht die Frage: ‚Wie kann das alles effizienter sein?‘“

 

Kaum noch neue Gebäude?


Eine große Entwicklung ist dabei, wesentlich weniger neue Gebäude zu bauen. Vielmehr sollten bestehende Objekte erhalten, umgebaut und effizienter gestaltet werden – statt diese abzureißen. Qvist berichtete hier von Architekturstudenten in Dänemark, die davon ausgehen, gar kein neues Haus mehr zu errichten. Für sie kommt der Ruf nach Veränderungen aus der Mitte der Gesellschaft, von jüngeren Angestellten, aber auch Pensionsfonds und Investoren.


Sauer allerdings empfindet die Immobilienwirtschaft als „nicht übermäßig innovativ, verglichen mit anderen Branchen wie Transport oder dem Internet der Dinge“. Worauf Lemaitre erwiderte: „Wir bauen für 50 Jahre. Vielleicht ist es ganz gut, dass bei uns nicht gleich alles direkt ausprobiert wird. Läuft eine Entwicklung schief, ist es gut, dass wir eher langsam sind.“ Und Qvist ergänzte: “Wir müssen aus verschiedenen Perspektiven auf die Dinge sehen, auch in andere Länder schauen, unser Wissen austauschen und mehr Risiken eingehen.“


Daran schloss sich Glattes finale Frage an: “Wenn wir uns die nächsten Jahre anschauen, wer ist da der Motor der Entwicklung? Sauer: „Das können Architekten sein, Investoren, auch Banker. Immer aber sind es individuelle Personen, die von der Sache überzeugt sind; keine einzelnen Berufsgruppen.“ Ähnlich denkt Qvist: “Das kommt aus allen Bereichen; von dort, wo es ambitionierte Unternehmen gibt. Vor allem aber entsteht der Druck in der allgemeinen Öffentlichkeit.” Lemaitre sieht ebenfalls nicht den einen Treiber. Trotzdem sorge besonders „das Finanzwesen für einen Push und für Transparenz.“


Moderator und Initiator Glatte freut sich über die “tolle Zusammenfassung.“ Wie auch die Rekordteilnehmerzahl zeigte, sei das ein riesiges Thema, das wir heute nicht annähernd ausfüllen konnten. Daher werde man den Faden hierzu im Laufe des Jahres wieder aufgreifen – und auch bei den Zoom-Kapazitäten aufrüsten.

Klima.Wandel.Chance - Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Immobilienwirtschaft (23. November 2021)

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Heidelberg, 23. November 2021 – Der Klimagipfel in Glasgow ist vorüber – doch das Thema hält uns weiter in Atem. Wie also kann und muss sich die Immobilienwirtschaft auf den Klimawandel einstellen? Welche Auswirkungen sind vor allem in puncto Preise und Bewertung zu erwarten? Und so drehte sich der MasterTalk Real Estate #17 am 23. November 2021 um den Titel: „Klima. Wandel. Chance: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Immobilienwirtschaft“ ?“, veranstaltet von CoreNet Global (CNG) und der Hochschule Fresenius Heidelberg.


Um der Diskussion ein solides Fundament zu geben, hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, dieses Mal zwei Diskussionsteilnehmerinnen eingeladen, die die wichtigsten Erkenntnisse ihres „PMRE Monitors 2021“ mit dem gleichnamigen Titel „Klima. Wandel. Chance.“ vorstellten: 

  • Prof. Dr. Marion Peyinghaus, Geschäftsführerin Competence Center Process Management Real Estate GmbH (CCPMRE) und Professorin an der hochschule 21, Buxtehude
  • Prof. Dr.-Ing. Regina Zeitner, ebenfalls Geschäftsführerin des CCPMRE und Professorin an der HTW Berlin

 

Aus Sicht der zwei Autorinnen „ist der Klimawandel unausweichlich: Stürme, Überschwemmungen, Hitzeinseln in den Innenstädten sind Konsequenzen, mit denen die Immobilienwirtschaft bereits heute konfrontiert wird.“ Ein durchaus düsteres Bild der Zukunft, wie beide zugeben. Doch ihre Kernbotschaft an die Immobilienwirtschaft lautet sogleich: „Investitionen in den Klimaschutz lohnen sich.“ Auch, weil ihrer Meinung nach die Folgekosten von unterlassenem Klimaschutz die vermeintlich eingesparten Mittel um ein Vielfaches übersteigen. 


Daneben erkennen beide einen Wandel in der Gesellschaft, den sie mit dem PMRE Monitor herausgearbeitet haben: Demnach entstehen neue Bedürfnisse, und Kunden erwarten klimagerechtes Wohnen und Arbeiten. Der Klimawandel solle daher nicht als Bedrohung zu verstehen sein, „sondern auch als Chance, neue Produkte zu generieren und zusätzliche Kundengruppen zu erschließen.“ Peyinghaus gibt angesichts der alarmierenden Meldungen zu: „Es hört sich skurril an, weil es bedrohlich ist. Aber im Klimawandel stecken auch Chancen. Wenn die Immobilienwirtschaft erkennt, dass sich Investitionen lohnen, wird sie es tun. So entstehen lukrative Möglichkeiten.“ 


Wie genau der Markt das sieht – Anbieter und Nachfrager –, haben sie aktuell in einer internationalen Untersuchung erhoben. Hierzu haben die beiden Studienautorinnen mehr als 200 Immobilienspezialisten befragt, darunter überwiegend Immobilienbewerter und Experten, die sich strategisch mit Immobilien beschäftigen. Daneben konnte auch die Generation Z antworten – 140 Studierende aus Deutschland und 51 aus Übersee. Eine der zentralen Fragen drehte sich um das Jahr der erwarteten Klimaneutralität in der Immobilienwirtschaft: Die Antworten ergaben das Jahr 2064, was Peyinghaus mit der Bemerkung quittierte: „Da haben wir noch viel zu tun.“ Wie man es stattdessen machen könne, da helfe ein Blick in die Niederlande. Dort sei der Schock über die möglichen Klimaschäden bereits angekommen. „Die Niederlande fühlen sich bedroht, gerade auch durch den ansteigenden Meeresspiegel, und haben diese Bedrohung in einen Geschäftszweig verwandelt, etwa mit Pump- und Sperrwerken.“ Architekten dort haben das „Leben auf dem Wasser“ zum Thema erhoben – beides lasse sich weltweit exportieren. Im Nahen Osten wiederum nutze man sehr stark Wasser als Kühlung von Gebäuden – solche positiven Vorbilder finden nun langsam auch hierzulande ihre Verbreitung.

 

Push- und Pullfaktoren


Die Niederlande zeigen also Kompetenz durch einen „Push“. In vielen Lebens- und Wirtschaftsbereichen gebe es aber auch einen Pullfaktor für die Immobilienwirtschaft: Besonders die internationalen Studierende haben in der Befragung angekündigt, dass Klimaschutz ein „Job-Auswahlkriterium“ sei. Eine ganz harte Währung für die Branche sei jedoch die Bereitschaft zur Mietpreissteigerung durch klimabedingte Baumaßnahmen. Im Mittel sind die Studienteilnehmer bereit, 5,2 Prozent mehr für die Miete auszugeben.

Wenn die Miete steigt und sogar steigen darf, gehen folglich auch die Werte „klimaresilienter Immobilien“ nach oben – sofern diese bestimmte Kriterien erfüllen. Hierzu gehört zu allererst eine gute ÖPNV-Anbindung, ein CO2-neutraler Betrieb, eine Lage im „Urban Village“ (alle wesentlichen Orte sind innerhalb von 15 Minuten erreichbar) oder eine gute Raumluftqualität. Haben die Investoren ihre Hausaufgaben gemacht und positive Klimafaktoren „eingebaut“, kann die Bewertung der Immobilien um 8,6 Prozent anziehen.

 

Licht und Schatten


Allerdings gibt es auch – vor allem wenn man den Bedrohungsszenarien folgt – die Kehrseite: den herben Wertverlust. An erster Stelle Überschwemmungen, Erdrutsche und Waldbrände, aber auch Dürren, eine mangelhafte CO2-Bilanz und Smog können den Wert von Immobilien drastisch senken. Rechnerisch um 20,5 Prozent – mehr als die Chancen durch Wertsteigerungen auf die Waage bringen, weshalb die Folie auch mit „Stranded Assets“ überschrieben war. 47 Prozent der Befragten geben an, sich wegen des Klimafaktors „Hitze“ keine Wohnung in der Innenstadt nehmen zu wollen, 48 Prozent keine vier Wände im Dachgeschoss.

Aber auch Betreiber von Büroimmobilien müssen sich auf veränderte Wünsche – kostenträchtig – einstellen: 76 Prozent wünschen sich eine Raumluftkühlung im Büro. Schließlich sinke bereits ab 26 Grad die Arbeitsproduktivität. „Bessere Luftqualität“ rangiert als Wunsch an die Arbeitgeber auf Platz zwei, gefolgt von „klimaneutralen Mobilitätsangeboten“ und „klimaneutralem Betrieb“. 74 Prozent wünschen sich eine generelle Klimakultur im Unternehmen.

Ihren Vortrag fasste Peyinghaus mit einer Aufrechnung von klimabedingten Investitionen und Erlösen zusammen: 12,7 Prozent mehr Instandhaltungskosten, 8 Prozent mehr Finanzierungskosten und 7,4 Prozent mehr IT-Kosten stehen 8,9 Prozent höhrere Gewinne bei „Verkaufspreisen durch Klimaneutralität“ oder 7,1 Prozent Mietpreissteigerungen gegenüber. 

Moderator Glatte bedankte sich für den „sehr spannenden Vortrag!“ über Chancen und Risiken des Klimawandels, konnte sich aber einen Seitenhieb auf die Generation Z nicht verkneifen: „Sie möchten im Green Urban Village wohnen und mit dem ÖPNV ins Büro kommen – das aber bitte eine Klimaanlage haben soll. Und dann fliegen sie schnell noch mal auf die Malediven, bevor diese auf Grund des Meeresanstiegs überflutet werden.“

 

„Da gehe ich als Investor doch raus aus Immobilien!“ 


In der anschließenden Diskussion und Fragerunde machte Co-Referentin Zeitner keinen Hehl aus ihrem pessimistischen Grundgefühl: „Ich bewerte vieles was aktuell in der Immobilienwirtschaft realisiert wird als deprimierend, etwa wenn ich durch Berlin fahre, und mir die Projektentwicklung in der Europacity anschaue. Erst wenn Geld mit dem Klimawandel gemacht werden kann und der Markt danach verlangt, dann wird es interessant. Ich hoffe darauf.“


Co-Moderator Peter Prischl griff die laut Glatte „Top-Erkenntnis des heutigen Mastertalks“ zu den Wertsteigerungen auf: „Gibt es denn schon erzielbare höhere Preise für Immobilien – real?“ Laut Peyinghaus fehlen noch die Daten zum direkten Zusammenhang zwischen Klima und Wertsteigerung, trotz einzelner Leuchttürme. Prischl nahm sogleich die asymmetrische Verteilung von „8,6 Prozent Chancen vs. 20,5 Risiken“ aufs Korn: „Da gehe ich doch als Investor ganz raus aus Immobilien!“ Dem entgegnete Peyinghaus, dass Deutschland ja beileibe „nicht nur aus Überschwemmungsgebieten besteht. Da gleicht sich das Risiko aus.“ Für Büros in Innenstädten sei aber das Problem der „Hitzeinseln“ relevant. Überhaupt werde „das Risiko, das auf uns zukommt, schnell allen klar werden.“ In den letzten Jahren habe man das nicht gesehen. Jetzt aber nehmen die Risiken zu – eine klare „Motivation, um etwas zu tun.“ Hier fügte Glatte hinzu: „Gerade in Asien ist es die Immobilienbranche, die das Thema antreibt. Anders hierzulande, wo die Branche hinterherhängt.“ Was brauche man also, um den Umbruch einzuleiten?


„Mehr Konsequenz“, brachte es Peyinghaus auf den Punkt, ergänzt durch Kollegin Zeitner: „Mehr Mut, mehr Leuchtturmprojekte. Und: Wir müssen es auch von uns verlangen, nicht nur von der Politik!“ Dies leitete sogleich zur Abschlussfrage von Mastertalk-Initiator Glatte über: „Wie wird die Studie in zehn Jahren ausfallen? Welche Jahreszahl komme da bei der Klimaneutralität für die Branche raus? Peyinghaus hofft auf das Jahr 2050, etwa durch „mehr Restriktionen und steigende CO2-Preise.“ Glatte schlussfolgerte: „Die Immobilienwirtschaft wird sich bewegen müssen. Aber auch wir, nicht nur die Branche. Wir müssen raus aus der Komfortzone. Man muss bereit sein, Lasten zu tragen.“


Mit diesen Worten beendete er den letzten Mastertalk in diesem Jahr, obendrein mit einer Rekordteilnahme von ca. 80 Gästen – „was zeigt, dass das Thema auf den Nägeln brennt und uns auch bei den Mastertalk-Themen in 2022 weiterbeschäftigen wird.“

„Der digitale Arbeitsplatz - Wie transparent wird die moderne Arbeitswelt?“ -  Nutzererfahrungen mit Einspareffekten beim Mastertalk Real Estate (26. Oktober 2021)

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Heidelberg, 26. Oktober 2021 – Es wird keine Zukunft der Arbeit geben, wenn unser Arbeitsumfeld nicht die technischen Voraussetzungen und praktischen digitalen Lösungen dafür bereithält. Was aber ist überhaupt ein smarter Workplace? Welche konkreten Anwendungen existieren bereits? Und wie können wir moderne Technologien nutzen, um Räume, Arbeitsprozesse und das Nutzererlebnis in Büroimmobilien zu optimieren. Diese zentralen Fragen wollte der diesmal englischsprachige MasterTalk Real Estate #16 „The digital workplace: How transparent is the modern work environment?“ am 26. Oktober 2021 beantworten, veranstaltet von CoreNet Global und der Hochschule Fresenius Heidelberg.


Um den Teilnehmern besonders praxisnahe Einsichten zu ermöglichen, hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, dieses Mal bewusst zwei Vertreter internationaler Technologieanbieter und Marktführer eingeladen:

  • Steve Morren, EMEA Channel Sales Director bei iOFFICE
  • Youri Wildeman, Head of Business Development EMEA & APAC bei VergeSense

 

Mit einem Insiderblick wollte der Mastertalk die Möglichkeiten und den Nutzen konkreter Produkte und Dienstleistungen diskutieren – und wie sie sich in das Arbeitsumfeld einbauen lassen. Mastertalk-Co-Moderatorin Martina Williams, Head of Work Dynamics DACH &CEE bei JLL, beleuchtete zunächst die Ausgangslage: Leitfäden für den digitalen Arbeitsplatz seien besonders die Organisation der Räume, das Nutzererlebnis und die Zusammenarbeit der Angestellten mit smarten Technologien – idealerweise mit nützlichen Funktionen. Aus diesem Grund wolle der Mastertalk auch auf zwei reale Systeme blicken und identifizieren, welchen Mehrwert sie schaffen können. Um indes das „neue Normal“ zu gestalten, müssten laut Williams die Arbeitgeber mehrere Faktoren erfüllen:

  • Die Präferenzen der Mitarbeiter berücksichtigen – Technologie wird ein Schlüsselfaktor für neue Arbeitsmodelle sein.
  • Umfangreiche Live-Daten einsammeln, um CRE-Strategien zu unterstützen und die neuen personenbezogenen Kennziffern zu identifizieren, die in der neuen Arbeitswelt wichtig sind.
  • Lösungen einsetzen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen und deren Arbeit von überall aus zu ermöglichen.

 

Zentrale Anwendungen seien dabei das „Planen und Ermöglichen“, etwa das Buchen, die Raumplanung oder das Messen von Arbeitsplatzkennziffern, angereichert durch Kommunikationsmittel, besonders Apps. Insgesamt gehe es dabei um das grundsätzliche Verhältnis zwischen Organisation/Unternehmen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer – eingerahmt durch die Büroimmobilie.

 

Zentral: die Nutzererfahrung


Sogleich berichtete Steve Morren von iOffice – einem Unternehmen, das erst kürzlich mit SpaceIQ fusionierte – aus der Praxis. Der Dienstleister mit mehr als 500 Mitarbeitern, über 10.000 Kunden in mehr als 85 Ländern und 185 Millionen Quadratmeter gemanagter Bürofläche bietet Softwarelösungen für das gesamte Ökosystem an: Wartung & Betrieb, Arbeitsplatzmanagement und Mitarbeitererfahrung. Das Kernprodukt: iOFFICE iXMSSoftware (IXMS: Integrated Experience Management Software) sei einfach und sofort bereitzustellen und zu integrieren. Morren stellte drei Haupteinsatzgebiete näher vor: 

  • Das Raummanagement, um die Anforderungen des Unternehmens zu erfüllen, während gleichzeitig Kosten verwaltet und kontrolliert werden. Im Mittelpunkt steht hier die Frage „Wer sitzt wo?“ Mit „Space Rights“ werden unter anderem – vor allem angesichts der Corona-Erfahrungen – die physische Distanz organisiert und die Kapazitätsplanung in Zeiten des hybriden Arbeitens gemanagt.
  • Positive Arbeitsplatzerfahrung, um Talente zu gewinnen, zu halten und zu fördern, inklusive App-Einsatz für transparente Informationen der Arbeitswelten, Reservierungen, Raumfinder und Visualisierung.
  • Datenerfassung in Echtzeit für eine datengesteuerte Entscheidungsfindung über Belegungsraten, Anzahl der Mitarbeiter, heruntergebrochen auf einzelne Raumbereiche und im Zeitverlauf.

 

Dynamische Arbeitsplätze


Im Anschluss präsentierte Youri Wildeman von der amerikanischen VergeSense – der nach eigener Aussage führenden Plattform zur Arbeitsplatzanalyse – das Produkt seines Arbeitgebers. Auch hier werden umfangreiche Echtzeitdaten zur Belegungsnutzung erhoben, die Dank Künstlicher Intelligenz tiefe Einblicke und Visualisierungen erlauben. Das Tool liefere ausgiebige Live-Berichte, denn, so Wildeman: „Dynamische Arbeitsplätze erfordern genaue und aktuelle Nutzungsdaten.“ Mit VergeSense können man das Immobilienportfolio optimieren, CRE-Kennziffern verbessern und das moderne Workplace Design organisieren. Ziel: Das ideale Raumszenario – selbstverständlich verknüpft mit den Aspekten IT-Sicherheit, Privacy und DSGVO.


Kernstück bei VergeSense: Ein Sensor an der Decke, (verdrahtet oder drahtlos), der die Räume, Personen und das Mobiliar erfasst, deren Daten live analysiert und kommuniziert. Selbst leere Schreibtische, die trotzdem von jemandem belegt werden, kann der Sensor anhand von Laptops, Taschen oder Jacken identifizieren. “Wir helfen unseren Kunden, aus statischen Arbeitsplätzen dynamische Arbeitswelt zu machen“, so das Zwischenfazit Wildemans. Die Pandemie habe gezeigt, wie gut mobiles Arbeiten funktioniere. Nun müssten die Aspekte Teamwork, Zusammenarbeit und persönlicher Austausch besonders adressiert werden. Immobilienverantwortliche können mit seinem Produkt ein Verständnis dafür gewinnen, wie man die einzelnen Plätze und Raumtypen nutzen kann – vor allem auch, um das Portfolio besser zu nutzen und anzupassen. Nötig sei hierfür die smarte Erfassung der Daten, um eine präzise Sicht auf die Belegung und Interaktion der Mitarbeiter zu erhalten.

 

Umsatzwachstum von 400 Prozent


Es bestand kein Zweifel: Die praktischen Anwendungen treffen den Nerv Corona-geprüfter und Homeoffice-erprobter Unternehmen. Und so fragte Moderator Glatte gleich nach der jüngsten Geschäftsentwicklung der beiden Protagonisten. Die gleichermaßen beeindruckende wie eindeutige Antwort Wildemans: “Von Juni 2020 bis Juni 2021 ist unser Umsatz weltweit um 400 Prozent gewachsen. Große Konzerne lieben unsere Dienstleistungen und es wird noch eine Weile so weitergehen.“ Auch Morrens Unternehmen sei „sehr beschäftigt, da die Nachfragen steigen.“


Die Frage eines Teilnehmers zielte auf die Vorgehensweise beim Einführen des Systems ab. Dazu Wildeman: „Entscheidend ist es, die gesamte Organisation und alle wichtigen Bereiche einzubinden: die IT- und Rechtsabteilungen, den Datenschutzbeauftragten und unbedingt den Betriebsrat – und zwar bevor es losgeht.“ Gerade gegenüber der Arbeitnehmervertretung würde man immer wieder betonen, dass man keine konkrete Personen tracke und alles anonym bleibe: „Unsere Technologie erfasst keine personenbezogenen Daten“, so Wildeman. 


Trotz der massiven Überzeugungsarbeit können die Systeme in den USA und Asien wesentlich leichter und schneller eingebaut werden als etwa in Skandinavien, Frankreich oder Deutschland. Hierzulande müssten mehr Fragen beantwortet werden und eine Einführung dauere deutlich länger. Morren ergänzte: „Deutschland ist einer der schwierigsten Märkte, wenn es um die Erfassung von Echtzeitdaten geht. Deswegen unterstreichen wir auch hier immer wieder: ‚Wir vermessen keine Personen, sondern Räume!“ Alles sei ohnehin DSGVO-konform und man verfahre auch nach dem Prinzip der Datenminimierung.

 

Und was lässt sich einsparen?


Wie aber sieht es mit den Einspareffekten aus – ein zentrales Anliegen beim Einsatz smarter Technologien. Morren brachte hier verschiedene Wirkungen ins Spiel. Hierzu gehöre aus Sicht eines Unternehmens auch, endlich zu wissen, was im Büro eigentlich los sei. Da gebe es nun eine viel größere Transparenz. Die betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse wiederum basierten auf einer einfachen Rechenaufgabe. So koste ein Büroarbeitsplatz im Durchschnitt 15.000 Euro pro Jahr. Die Messung via iOffice zusammen mit Sensor Technologie wie VergeSense ungefähr 150 Euro. Schnell könne man auf diese Weise enorme Einsparpotenziale identifizieren und umsetzen. Bei Wildemans VergeSense sind die Kosten sogar noch niedriger. Daneben könne man die Dienstleistungen rund um die Immobilie viel besser steuern, wenn man die Echtzeit-Belegung kennt, relevant etwa für Reinigung, Wartung, aber auch Klimaanlage und Energie. Laut Wildeman sei es realistisch, 30 Prozent mehr Mitarbeiter auf demselben Raum unterzubringen. Unterm Strich sei alles einfach aufzusetzen – zumal die drahtlosen Sensoren von VergeSense. Einmal in Gang gesetzt, würde das System drei bis fünf Jahre laufen. Bei Wildemans Arbeitgeber kalkuliere man einen Komplettpreis pro Jahr, je nach Aufwand, Größe und Konstellation der Immobilien. Ähnlich bei iOffice, wo jedoch noch eine Servicegebühr hinzukommt. 

 

Transparente neue Arbeitswelt


Den diesmal besonders produktorientierten Mastertalk beschloss Glatte mit seiner bewährten Frage: „Wo steht die Branche in zwei bis drei Jahren, was gibt es für Trends?“ Morren sagte hierzu: “Auch hier gilt: ‘Data is the new oil!’. Es wird Verfeinerungen bei der Datenauswertung der Platzbuchungen und Arbeitsaktivitäten geben, was dann den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz ermöglicht.“ Ähnlich datengetrieben äußerte sich Kollege Wildeman: Die Integration neuer Datenquellen, wie etwa Luftqualität oder Lärm, werde ausgebaut, auch von dritten Parteien. Die Branche wiederum werde sich weiter konsolidieren: „Es wird Fusionen und Akquisitionen, und manche Unternehmen werden vom Markt verschwinden.“ Bleiben aber werden die smarten Technologien, die den digitalen Arbeitsplatz für immer prägen werden.

„Die Welt wird besser werden“ - Nachhaltige Immobilienfinanzierung beim Mastertalk Real Estate (28. September 2021)

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Heidelberg, 28. September 2021 – Unter dem Schlagwort „Sustainable Finance“ bietet der Kapitalmarkt seit einigen Jahren Produkte an, die den Nachhaltigkeitskriterien genügen sollen. Diese Entwicklung hat nun auch die Immobilienwirtschaft erreicht. Was aber unterscheidet nachhaltige Finanzierung von traditionellen Finanzierungsformen? Wer fragt nachhaltige Finanzierung nach – und was bieten nachhaltige Finanzierungsformen überhaupt ihren Geldgebern? Um diese Fragen drehte sich der MasterTalk Real Estate #15 „Nachhaltige Immobilienfinanzierung – wie ‚grün‘ kann Kapital sein?“, veranstaltet von CoreNet Global und der Hochschule Fresenius.

 

Dabei hatte Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig, zusammen mit Co-Moderator Peter Prischl, Geschäftsführer afondo GmbH, drei Referenten versammelt. Vertreter der Finanzwirtschaft, der betrieblichen und institutionellen Immobilienwirtschaft präsentierten und diskutierten das „nicht triviale Thema“, so Glatte, aus unterschiedlichen Blickwinkeln:

 

·         Gerald Horvath, Managing Director UniCredit Corporate & Investment Banking, Wien

·         Sandra Dieckmann, Leiterin Unternehmensfinanzierung und Nachhaltigkeit VW Immobilien, Wolfsburg.

·         Jens Böhnlein, Global Head of Asset Management Commerz Real AG, Frankfurt

 

Als Vertreter der Banken gab Horvath in seinem Impulsvortrag einen Überblick darüber, wie einschlägige Produkte aufgelegt und strukturiert werden – und vor allem über die regulatorisch-rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese ergeben sich aus dem Pariser Abkommen, mit dem sich die EU bis 2050 für eine klimaneutrale Wirtschaft verpflichtet, und dem Green Deal der EU, der unter anderem massive Investitionen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft mobilisiert und besonders durch eine eigene „Taxonomie“  umgesetzt wird. Mit Letzterem ist keine Besteuerung gemeint, sondern eine europaweit einheitliche Definition von „nachhaltigen Investitionen“. Die Taxonomie soll die Frage beantworten, „welche Investitionen und wirtschaftlichen Tätigkeiten grün oder nachhaltig sind und einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten“ – und dies objektiv und transparent. Eines der wichtigsten Nachhaltigkeitsschlagwörter ist in diesem Zusammenhang ESG. Die Diskussion wird zeigen, dass sich nahezu alle Akteure derzeit auf das „E“ konzentrieren.

 

Umfangreiche Berichtspflichten ab 2022

 

Was aber bedeutet dieser weit gespannte Rechtsrahmen für die Unternehmen? Vor allem die Taxonomie wirke sich bereits deutlich auf Reporting, Investition und Finanzierung aus, so Horvath. Alle Finanzmarktteilnehmer und somit auch Immobilienfonds, Vermögensverwalter, institutionelle Anleger und an der Börse notierte Gesellschaften müssen ab 2022 darüber berichten, inwiefern ihre Tätigkeiten mit den Zielen der Taxonomie konform sind. Ab 2024 gelte das für sämtliche große Unternehmen. Nachfolgend sind auch KMUs an der Reihe.. Interessant im Hinblick auf den Immobiliensektor seien hierbei zwei Zahlen aus dem EU-Taxonomie-Report: 35 Prozent der Gebäude sind älter als 50 Jahre und 25 Prozent sind nicht energieeffizient – was den Druck auf entsprechende Maßnahmen erhöhe. „Immobilienunternehmen müssen daher ihre Portfolios an Taxonomie-Regularien und Berichtspflichten anpassen. Immobilienportfolios, die nicht weitestgehend den ESG-Kriterien entsprechen, werden zunehmend Einschränkungen bei der Investorensuche und/oder der Kapitalaufnahme erfahren“, unterstreicht Horvath.

 

Green Bonds und Green Loans

 

Welche nachhaltigen Finanzierungsinstrumente stehen nun zur Verfügung? zum Standard geworden sind bereits  Grüne bzw. nachhaltige Anleihen, etwa in der Form von Green Bonds, oder Kredite als Green oder ESG-linked Loan. Prominente Beispiele für Green Bonds seien die Anleihen des Wohnungskonzerns Deutsche Wohnen über eine Milliarde Euro oder der Vonovia über 600 Millionen Euro. Damit sind die beiden Großunternehmen in guter Gesellschaft: Das weltweite Volumen für ESG-Anleihen und Kredite betrug im vergangenen Jahr 732 Milliarden US-Dollar – eine Summe, die für 2021 auf eine Billion steigen soll. Eine zentrale Frage des MasterTalks war bereits im Vorfeld, wie nun die Konditionen aussehen, etwa für Anleihen. Diese unterliegen laut Horvath einem Bonus aus Sicht des Kapitalnehmers, der sich aufgrund breiter Investorenbasis und hoher Nachfrage Kapital in größerem Volumen und zu durchschnittlich geringeren Preisen beschaffen kann – während Investoren und andere Geldgeber wie Fonds, Banken und Pensionsgesellschaften in weiterer Folge auch mit einer durchschnittlich höheren Bewertung der gehandelten Anleihen rechnen können.. Kein Wunder bei der oft extrem starken Nachfrage und einem begrenzten Angebot: Oft sind die Bonds mehrfach überzeichnet. Fazit Horvath: „Der Markt ist da!“

 

„Grünes Geld für Grüne Assets“

 

Einen Einblick in die Praxis eines Immobilienunternehmens gab Sandra Dieckmann von Volkswagen Immobilien, einer Tochtergesellschaft von VW. Sie berichtete ausführlich von der Begabe zweier Green-Schuldscheindarlehen durch ihr Unternehmen – und über den Paradigmenwechsel in der Branche: „Bis vor einigen Jahren wurde der Nachhaltigkeitsfokus in der Immobilienwirtschaft nur auf den Bau, Betrieb und die Verwertung der Immobilien gelegt. Künftig übernimmt die Finanzwirtschaft eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur globalen, nachhaltigen Entwicklung.“

 

Um „weitere Finanzierungsquellen zu erschließen, aber auch die CO2-Ziele einzuhalten“, hat Volkswagen Immobilien bereits zwei Tranchen eines Green Bonds begeben: Eine Tranche über 107 Millionen Euro im Jahr 2018 mit Laufzeiten von fünf bis 15 Jahren und Zinssätzen von knapp einem Prozent bis 2,75 Prozent und eine zweite über 60 Millionen Euro im Mai 2019 zu nahezu identischen Konditionen. Damit einher gehen indes umfassende Verpflichtungen, besonders in puncto Berichtswesen und Zertifizierung. Hierfür gebe es ein „Green Bond Framework“, in dem Projekte, Mittelverwendung und der grüne „Verwendungszweck“ definiert werden. Eine ESG-Ratingagentur bescheinige als zweite Instanz ebenfalls die „Grünheit“ der Projekte, was wiederum vor Greenwashing schütze – ein genereller Vorwurf, der erst kürzlich immer lauter wurde. Ein jährliches Nachhaltigkeitsrating bilde die Basis für dieses zweite Rating. Zudem müssten die Standards der Climate Bond Initiative eingehalten werden, darunter die jährliche Veröffentlichung des Green Bonds Reports und eine jährliche Erneuerung des Berichts an die Climate Bond Initiative. Hinzutreten weitere Verpflichtungen, nämlich die Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts und die regelmäßige Überprüfung der ESG-Fokus-Themen sowie alle zwei bis drei Jahre die Überprüfung des Green Bond Frameworks.

 

An die Ausführung Dieckmanns schloss sich die Frage Glattes an, ob das Thema vor allem deshalb so stark vorangetrieben werden, weil es reguliert werde – oder gebe es auch eine Eigenmotivation? Die Antwort übernahm Jens Böhnlein von der Commerz Real AG: „Unsere intrinsische Motivation ist hoch! Wir halten uns konsequent an das Konzept der Taxonomie. Dies ist uns wichtig und Teil unseres Purpose für nachhaltige Lebenswelten. Es ist aber auch eine Reaktion auf ein schwarz-weiß-Schema. Denn wer nicht mitmacht bei ESG, ist bald nicht mehr Teil des Wirtschaftskreislaufs.“

 

Kann man Mieter ablehnen?

 

In der anschließenden Debatte wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht die Gefahr bestehe, dass man bei 15 Jahren Laufzeit „gefangen“ sei, wenn die ESG-Konzeption und -Kriterien weiterentwickelt werden? Die Diskussionsteilnehmer sahen diesen Punkt als nicht so gravierend an, zumal die EU das Thema im Blick habe. Hingegen sei es ein gewisses Problem, dass die verschiedenen Zertifizierungen und Labels nach unterschiedlichen Systematiken funktionierten und schwer vergleichbar seien. Spannend wurde es dann bei der Frage, ob man auf bestimmte Gruppen von Gewerbe- und Büromietern, die die Nachhaltigkeitskriterien womöglich torpedieren, verzichten könne. Hierzu Böhnlein: „Bislang muss der Mieter noch nicht bewertet und in die Rechnung einbezogen werden. Doch ohnehin seien der Markt und auch Fonds noch nicht so weit, Mieter abzulehnen.“ Aber es sei eine Frage der Zeit, all dies könne sich verändern.

 

Einig waren sich alle Beteiligten im kurzerhand verlängerten Mastertalk, dass das Thema Nachhaltigkeit längst den Weg vom Marketingetikett zum harten Umfeld- und Erfolgsfaktor gefunden hat. „Die Welt wird so besser werden“, fasst Horvath zum Abschluss zusammen.

 „Vollvermietung: Corona hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können“ - Büroimmobilien nach Corona – Revival oder Niedergang einer Assetklasse? (11. Juni 2021)

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Heidelberg, 11. Juni 2021 – Was bedeuten die Corona-Pandemie und der Homeoffice-Hype für die Assetklasse Büroimmobilie? Welche Standorte, Lagen und Ausstattungsmerkmal sind gefragt? Sind Büroimmobilien für Investoren überhaupt noch eine sichere Anlageform? Das waren die wichtigsten Fragen im Vorfeld des 14. MasterTalks Real Estate von CoreNet Global (CNG) und der Hochschule Fresenius Heidelberg (HSF). Zu deren Beantwortung hatten die Moderatoren Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der HSF und Sven Wingerter, Geschäftsführer der Eurocres Consulting, erneut ein „topkompetentes Panel“ zusammengebracht: Andreas Hoffmann, Head of Property Europe Cromwell European REIT; Sven Carstensen, Vorstand Bewertung / Analyse Bulwiengesa AG Berlin und Stephan Leimbach, Head of Office Leasing Germany, JLL.


Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass überall Büros leergefegt sind und Unternehmen Gedanken über die künftigen Arbeitswelten nachdenken – und damit über die Nutzung ihrer Büros. Andererseits machen Büroimmobilien einen starken Anteil im Portfolio vieler Investoren aus. In den vergangenen Mastertalks wurden vor allem Nutzeraspekte diskutiert. Heute nun ging es vorrangig um die Perspektive von Investoren, Asset Managern und Vermietern. In seinem Impulsreferat gab Sven Carstensen von Bulwiengesa zunächst einen Überblick über Daten, Zahlen und Trends. Laut dem von seinem Haus regelmäßig erstellten „Immobilienklima“ haben sich Wohnen und Logistik in den vergangenen Monaten bestens entwickelt. Handel und vor allem Hotels sind dagegen abgestürzt. Zwischen diesen beiden Extremen liegen Büroimmobilien. Beste Voraussetzungen also für einen spannenden Mastertalk.


„Vor Corona gab es wenig Leerstand, in Berlin etwa nur 1,7 Prozent. Jetzt sind es mit drei Prozent nur unwesentlich mehr. Der Markt hat sich entspannt, mehr aber auch nicht“, betonte Carstensen. Seine Kernaussage aus Anbietersicht: „Der Büromarkt hätte sich für Corona keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können als jetzt.“ Von einer gesunden Leerstandsquote von um die fünf Prozent sei man noch weit entfernt. Größere Hoffnungen auf Incentives wie mietfreie Zeiten solle sich kaum ein Mieter machen.

Dennoch sei der Büroflächenumsatz in 2020 dramatisch um ein Drittel zurückgegangen – eine Kennziffer, die zuverlässig mit der Entwicklung des BIPs korreliere. Eine der wesentlichen Fragen sei nun: Wie wirkt sich die Nutzung von Heimarbeit durch ganze Belegschaften auf die Flächennachfrage aus? Hierbei gebe es höchst widersprüchliche Signale, wie alle Diskussionsteilnehmer feststellen werden. Zum einen sei die Arbeit von zuhause aus für die Unternehmen nicht unbedingt billiger, da sie in einen modernen Arbeitsplatz, Geräte und Ausstattung investieren müssen. Daneben werde sich mutmaßlich die Fläche pro Mitarbeiter in den Büros erhöhen – sei es aus Virenschutzgründen oder weil die Flächen andere Funktionen für die „Lagerfeuer-Kommunikation“ erhalten. Gleichzeitig rücke immer mehr der sogenannte dritte Ort in den Fokus, also die zusätzliche Nutzung von Coworking-Centern oder Satellitenbüros.


Carstensen spielte mehrere Szenarien durch: Im Fall einer angenommenen Heimarbeitsquote von 25 Prozent und einem halben Quadratmeter mehr pro Bürobeschäftigten könnte es im Jahr 2025 zu einer Leerstandsrate von bis zu acht Prozent kommen. Immer noch wenig und nahe dran an der Unterkante eines gesunden Markts. Doch Carstensen blieb skeptisch ob einer verstärkten Arbeit von zuhause: „Nicht jeder kann Homeoffice, oft ist der Platz viel zu klein. Und etwa in München wird sich niemand extra nur für diesen Zweck eine größere Wohnung anmieten.“ Zudem berichtete er von Untersuchungen, denen zufolge Angestellte weniger produktiv seien, wenn sie von zuhause aus arbeiten.


Wie aber sieht es mit den Renditen aus, das wesentliche Ziel von Investoren. Trotz eines Vermietermarktes gebe es beispielsweise in Berlin sogar Minusrenditen, auch wenn diese nicht die Regel seien. Der Durchschnitt dort liege gerade bei 2,6 Prozent, in Städten wie Hamburg und Köln sei es mit 3 und 3,5 Prozent besser. Größere Chancen hingegen gebe es in Mittel- und Kleinstädten: Dort könnten Investoren mit Durchschnittsrenditen von um die vier Prozent rechnen. Eine andere Unbekannte in dieser Rechnung sei indes der Neubau. Hier haben manche Investoren ihre Vorhaben mitten in der Pandemie noch rechtzeitig abgesagt. Nun wiederum würden extrem gestiegene Materialkosten – im Hochbau von 25 Prozent – neue Projekte deutlich verteuern. Wenig überraschend daher die Kernaussage Carstensens am Ende seiner Einstiegsrede: „Die Projektentwicklung geht eher zurück.“

 

„Spannender Aufschlag“, so Moderator Glatte

JLL-Vertreter Stephan Leimbach machte auf den großen Unterschied zu den vorangegangenen Dotcom- und Finanzkrisen in den Jahren 2000 und 2008 aufmerksam: „Heute haben wir nahezu Vollvermietung. Augenhöhe zwischen Vermieter und Mieter erreichen wir aber erst bei einer Leerstandsquote um 5 Prozent. Angesichts der zurückgefahrenen Neuprojekte und der mutmaßlichen Flächenausweitung pro Mitarbeiter sind das womöglich keine guten Nachrichten für Mieter.“


Glatte richtet die nächste Frage an den dritten Diskussionsteilnehmer Andreas Hoffmann von Cromwell European REIT: „Lohnt es sich für einen Investor noch, heute in deutsche Büroimmobilien reinzugehen?“ Antwort Hoffmann: „Man muss Büroimmobilien mit anderen Assetklassen vergleichen. Große, institutionelle Investoren habe da wenig Auswahl.“ Bezogen auf das Risiko habe Real Estate immer schon eine gute Rendite gehabt. Außerdem sei der Anlagedruck nach wie vor hoch. „An Büros als größtem Immobiliensegment kommt man also nicht vorbei!“, so sein Zwischenfazit. All dies hänge natürlich Objekt und dessen Eigenschaften ab, allem voran der Lage. Im Zentrum werden attraktive Büros weiterhin stark nachgefragt, eher nicht am Stadtrand mit oft mittelmäßiger Qualität, die stärker von den Coronafolgen betroffen sein dürften. Insgesamt sieht Hoffmann große Perspektiven für Immobilien als Assetklasse. Einig war man sich: Neue Projekte dürfen keine Monokulturen sein, müssen eine hohe Aufenthaltsqualität besitzen, auf die veränderten Bedürfnisse der Mitarbeiter und Nachhaltigkeit eingehen. Das gelte vor allem für dezentrale Lagen, die obendrein eine gute ÖPNV-Anbindung benötigen, um erfolgreich zu sein.

 

Einfluss von Heimarbeit völlig offen

Auch Leimbach von JLL sieht es nicht als ausgemacht an, dass Heimarbeit zu einem großen Flächenverlust führen werde. Die entsprechenden Aussagen von Versicherungen oder Automobilfirmen etwa liegen eher an grundsätzlichen Einsparungen und Veränderungen beim Geschäftsmodell. Wachstums- und andere Branchen würden einen etwaigen Einbruch sofort ausgleichen. Ein Programmierer könne zwar überall auf der Welt sitzen. Aber für klassische Bürobeschäftigte sei das gemeinsame Büro vor allem für die Firmenkultur immer noch zentral, besonders bei Großunternehmen. Trotzdem werde man alle Ausprägungen je nach Organisation erleben: mehr, weniger und gleichbleibender Bedarf. Gleichzeitig könne es in ausgewählten und stark nachgefragten Städten zu Verschiebungen in den Lagen kommen, wie etwa mit dem aufstrebenden Standort München-Riem und mit dem Werksviertel in der Landeshauptstadt Bayerns.

Angesichts der Marktumstände erwarten Hoffmans Investoren nach wie vor sieben Prozent Rendite. Doch kaufen wird er erst wieder im Jahr 2022. „Bis dahin dürften die Preise noch sinken.“ Aus Sicht Bulwiengesas sei der Anbietermarkt allerdings keineswegs ein Selbstläufer: „Projektentwickler, die jetzt nach Deutschland kommen, sollten es sich überlegen“, so Carstensen. Diese beiden Ausblicke führte sogleich zur Abschlussfrage Glattes: „Wo stehen wir in 2026, also in fünf Jahren? Ich habe hierzu seit einem Jahr eine Wette laufen!“


„Es wird einen leichten Mietanstieg von vier bis fünf Prozent geben, der Leerstand wird ebenso viel betragen“, so Analyst Carstensen. Hoffmann sagt ebenfalls einen etwas höheren Leerstand voraus, besonders in dezentralen Lagen. Mittelfristig gibt er jedoch eine optimistische Prognose ab. Laut JLL-Mann Leimbach werde man einen geteilten Markt erleben: „In Toplagen werden Mieten steigen, andere entwickeln sich eher seitwärts. Aber es gibt kaum Leerstand. Denn Neubau ist teuer.“ Dies gelte indes nur für die nächsten zwei bis drei Jahre. 2026 sei für verlässliche Aussagen ein noch zu weit entfernt Zeitpunkt. 


Dagegen schätzte Co-Moderator Sven Wingerter von Eurocres die Lage völlig anders ein: „Für das Gros der „Durchschnitts-Büros“ sehe ich wenig Hoffnung. Es wird für diese Büros ein Flächensterben geben. Nicht das Homeoffice sondern die Digitalisierung wird für soviel Effizienz und mobile Arbeit sorgen, dass sich alle warm anziehen müssen, die sich beruflich mit Büros beschäftigen. Die Arbeitswelt braucht ein Lagerfeuerbüro und viele zusätzliche Orte zwischen denen die Mitarbeiter wählen können – eben ein multilokales WorkPlace Modell, hocheffizient und digital vernetzt “ Ins selbe Horn stieß Thomas Glatte: „Ich habe eine Wette mit Kollegen im Research laufen. Der Büroflächenbedarf könnte sich aus meiner Sicht um über 20 Prozent reduzieren. Das schließe ich aus Gesprächen mit CREM-Vertretern.“ Doch abschließend habe er noch eine gute Nachricht für Vermieter: „Ich habe erst einmal in meinem Leben eine Wette gewonnen, und das ist schon lange her.“

 „Corona hat uns brutal aus der Komfortzone geholt“ - Mitarbeitergesundheit in multi-lokalen, Post-Corona Arbeitsstrukturen“ (31. Mai 2021)

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Heidelberg, 31. Mai 2021 – Im dreizehnten „Mastertalk Real Estate“, der von CoreNet Global (CNG) zusammen mit der Hochschule Fresenius Heidelberg (HSF) veranstaltet, wurde, stand das Thema „Mitarbeitergesundheit in multi-lokalen, Post-Corona Arbeitsstrukturen“ im Mittelpunkt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der HSF und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- und Weiterbildung zuständig.

 

Seit mehr als einem Jahr hat uns Corona fest im Griff. Und genauso lange sprechen wir über die Folgen und Veränderungen für die Arbeitswelt. Heimarbeit bringt viele Vorteile – doch gilt dies auch fürs körperliche Wohlergehen? 

 

„Corona hat für einen epochalen Paradigmenwechsel bei Bürogebäuden gesorgt – und uns brutal aus der Komfortzone geholt“, so Jenö Kleemann, Managing Partner von Eurocres Consulting GmbH, gleich zum Auftakt seines Impulsreferats. Denn während Gesundheitsaspekte in Büros eine immer wichtigere Rolle gespielt hatten, finden sich nun die Mitarbeiter am heimischen Arbeitsplatz wieder, der nur selten modernen Ansprüchen gerecht wird. „Heimarbeit hat viele Vor- und Nachteile, ein Manko ist jedoch der Rückschritt bei Gesundheit, Sitzhaltung und mangelnder Bewegung.“ Initiativen und Aufklärungsarbeit müssen genau dort ansetzen.

 

Eine weitere Neuerung ist die künftige Aufteilung der Arbeitsorte. Kleemann hierzu: „Durch unsere Aufträge und Projekte wissen wir stets, wie Unternehmen arbeiten, wie die realen Aktivitäten aussehen – und was sich Mitarbeiter wie Organisationen wünschen: Alles scheint auf je zwei bis drei Tagen im Büro und unterwegs/ zuhause hinauszulaufen. Mehr noch: Die Tätigkeiten werden ‚multilokal‘ stattfinden und etwa auch Satellitenbüros einschließen.“ Doch egal, wo man arbeite, die Arbeitswelt müsse gesundheitsfördernd sein. 

 

Sitzen – das heimliche Seminarmotto

 

Dr. Birgit Sperlich vom Institut für Sportwissenschaften der Universität Würzburg bestätigte die Erkenntnisse Kleemanns in ihrem Beitrag zur „Bewegung und sedentärem Verhalten an unterschiedlichen Arbeitsplätzen“. Der Begriff „sedentär“ umfasst dabei jegliches Verhalten in Sitz-, Liegesitz- oder Liegepositionen. Sie berichtete, dass vor der Pandemie Studien zeigten, dass drei Viertel der Arbeitszeit in Büros im Sitzen verbracht wird. Zuhause könnten die Zahlen noch kläglicher aussehen, wie aktuelle Daten aus Tokio belegen: „Je mehr Homeoffice, desto mehr sitzen die Leute und umso weniger bewegen sie sich und sind aktiv. Schlimmer noch: Auch die Sitzdauer am Stück hat zugenommen.“ Neben möglichen Chancen des Home-Offices ist ein weiterer Nachteil von Heimarbeit: „Da die Mitarbeiter nicht mehr pendeln, fehle jenen, die das Fahrrad ins Büro genommen haben oder gar gelaufen sind, ein Teil ihrer automatischen Bewegung. Einer Meta-Analyse zur Folge kann aktives pendeln das Risiko für eine frühzeitige Sterblichkeit um 9 Prozent senken“, so Sperlich.

 

Caro Windlin, Co-Founder des Coworkinganbieters 1000 Satellites und Psychologin, brachte „Coworkingspaces als dritte Säule des Real Estate Managements“ ins Spiel – neben Büro und Heimarbeitsplatz: „Wir haben bei uns viele Homeoffice-Flüchtlinge, die zuhause den Austausch vermissen und bei uns wiederfinden.“ Sie empfiehlt als Dreingabe zum neuen Mix ein bis zwei Tage pro Woche den Gang ins Coworking-Center.

 

In seiner Fragerunde wies Prof. Glatte stets auf das inoffizielle Seminarmotto hin: „Sitzen ist das Thema“. Dr. Sperlich erläuterte, wie wichtig ein fester Zyklus am Schreibtisch sei: „Sitzen, stehen, bewegen – das sollte im ständigen Wechsel erfolgen. Und alle 30 Minuten aufstehen!“ „Wo stehen wir in zehn Jahren?“, fragte Prof. Glatte zum Abschluss. Kleemanns Antwort war eindeutig: „Wir werden uns mehr bewegen und weniger sitzen.“ Windlin sah es ebenso. Dr. Sperlich teilte den Optimismus nur in Teilen. Für sie müsse ein starker Lern- und Veränderungsprozess bei allen einsetzen, dass Bewegung zum Schlüssel zur Gesundheit gehört, damit sich auf diesem Gebiet was verbessert.

 

Das passte zum Fazit Jenö Kleemanns: „Alle, die sich mit dem Thema befassen, erleben gerade eine historische Chance. Die Mitarbeiter selbst machen sich über gesundheitsfördernde Arbeitsumgebungen Gedanken, über deren Gestaltung und auch Activity Based Working. Diesen Faden müssen wir aufgreifen und auch immer wieder darauf hinweisen, dass viele Lösungen auf einfachen Grundregeln basieren – etwa die automatischen Anregungen durch Mikroimpulse.“

„Mastertalks“ für Studierende und Professionals im Jahr 2020 mit neun Webinaren und rund 600 Teilnehmern (18. Dezember 2020)

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„Mastertalk Real Estate“ startet in 2021 am 12. Januar mit internationaler Diskussionsrunde zu Auswirkungen des Brexit 

 

Heidelberg, 18. Dezember 2020 – CoreNet Global (CNG), die weltweit führende Vereinigung von Corporate Real Estate (CRE) Managern, hat dieses Jahr gemeinsam mit der Hochschule Fresenius Heidelberg (HSF HD) ein neues digitales Format zur Fortbildung etabliert. Die Webinar-Reihe „Mastertalk Real Estate“ startete im Mai auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle als ad hoc-Maßnahme für CNG-Mitglieder und Studierende der Immobilienwirtschaft.

 

Prof. Dr. Burkhard Schmidt, Präsident der HSF HD: „Die ´Mastertalks´ sind ein wichtiges und modernes Zusatzangebot der Hochschule Fresenius Heidelberg, nicht nur in Zeiten der virtuellen Lehre, das von den Studierenden sehr geschätzt wird.“ Mittlerweile sind auch andere Hochschulen und Universitäten eingebunden. So fand Anfang Dezember der „Mastertalk Real Estate“ gemeinsam mit dem so genannten IREMtalk der Universtät Stuttgart statt.

 

Insgesamt wurden neun Veranstaltungen in diesem Jahr durchgeführt, während der ersten Corona-Welle alle zwei Wochen, seit September monatlich als fester Bestandteil des CNG-Veranstaltungsprogramms. Insgesamt gab es rund 600 registrierte Teilnehmer, etwa ein Drittel Studierende, zwei Drittel Real Estate Professionals. Jöri Engel, Präsident von CNG in Central Europe: „Wir haben ein erfolgreiches Online-Format entwickelt, das von der CREM-Branche sehr gut angenommen wurde und daher als fester Bestandteil unseres CNG-Programmes auch über 2020 hinaus fortgeführt wird.“

 

Fokusthema in diesem Jahr waren die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Immobilienwirtschaft, die Arbeitswelten und die internationalen Immobilienmärkte. Die Talk-Titel waren u.a.: Ist Home das bessere Office? Corporates nach Covid-19, Corona als Innovationstreiber sowie Märkte in Aufruhr oder Business as usual. Referate und virtuelle Podiumsdiskussionen waren hochkarätig und zum Teil auch international besetzt. Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der HSF und als CNG-Vorstandsmitglied für Aus- und Weiterbildung zuständig: „Wir sind sehr dankbar für die professionelle Unterstützung von CNG und HSF. 2021 wird der Fokus stärker auf Innovationen, Marktveränderungen sowie die Transformation der Immobilienwirtschaft gesetzt.“

 

Die nächste „Mastertalk“-Serie wird im nächsten Jahr am 12. Januar mit einer internationalen Diskussionsrunde zu den Auswirkungen des Brexit auf den britischen und europäischen Immobilienmarkt starten.

Corona als Innovationstreiber – Zeitgemäßer Immobilien-Betrieb im „neuen Alltag“ mit der Pandemie (29. Juni 2020)

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Heidelberg, 29. Juni 2020 – CoreNet Global (CNG) bietet seit Ende April zusammen mit der Hochschule Fresenius allen Interessierten kostenfreie Webinare zu aktuellen Themen an. Vor der Sommerpause geht es beim fünften „Mastertalk Real Estate“ am 30. Juni von 17 bis 18 Uhr um „Corona als Innovationstreiber – Zeitgemäßer Immobilien-Betrieb im ´neuen Alltag´ mit der Pandemie“

 

Prof. Dr. Thomas Glatte, als CoreNet Global (CNG)-Vorstandsmitglied für Aus- & Weiterbildung zuständig: „Wir freuen uns sehr, dass unser digitales Veranstaltungsformat von Fachkollegen und Studierenden so gut angenommen wird, und wir eine konstante Teilnahme verzeichnen.“ Prof. Dr. Burkhard Schmidt, Präsident der Hochschule Fresenius Heidelberg, ergänzt: „Nach dem 30. Juni gehen wir in die Sommerpause, führen aber den ´Mastertalk´ ab September fort. Das digitale Format ist in der Immobilienwirtschaft angekommen.“

 

Im kommenden „Mastertalk“ geht es um das Stichwort Hygiene im Einzelhandel, das plötzlich vom „nice to have“ zum „must have“ in der Immobilienwirtschaft wird. Nach langer Schließung der Geschäfte steht das Facility Management vor der Herausforderung, den Kunden die sichere Rückkehr in die Geschäfte zu ermöglichen. Wie ist das möglich? Im Idealfall ist man der Corona-Krise bereits einen Schritt voraus und setzt nicht erst jetzt auf das Thema Hygiene. Die ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG erprobt bereits seit 2017 gemeinsam mit dem Kölner Start-Up UVIS UV-Innovative Solutions GmbH den Einsatz von UVC-Desinfektionsmodulen an Rolltreppen in Shoppingcentern.

Im „Mastertalk“ zeigen Christian Schlicht, ECE Projektmanagement und Tanja Zirnstein, UVIS UV-Innovative Solutions, wie sie gemeinsam von innovativen Produkten profitieren und gestärkt aus der Krise hervorgehen. Der produktive Umgang mit der Krise wird im Fokus des Talks stehen. Hygiene ist dabei nicht nur als imagebildendes Tool einsetzbar, sondern stellt einen unverzichtbaren Bestandteil eines jeden verantwortungsvollen und nachhaltigen Gebäudekonzeptes dar.

Jöri Engel, Präsident von CoreNet Global (CNG) in Central Europe: „Mit allen unseren ´Mastertalks´ haben wir gesehen, dass wir thematisch den Nerv der Zeit getroffen haben. Das haben uns die durchweg sehr positiven Reaktionen gezeigt. Um das Corporate Real Estate Management weiter voranzubringen, werden wir deswegen auch zukünftig auf das Online-Format setzen.“ 

CoreNet Global (CNG) und Hochschule Fresenius Heidelberg (HSF) bieten neues digitales Format zur Fortbildung (29. April 2020)

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Heidelberg, 29. April 2020 – CoreNet Global (CNG), die weltweit führende Vereinigung von Corporate Real Estate (CRE) Managern, bietet gemeinsam mit der Hochschule Fresenius Heidelberg allen Interessierten ein neues digitales Format zur Fortbildung an, welches auch über die Corona-Zeit hinaus fortgeführt werden soll. 

 

Die Webinar-Reihe „Mastertalk Real Estate“ startet am 5. Mai und findet dann folgend alle zwei Wochen jeweils dienstags um 17 Uhr statt. Am 5. Mai wird das Sven Wingerter, Geschäftsführer der Eurocres Consulting GmbH zum Thema „Büros brauchen ein Lagerfeuer! Warum Corona den Büromarkt massiv verändern wird“ referieren.

 

Jöri Engel, Präsident von CoreNet Global (CNG) in Central Europe: „Die Aus- und Weiterbildung zu fördern war und ist besonders auch in Corona-Zeiten eine der zentralen Aufgaben von CoreNet Global. Deswegen bieten wir unsere Webinar-Reihe auch kostenfrei und für alle frei zugänglich an.“ „Wir legen sehr viel Wert auf eine wirtschaftsnahe und praxisrelevante Ausbildung an unserer Hochschule. Das neue digitale Format ergänzt dabei unsere Lehre hervorragend“, ergänzt Prof. Dr. Burkhard Schmidt, Präsident der Hochschule Fresenius Heidelberg. 

 

Prof. Dr. Thomas Glatte, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Fresenius Heidelberg und als CNG-Vorstand für die Veranstaltung zuständig, pflichtet dem bei: „Wir alle sind durch COVID-19 endgültig in der digitalen Welt angekommen. Trotz der funktionierenden Tools kommen der fachliche Austausch und insbesondere die Inspiration zu kurz. Wir möchten mit unserer neuen Webinar-Reihe auch langfristig unseren kleinen Beitrag leisten, dass Immobilienprofis und Studenten einen einfachen und ungezwungenen Zugang zu Innovationen erhalten.“

 

Alle Veranstaltungen erfordern lediglich eine vorherige Registrierung über einen Link, der Online verfügbar ist. Wer nicht Mitglied bei CoreNet Global ist, kann sich über den Guest Account registrieren. Gern kann die Einladung mit weiteren Interessierten geteilt werden. Es gibt keine Teilnahmebeschränkungen. 

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